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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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248 Weltanschauung und Weltbegriff<br />

Weltbegriffe nebene<strong>in</strong>ander stehen, ohne daß <strong>die</strong> Frage nach<br />

der ursprünglichen E<strong>in</strong>heit beider gestellt wäre. Im Anschluß<br />

an <strong>die</strong> historische Orientierung wollen wir dann versuchen, positiv<br />

<strong>die</strong> Grundstruktur der Welt zu entwickeln.<br />

§ 34. Kants Weltbegriff<br />

S<strong>in</strong>n und Gehalt des Weltbegriffes <strong>in</strong> der Schulmetaphysik ist<br />

aus der Stellung der »Weltlehre« (Kosmologie) im Rahmen der<br />

Diszipl<strong>in</strong>en der traditionellen Metaphysik abzulesen. Zur<br />

Kennzeichnung des Problems der Weltlehre ist also weiter auszuholen:<br />

Problem der Metaphysik überhaupt. Innerhalb <strong>die</strong>ser<br />

Metaphysik bewegt sich zunächst und langeh<strong>in</strong> das <strong>Philosophie</strong>ren<br />

Kants, und zwar mit <strong>in</strong> der Absicht (vgl. Brief an Johann<br />

He<strong>in</strong>rich Lambert vom 2.9.1770 1 ), <strong>in</strong> <strong>die</strong>se metaphysischen Erkenntnisse,<br />

vor allem <strong>in</strong> <strong>die</strong> höchsten und wesentlichsten,<br />

Sicherheit und E<strong>in</strong>mütigkeit der Zustimmung zu br<strong>in</strong>gen. Vergleiche<br />

<strong>die</strong> Titel der vorkritischen Schriften: _<br />

»Pr<strong>in</strong>cipiorum primorum cognitionis metaphysicae nova dilucidatio.«<br />

1755 (Habilitationsschrift)<br />

»Der e<strong>in</strong>zig mögliche Beweisgrund zu e<strong>in</strong>er Demonstration<br />

des Dase<strong>in</strong>s Gottes.« 1765<br />

»Versuch, den Begriff der negativen Größen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Weltweisheit<br />

e<strong>in</strong>zuführen.« 1765<br />

»Untersuchung über <strong>die</strong> Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen<br />

Theologie und der Moral.« 1764<br />

Aber gerade bei <strong>die</strong>sen Bemühungen um <strong>die</strong> Metaphysik<br />

wird ihm <strong>die</strong>se mehr und mehr fragwürdig, d. h. Kant erklärt<br />

<strong>die</strong> Metaphysik nicht e<strong>in</strong>fach für unmöglich, er verhält sich<br />

nicht als Skeptiker zu ihr, sondern er fragt nach ihrem Wesen.<br />

Die konkrete Frage nach dem Wesen der Metaphysik stellen,<br />

t Immanuel Kants Werke, hrsg. von Ernst Cassirer. Band IX, Erster Teil:<br />

Briefe von und an Kant 1749-1789. B€H<strong>in</strong> 1918, S. 73 ff.<br />

§ 34. Kants Weltbegriff 249<br />

heißt 'aber, zunächst <strong>in</strong>s Klare kommen über den Charakter<br />

dessen, was sich zu se<strong>in</strong>er Zeit als Metaphysik anbietet und <strong>in</strong><br />

Herrschaft ist.<br />

Den Rahmenbau der traditionellen Metaphysik haben wir<br />

bereits gekennzeichnet, auch schon ihr Verfahren, z.B. bei Crusius,<br />

gesehen. Doch muß über den Charakter <strong>die</strong>ser Metaphysik<br />

zuvor noch etwas Wesentliches gesagt werden. Die Idee derselben<br />

ist bestimmt durch <strong>die</strong> antike <strong>Philosophie</strong>, vor allem durch<br />

Platdn und Aristoteles. Wir können sagen: Metaphysik ist Erkenntnis<br />

des Seienden als solchen (öv TI ov) im Ganzen (x.m'toAou).<br />

Auf Grund der E<strong>in</strong>sichten, <strong>die</strong> wir auf unserem ersten Weg<br />

gewannen, können wir <strong>die</strong>se traditionelle Idee der Metaphysik<br />

noch verdeutlichen. Erkenntnis von Seiendem, und zwar theoretische<br />

Erkenntnis von Seiendem, das ist Wissenschaft. Aristoteles<br />

nennt sie daher auch bttm;~!L1'J. Aber sie ist Wissenschaft<br />

vom Seienden als solchen im Ganzen, allgeme<strong>in</strong>e Wissenschaft<br />

von Seiendem. Nun haben wir schon gesehen - aus dem Wesen<br />

der Wissenschaft -, daß e<strong>in</strong>e solche allgeme<strong>in</strong>e Wissenschaft<br />

widers<strong>in</strong>nig, <strong>in</strong> sich unmöglich ist. Aber daraus folgt nicht, daß<br />

<strong>die</strong> Metaphysik unmöglich ist, sondern daß ihr Begriff e<strong>in</strong> Problem<br />

ist, daß eben gefragt werden muß, was <strong>die</strong>se Erkenntnis<br />

des Seienden als solchen im Ganzen besage, welche Problematik<br />

hieI'vorliege, wie sie überhaupt möglich und als solche notwendig<br />

'rst. So weit hat Kant freilich das Problem der Metaphysik<br />

nicht getrieben, wohl aber entscheidend dafür vorgearbeitet.<br />

K'ant nimmt <strong>die</strong> überlieferte Idee der Metaphysik vielmehr<br />

zunächst zustimmend auf und fragt nur ausdrücklich nach ihrem<br />

Wesen, d.h. ihrer <strong>in</strong>neren Möglichkeit. Metaphysica specialis<br />

ist <strong>die</strong> eigentliche Metaphysik, <strong>die</strong> Metaphysik im Endzweck;<br />

ihr vorgeordnet ist <strong>die</strong> Ontologie als Vorhof, Propädeutik.<br />

Er muß demnach zunächst fragen nach dem Wesen, der <strong>in</strong>neren<br />

\1öglichkeit der Grunddiszipl<strong>in</strong> der Metaphysik, d.h. der Ontologie,<br />

und aus der Wesensbestimmung <strong>die</strong>ser erwächst dann<br />

<strong>die</strong> Vorzeichnung der Möglichkeit der Metaphysica specialis.<br />

Diese Doppelfrage nach dem Wesen der Metaphysik, der Me-

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