Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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380 Das Problem der Weltanschauung<br />
schaft noch Ausbildung e<strong>in</strong>er Weltanschauung noch Verkündigung<br />
e<strong>in</strong>er Ethik ist, was leistet sie dann, was tut sie?<br />
<strong>Philosophie</strong> philosophiert. Das sagt nur: Sie kann und muß aus<br />
sich selbst begriffen werden; nur im <strong>Philosophie</strong>ren wird <strong>Philosophie</strong><br />
verstanden. ~<br />
<strong>Philosophie</strong> ist eigenen Wesens, was nicht ausschließt zu sagen,<br />
sie ist Weltanschauung qua Haltung. (Vgl. unten S. 386)<br />
Denn <strong>die</strong>se Aussage gibt ke<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>n, als sei<br />
»Weltanschauung« <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e oberste Gattungsbestimmung<br />
für <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong>, als wollten wir jetzt <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e<br />
Gattungsbestimmung »Wissenschaft« ersetzen durch »Weltanschauung«,<br />
so wie <strong>in</strong> der gewöhnlichen Me<strong>in</strong>ung Wissenschaft<br />
<strong>die</strong> Gattungsidee darstellt. Wir sagen nicht: Philosphie ist e<strong>in</strong>e<br />
Form von Weltanschauung unter anderen. Dieses »ist« hat hier<br />
se<strong>in</strong>e eigene Bedeutung.<br />
In welchem S<strong>in</strong>n und <strong>in</strong> welcher Weise ist denn e<strong>in</strong>e <strong>Philosophie</strong><br />
Weltanschauung, und zwar als Haltung? Die Antwort<br />
kann nicht allzu schwer se<strong>in</strong>, möchte man erwidern, vor allem<br />
s<strong>in</strong>d wir doch nicht so ratlos ausgesichts der- Frage, was <strong>Philosophie</strong><br />
leistet; denn wir haben ihr doch auf dem ersten Weg<br />
zugewiesen <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sfrage, das Se<strong>in</strong>sproblem, <strong>die</strong> Herausarbeitung<br />
der Se<strong>in</strong>smöglichkeiten und der Se<strong>in</strong>sverfassung der verschiedenen<br />
Bezirke des Seienden. Das ist doch Aufgabe genug.<br />
So wäre jetzt nur <strong>die</strong> Frage: Wie verhält sich <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> als<br />
Frage nach dem Se<strong>in</strong> dazu, daß sie Weltanschauung ist? Läßt<br />
sich am Ende nicht <strong>die</strong> Art und Weise, wie <strong>Philosophie</strong> Weltanschauung<br />
ist, daraus entnehmen, daß sie und wie sie das<br />
Se<strong>in</strong>sproblem stellt?<br />
Alle<strong>in</strong>, so dürfen wir nicht vorgehen, d. h. wir dürfen nicht aus<br />
dem Ergebnis des ersten Weges das Resultat des zweiten ableiten,<br />
sondern der zweite Weg soll für sich zum <strong>Philosophie</strong>ren br<strong>in</strong>gen,<br />
und das heißt freilich, mit dem ersten zusammenlaufen. Wir<br />
können und müssen uns zwar am ersten orientieren (vgl. Transzendenz<br />
und Se<strong>in</strong>sproblem), aber nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Ableitung<br />
der »Ergebnisse«. Wir dürfen also nicht fragen: Wie läßt sich aus<br />
§ 4J. Haltung und <strong>Philosophie</strong> 381<br />
dem Charakter der Problema~i~ des Se<strong>in</strong>sproblems erschließen<br />
<strong>die</strong> Art und Weise, wie <strong>Philosophie</strong> Weltanschauung ist, sondern<br />
wir müssen zunächst umgekehrt vorgehen und fragen: Läßt sich<br />
aus dem Wesen der Weltanschauung als Haltung deutlich machen,<br />
<strong>in</strong>wiefern mit ihr notwendig das geschieht, was wir <strong>Philosophie</strong>ren<br />
nannten? Läßt sich aus dem Wesen der cHaltung<br />
aufhellen, daß <strong>in</strong> ihr und wie <strong>in</strong> ihr das Se<strong>in</strong>sproblem notwendig<br />
wach wird? Inwiefern liegt <strong>in</strong> der Weltanschauung als Haltung,<br />
und wesensnotwendig nur <strong>in</strong> ihr, <strong>die</strong> freie Möglichkeit der ausdrücklichen<br />
Ausarbeitung des Se<strong>in</strong>sproblems, d.h. <strong>die</strong> Möglichkeit<br />
des ausdrücklichen <strong>Philosophie</strong>rens?<br />
In der Bergung verlegt sich das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> das Ganze des Seienden<br />
und f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> ihm se<strong>in</strong>e Geborgenheit. Das Seiende im<br />
Ganzen ist das Haltende und der Halt. In der Haltung dagegen ist<br />
der Halt nicht im Ganzen des Seienden, sondern im Dase<strong>in</strong>, <strong>die</strong>ses<br />
freilich als gestreutes, alle<strong>in</strong> nicht etwa <strong>in</strong> Entsprechung zur Bergung,<br />
als wäre Haltung e<strong>in</strong>e Art von Bergung, nur eben jetzt <strong>in</strong><br />
sich selbst. Die Haltgew<strong>in</strong>nung hat <strong>in</strong> der Haltung überhaupt<br />
nicht den Charakter der Bergung. Der Halt wird nicht <strong>in</strong> und an<br />
e<strong>in</strong>em Seienden und sei es das Dase<strong>in</strong> genommen, sondern <strong>die</strong><br />
Haltung ist dadurch ausgezeichnet, daß hier das den Halt Verleihende<br />
e<strong>in</strong>en anderen Charakter hat: Der Halt geschieht im Se<strong>in</strong><br />
des Dase<strong>in</strong>s. Das Geschehen des Sichhaltens im In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
ist nicht e<strong>in</strong> Haltnehmen für das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen.<br />
Weil jetzt das Geschehen des Sichhaltens als In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
wesentlich ist, kommt <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Seienden<br />
<strong>in</strong>s Spiel. Das Verhalten zum Seienden an ihm selbst wird<br />
entscheidend, <strong>die</strong> Überw<strong>in</strong>dung der Übermächtigkeit des Seienden<br />
derart, daß dabei <strong>die</strong>ses Seiertde an ihm selbst vom<br />
Dase<strong>in</strong> her <strong>in</strong> dessen Herrschaft genommen werden soll. Auch<br />
wenn es sich noch gar nicht um eigens ausgebildete und gar als<br />
solche begriffene Wissenschaft handelt, so ist das Verhalten zum<br />
Seienden als Verhalten zu ... darauf aus, offenbar zu machen,<br />
was und wie das Seiende ist. Nicht um e<strong>in</strong>e Summe von Wissenswertem<br />
lediglich zu registrieren und zu sammeln geht es,