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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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296 Weltanschauung und Weltbegriff<br />

Wir kommen damit zur 4. Frage: Welche grundsätzlichen<br />

Probleme erwachsen aus <strong>die</strong>ser Fassung des Weltbegriffes <strong>in</strong> der<br />

»Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft«? Um <strong>die</strong>se zu sehen, gilt es, noch<br />

e<strong>in</strong>mal kurz <strong>die</strong> Eigentümlichkeit des Weltphänomens ~zu verschärfen.<br />

Welt ist e<strong>in</strong>e Bestimmung des Seienden, wobei wir<br />

sagen müssen, daß <strong>die</strong>ses Se<strong>in</strong> <strong>in</strong>different gedacht ist, und gehört<br />

gleichwohl nicht zum ontischen Bestand desselben, gleichsam<br />

als Stück und daran vorhandener Eigenschaft, wie etwa<br />

Härte, Schwere. Welt gehört da zum Vorhandenen und ist doch<br />

ke<strong>in</strong> Vorhandenes. Andererseits ist Welt zugleich bezogen auf<br />

den Menschen, nicht nur, sofern Welt - als Idee - der menschlichen<br />

Vernunft entspr<strong>in</strong>gt, sondern wesenhaft zu ihr gehört als<br />

Idee der Ganzheit des von endlichen Wesen erkennbaren Seienden.<br />

Hieraus ergeben sich e<strong>in</strong>e Reihe von Fragen:<br />

1. Wie kann Welt das Vorhandene ontologisch bestimmen,<br />

ohne Vorhandenes zu se<strong>in</strong>?<br />

2. Wie kann sie als solche Bestimmung dem Wesen des<br />

menschlichen Dase<strong>in</strong>s zugehören?<br />

3. Wie muß <strong>die</strong>ses Dase<strong>in</strong> selbst se<strong>in</strong>, daß es, zum Seienden<br />

sich verhaltend, dabei auf so etwas wie Welt bezogen ist?<br />

4. Ist bei Kant der Zusammenhang zwischen re<strong>in</strong>er, ideenbildender<br />

Vernunft und re<strong>in</strong>er Anschauung - re<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>nlichkeit<br />

von Raum und Zeit - überhaupt <strong>in</strong> irgend e<strong>in</strong>er Weise geklärt<br />

oder auch nur zum Problem gemacht, um zeigen zu können, daß<br />

und wie <strong>die</strong> Natur der menschlichen Vernunft <strong>in</strong> ihrem empirischen<br />

Verhalten zum Seienden notwendig weltbezogen se<strong>in</strong><br />

kann? Ist das Wesen der Menschheit h<strong>in</strong>reichend ursprünglich<br />

aufgehellt und begründet, um <strong>die</strong> Natur des Menschen als Ursprungsquelle<br />

<strong>die</strong>ser Ideenbildung anzusetzen?<br />

5. Wenn so Welt <strong>die</strong> Totalität des menschlich erkennbaren<br />

Seienden notwendig bestimmen soll und wenn <strong>die</strong>ses Seiende<br />

aber nicht nur den Charakter der Naturd<strong>in</strong>ge hat, sondern zu<br />

<strong>die</strong>sem Seienden <strong>die</strong> Geschichte und damit der Mensch selbst<br />

gehört, ist dann der kantische 'Weltbegriff, von der UDgeklärt-<br />

§ J4. Kants Weltbegriff 297<br />

heit se<strong>in</strong>er Verwurzelung im Dase<strong>in</strong> ganz abgesehen, nicht<br />

grun'dsätzlich zu eng?<br />

6. ,Wie ist e<strong>in</strong>e Erweiterung möglich? Wie kann und muß das<br />

Problem des Weltbegriffes aus e<strong>in</strong>er radikalen Dimension der<br />

metaphysischen Fragestellung entwickelt werden, so zwar, daß<br />

mit der radikalen und ausdrücklichen Begründung se<strong>in</strong>es Ursprungs<br />

auch <strong>die</strong> zureichende Weite des Phänomens gewonnen<br />

wird?<br />

Gerade weil <strong>die</strong> Architektonik und Problemführung der<br />

»Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft« das Problem des Weltbegriffes <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en sche<strong>in</strong>bar e<strong>in</strong>deutigen Zusammenhang e<strong>in</strong>ordnet, ist es<br />

notwendig, auf das Problematische h<strong>in</strong>zuweisen. Die gestellten<br />

Fragen sollen jedoch jetzt nicht im e<strong>in</strong>zelnen und mit besonderem<br />

Bezug auf Kant beantwortet werden, sondern wir versuchen<br />

jetzt, nach <strong>die</strong>ser historischen Orientierung über <strong>die</strong><br />

Geschichte des Weltbegriffes, e<strong>in</strong>e Klärung des Problems im<br />

Zusammenhang unserer leitenden Frage nach dem Wesen der<br />

Weltanschauung und des Verhältnisses der <strong>Philosophie</strong> zu ihr.<br />

Alle<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Charakteristik des kantischen Weltbegriffes wäre<br />

unvollständig und e<strong>in</strong>seitig, wenn wir nicht noch auf e<strong>in</strong>e andere<br />

Verwendung des Ausdrucks »Welt« h<strong>in</strong>wiesen.<br />

. g) Die existenzielle Bedeutung des Weltbegriffs<br />

Wenn 'wir den kantischen Weltbegriff, rückblickend <strong>in</strong> <strong>die</strong> Geschichte,<br />

vergleichen mit dem Begriff »mundus«, so zeigt sich<br />

zunächst, daß Kant, <strong>in</strong> Anlehung an <strong>die</strong> traditionelle Metaphysik,<br />

den Weltbegriff faßt im S<strong>in</strong>n der ersten Bedeutung von<br />

mundus = universum creaturarum, Allheit der existierenden<br />

endlichen D<strong>in</strong>ge, <strong>die</strong> spezifisch kosmologische Bedeutung des<br />

Weltbegriffes, nur eben <strong>in</strong> der wesentlichen Umbildung durch<br />

dIe transzendentale Fragestellung.<br />

Es ergab sich aber, daß vom Neuen Testament her bis August<strong>in</strong>us<br />

und Thomas und anderen e<strong>in</strong>e zweite Bedeutung von<br />

mundus sich ausbildet, wonach Welt besagt: <strong>die</strong> Menschen, und

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