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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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84 Wahrheit und Se<strong>in</strong><br />

Um solche Betrachtungen durchzuführen, fehlt uns jetzt<br />

noch nahezu alles. Daher müssen wir uns behelfen. E<strong>in</strong>e rohe<br />

und auch nicht alle Se<strong>in</strong>sarten betreffende Charakteristik muß<br />

genügen, um <strong>die</strong> Unterschiede allererst im Groben näher zu<br />

br<strong>in</strong>gen. Jetzt ist zunächst das Thema: Se<strong>in</strong>sarten und ihre Verschiedenheit<br />

an den bei den extremen Weisen: Vorhandenheit<br />

und Existenz. Zunächst ist also das Wahrheitsproblem zurückzustellen<br />

(vgl. unten S. 107 ff.).<br />

Seiendes, so ergab sich, steht immer <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Zusammenhangs,<br />

und <strong>die</strong>ser Zusammenhang bekundet gerade etwas<br />

von der Se<strong>in</strong>sart des betreffenden Seienden: Bewandtnis, Dienlichkeit<br />

zu ... , Gebrauchsd<strong>in</strong>ge, solches, was zuhanden ist.<br />

Damit ist gesagt, daß <strong>die</strong> Mannigfaltigkeit des uns offenbaren<br />

Seienden nicht e<strong>in</strong> bloßes gleichmäßiges Nebene<strong>in</strong>andervorkommen<br />

von Ste<strong>in</strong>en, Pflanzen, Tieren, Menschen ist. Wenn all<br />

<strong>die</strong>ses Seiende, sofern es im Raum ist, schon nebene<strong>in</strong>ander<br />

bzw. vor-, h<strong>in</strong>ter-, oder übere<strong>in</strong>ander vorkommt, so ist <strong>die</strong>ses<br />

sche<strong>in</strong>bar gleichmäßige Nebene<strong>in</strong>ander doch bezüglich des e<strong>in</strong>zelnen<br />

Seienden verschieden, und zwar nicht nur räumlich.<br />

Wir wollen versuchen, <strong>die</strong>ses Nebene<strong>in</strong>ander des alltäglich<br />

offenbaren mannigfaltigen Seienden, unter dem wir uns ja<br />

bewegen, also dazu gehören, etwas schärfer zu sehen. Wir<br />

wählen hierzu zwei extreme Weisen des Nebene<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s:<br />

Vorhandenheit und Existenz. Unter dem mannigfachen Seienden,<br />

unter dem wir selbst vorkommen, f<strong>in</strong>det sich solches, das<br />

<strong>die</strong> gleiche Se<strong>in</strong>sart hat wie wir, Dase<strong>in</strong>, und solches, was von<br />

anderer Se<strong>in</strong>sart ist. Daraus ergibt sich <strong>die</strong> Dichotomie, daß all<br />

'das Seiende, das wir vorf<strong>in</strong>den und zu dem wir selbst gehören,<br />

entweder dase<strong>in</strong>smäßiges oder nichtdase<strong>in</strong>smäßiges Seiendes<br />

, ist.<br />

Seiendes nun, das unsere Se<strong>in</strong>sart hat, das wir aber gleichwohl<br />

nicht selbst s<strong>in</strong>d, sondern das je der Andere ist, anderes<br />

Dase<strong>in</strong>, Dase<strong>in</strong> Anderer ist nicht e<strong>in</strong>fach neben uns vorhanden<br />

und dazwischen vielleicht noch andere D<strong>in</strong>ge, sondern anderes<br />

Dase<strong>in</strong> ist mit uns da, Mitdase<strong>in</strong>;..wir selbst s<strong>in</strong>d bestimmt durch<br />

§ IJ. Se<strong>in</strong>sart und q[fenbarkeit 85<br />

em Mitse<strong>in</strong> mit den Anderen. Dase<strong>in</strong> und Dase<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Mitplnander.<br />

Aber s<strong>in</strong>d denn Tafel oder Kreide nicht ebenso zugleich wirkhch<br />

wie wir, s<strong>in</strong>d sie denn abgesondert, nicht auch mit uns, mit<br />

uns zugleich da und s<strong>in</strong>d sie nicht alle zusammen mite<strong>in</strong>ander<br />

mit uns da und wir mit den D<strong>in</strong>gen? Streng genommen kann<br />

man von ihnen nicht sagen, daß sie mite<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d, obgleich<br />

wir zugeben müssen, daß zugleich mit unserem Dase<strong>in</strong> auch der<br />

Schwamm und <strong>die</strong> Kreide vorhanden s<strong>in</strong>d. Aber nie kann e<strong>in</strong><br />

Seiendes, das <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart des Vorhandense<strong>in</strong>s hat, mit uns dase<strong>in</strong>,<br />

weil ihm <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart des Dase<strong>in</strong>s nicht zukommt. N~as<br />

sell)"si Dase<strong>in</strong> ist, kann mit-dase<strong>in</strong>. Mit-da-se<strong>in</strong> besagt nicht nur:<br />

zugleich auch seiend, nur eben qua Dase<strong>in</strong>, sondern <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart<br />

Dase<strong>in</strong> br<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> das »Mit« erst den eigentlichen S<strong>in</strong>n. »Mit« ist<br />

zu fassen als Teilnahme, wobei Fremdheit als Teilnahmslosigkeit<br />

nur e<strong>in</strong>e Abwandlung der Teilnahme ist. Das »Mit« hat also<br />

e<strong>in</strong>en ganz bestimmten S<strong>in</strong>n und besagt nicht e<strong>in</strong>fach »zusammen«,<br />

auch nicht zusammense<strong>in</strong> von solchem, was <strong>die</strong>selbe<br />

Se<strong>in</strong>sart hat. »Mit« ist e<strong>in</strong>e eigene Weise des Se<strong>in</strong>s.<br />

Gleichzeitige Wirklichkeit, d. h. zugleich Wirklichse<strong>in</strong> von<br />

Seiendem besagt nicht notwendig Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>. Zugleich<br />

können Kreide und Schwamm oder auch Mensch und Kreide<br />

wirklich se<strong>in</strong>. Aber von <strong>die</strong>sen beiden können wir nicht sagen,<br />

daß sie mite<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d, sondern mite<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d nur Mensch<br />

und Mensch. Wir unterscheiden also ganz allgeme<strong>in</strong> zugleich<br />

Wirklichse<strong>in</strong> von Seiendem, was noch gar nichts über <strong>die</strong> Art<br />

und Weise des Zusammen besagt, und zugleich Wirklichse<strong>in</strong><br />

von Seiendem, das <strong>die</strong>selbe Se<strong>in</strong>sart hat. Hat es <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart des<br />

Vorhandenen, dann sprechen wir von e<strong>in</strong>em Zusammen-vorhandense<strong>in</strong>,<br />

hat das zugleich Wirklichse<strong>in</strong> <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart des<br />

Dase<strong>in</strong>s, sprechen wir von e<strong>in</strong>em Mite<strong>in</strong>ander.<br />

Wir fragen nun nach dem Unterschied des Nebene<strong>in</strong>ander im<br />

S<strong>in</strong>ne des Zusammenvorhandense<strong>in</strong>s der D<strong>in</strong>ge und dem Nebene<strong>in</strong>ander<br />

als Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> von Menschen.

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