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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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154 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der WissenSchaft<br />

wird, je aus dem Dase<strong>in</strong> mit bestimmt, wird dann Wahrhei<br />

nicht e<strong>in</strong>e bloße Angelegenheit des Menschen, mag man nu t<br />

dessen Se<strong>in</strong> qua Subjekt oder als Dase<strong>in</strong> fassen? Wird dann nich~<br />

der Mensch das Maß aller D<strong>in</strong>ge? Ist <strong>die</strong> These »Wahrheit existiert,<br />

hat <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart des Menschen« nicht gleichbedeutend<br />

mit dem Satze, den schon der Sophist Protagoras ausgesprochen<br />

hat. und von dem uns Platon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Dialog Theätet (152a)<br />

berIchtet, wenn er dort Sokrates sagen läßt: qJTJaL YUQ Jtou JtUVtüJv<br />

XQTJllutffiv IlEtQov ävfrQffiJtOV dvm, tffiv IlEV OVtffiV w~ fan, tffiv öf f.l~<br />

OV'tffiV w~ oux fO"1;LV. 2 »Es sagt <strong>die</strong>ser Protagoras: aller D<strong>in</strong>ge Maß<br />

ist der Mensch, der Seienden, daß sie s<strong>in</strong>d, der Nichtseienden<br />

daß sie nicht s<strong>in</strong>d.«<br />

'<br />

Der Mensch als das Maß dessen, was und wie <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d -<br />

ist damit <strong>die</strong> Wahrheit nicht menschlicher Willkür und<br />

menschlichem Geschmack preisgegeben? Muß <strong>die</strong>se von den<br />

Griechen gezogene Konsequenz nicht gerade unsere Interpretation<br />

der Wahrheit treffen, <strong>die</strong> wir uns doch an der ursprünglichen<br />

Bedeutung des antiken Wortes orientieren? Alle<strong>in</strong> gerade<br />

der rechtverstandene S<strong>in</strong>n von Wahrheit qua Unverborgenheit<br />

macht <strong>die</strong>se Bedenken zunichte. Denn Dase<strong>in</strong> »ist« wesenhaft<br />

<strong>in</strong> der Unverborgenheit, heißt eben: Es kann gerad~ nur se<strong>in</strong>,<br />

sofern es sich zum Seienden verhält, das sich <strong>in</strong> der Unverborgenheit<br />

bekundet. Gerade weil Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Wahrheit ist, d. h.<br />

bei und zu offenbarem Seienden, wird alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung an<br />

Seiendes möglich und notwendig.<br />

Über<strong>die</strong>s erwähnten wir gleich bei der E<strong>in</strong>führung <strong>die</strong>ses<br />

Begriffes von Wahrheit, daß <strong>die</strong> Griechen selbst nicht vermochten,<br />

<strong>die</strong> Grunde<strong>in</strong>sicht, <strong>die</strong> sich <strong>in</strong> der Wortschöpfung clA.T)'ttflu<br />

ausprägt, festzuhalten und <strong>in</strong> ihrem Wesensgehalt auszuarbeiten.<br />

Vielmehr ist gerade der angeführte Satz des Protagoras e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gliches Beispiel dafür, wie sich bei der Interpretation der<br />

Wahrheit <strong>die</strong> Orientierung an den physiologischen und psycho-<br />

2 Platonis Opera. Recognovit brevique adnotatione critica <strong>in</strong>struxit Ioan nc '<br />

Burnet. Oxonii e typographeo Claremtoniano 1899 sqq. Tomus 1.<br />

§' 21. Zusammenfassung der Interpretation der Wahrheit 155<br />

. h n Vermögen des Menschen dazwischen drängte, d.h.<br />

loglsC e .<br />

. 'eH' Die Griechen vermochten mcht - trotz der großen<br />

pnnZlpl .<br />

. . Ilten von Platon und Aristoteles - das Wesen von Wahr-<br />

I'>lD S1C .<br />

. 0 weit zu klären, daß nun dIeses geklärte Wesen der<br />

helt s .'<br />

\Yahrheit dazu führte, gerade von Ihm aus den BegrIff des Menschen<br />

und se<strong>in</strong>es,Wesens entsprechend zu bestimmen. Vielmehr<br />

('rät umgekehrt <strong>die</strong> Interpretation des Wesens der Wahrheit,<br />

~ ie wir zeigten, <strong>in</strong> ,<strong>die</strong> Bahn e<strong>in</strong>er psychologischen Erklärung<br />

!In weitesten S<strong>in</strong>ne.<br />

Die Thesen »Dase<strong>in</strong> ist <strong>in</strong> der Wahrheit« und »Wahrheit<br />

existiert«, besagen' nicht e<strong>in</strong>e schlechte Relativierung der<br />

Wahrheit auf den Menschen, sondern umgekehrt: sie stellen den<br />

\Ienschen se<strong>in</strong>em-Wesen nach vor das Seiende, dergestalt, daß<br />

er aHererst - als wesenhaft erschlossenes Seiendes - sich nach<br />

solchem richten kann, was mit der Erschlossenheit se<strong>in</strong>es Da<br />

notwendig offenbar geworden ist. Nur wenn Dase<strong>in</strong> als erschlossen<br />

entdeckendes sich nach Seiendem richten kann, kann<br />

es darüber angemessen aussagen. Aus <strong>die</strong>ser Klärung des ursprünglichen<br />

Wesens der Wahrheit wird ersichtlich, was das<br />

ursprünglich andere ist: Erschlossenheit des Da -, und daß und<br />

wie Aussage-wahrheit dar<strong>in</strong> gründet. Die Aussage über ... wird<br />

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