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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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6 Dle Aufgabe emer Emleuung <strong>in</strong> dw Phdosophle<br />

Geschehen gebracht werden. In unserem Dase<strong>in</strong> ~ aber auch<br />

nicht so im allgeme<strong>in</strong>en, sondern <strong>in</strong> unserem Dase<strong>in</strong> jetzt und<br />

hier, <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Augenblick und <strong>in</strong> den Perspektiven, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser<br />

Augenblick hat, <strong>in</strong> dem wir uns anschicken, von der PhilosophIe<br />

zu handeln. In uns soll <strong>Philosophie</strong> frei werden, <strong>in</strong> uns <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser<br />

Lage. In welcher? In derjenigen, <strong>die</strong> jetzt <strong>die</strong> Existenz unseres<br />

Dase<strong>in</strong>s, d. h. das Wählen, Wollen, Tun und Lassen primär und<br />

wesentlich bestimmt.<br />

§ 3. Vorverständnis von <strong>Philosophie</strong><br />

Wodurch ist jetzt unsere ganze Existenz entscheidend bestimmt?<br />

Dadurch, daß wir das Bürgerrecht an der Universität beanspruchen.<br />

Mit <strong>die</strong>sem Anspruch aber haben wir unserem Dase<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e B<strong>in</strong>dung gegeben; mit <strong>die</strong>ser B<strong>in</strong>dung ist <strong>in</strong> unser Dase<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Richtung geschlagen, <strong>in</strong> unserem Dase<strong>in</strong> hat<br />

sich etwas entschieden. Das kann entweder <strong>in</strong> der Klarheit über<br />

~sere Existenz geschehen oder auch nicht - wir können aus<br />

Konvention, sogar aus Verlegenheit <strong>in</strong> den Dase<strong>in</strong>skreis der Universität<br />

geraten se<strong>in</strong>.<br />

Wenn wir uns hier nicht lediglich herumtreiben, teils um<br />

allerlei brauchbare D<strong>in</strong>ge zu lernen, teils um uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen<br />

Form zu amüsieren, dann muß sich <strong>in</strong> uns etwas entschieden<br />

haben. Jede Entscheidung der Existenz ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>bruch <strong>in</strong> dIe<br />

Zukunft des Dase<strong>in</strong>s.<br />

Was hat sich entschieden? Unser Beruf. Unter Beruf verstehen<br />

wir aber nicht <strong>die</strong> äußere Lebensstellung und gar ihre E<strong>in</strong>stufung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte und gar gehobene Gesellschaftsklassf'.<br />

Unter Beruf verstehen wir <strong>die</strong> <strong>in</strong>nere Aufgabe, <strong>die</strong> sich das<br />

Dase<strong>in</strong> im Ganzen und Wesentlichen se<strong>in</strong>er Existenz vorgIbt.<br />

Die geschichtliche faktische Auswirkung des Berufs bedarf immer<br />

e<strong>in</strong>er äußeren Lebensstellung, aber erstlich und letztlich<br />

bleibt <strong>die</strong>se von nachgeordneter Bedeutung.<br />

Inwiefern haben wir aber unserem Dase<strong>in</strong> mit dem Anspruch<br />

§}. Vorverstandms von Phllosophle 7<br />

auf das akademische Bürgerrecht e<strong>in</strong>en besonderen Beruf gegeben?<br />

Mit <strong>die</strong>sem Anspruch ~ sofern wir ihn überhaupt verstehen<br />

- haben wir <strong>die</strong> Verpflichtung <strong>in</strong> unser Dase<strong>in</strong> gepflanzt,<br />

im jeweiligen Ganzen des geschichtlichen Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s so<br />

etwas wie e<strong>in</strong>e Führerschaft zu übernehmen. Darunter verstehen<br />

wir nicht <strong>die</strong> äußere Übernahme e<strong>in</strong>es sogenannten leitenden<br />

Postens im Gebiet des öffentlichen Lebens, nicht, daß wir<br />

vielleicht da und dort <strong>die</strong> Rolle des Vorgesetzten oder Direktors<br />

spielen, sondern Führerschaft ist <strong>die</strong> Verpflichtung zu e<strong>in</strong>er Existenz,<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong> gewisser Weise <strong>die</strong> Möglichkeiten menschlichen<br />

Dase<strong>in</strong>s im Ganzen und Letzten ursprünglicher versteht und <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sem Verstehen Vorbild se<strong>in</strong> soll. Um das zu se<strong>in</strong>, ist ke<strong>in</strong>eswegs<br />

erforderlich, daß jemand zu den Prom<strong>in</strong>enten gehört.<br />

Noch weniger aber schließt <strong>die</strong>se Führerschaft schon ohne weiteres<br />

irgend e<strong>in</strong>e moralische Überlegenheit gegenüber anderen<br />

<strong>in</strong> sich - im Gegenteil, <strong>die</strong> Verantwortung, <strong>die</strong> gerade solche<br />

unkontrollierbare und schlechth<strong>in</strong> unöffentliche Führerschaft<br />

bei sich trägt, ist e<strong>in</strong>e ständige und verschärfte Gelegenheit zum<br />

moralischen Versagen des E<strong>in</strong>zelnen.<br />

Warum liegt nun aber gerade <strong>in</strong> der wirklichen Zugehörigkeit<br />

zur Universität e<strong>in</strong> eigener Anspruch auf solche Führerschaft?<br />

Er ergibt sich daraus, daß <strong>die</strong> Universität durch <strong>die</strong><br />

Pflege der wissenschaftlichen Forschung und <strong>in</strong> der Mitteilung<br />

e<strong>in</strong>er wissenschaftlichen Bildung dem Dase<strong>in</strong> <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

ZU e<strong>in</strong>er neuen Stellung im Ganzen der Welt bereitlegt, <strong>in</strong> der<br />

alle Bezüge des Dase<strong>in</strong>s zum Seienden e<strong>in</strong>e Wandlung erfahren<br />

und es <strong>in</strong> neuer Wf'ise allen D<strong>in</strong>gen verwandter werden kann,<br />

nicht muß, weil e<strong>in</strong>e eigene Durchsichtigkeit und Aufklärung<br />

<strong>in</strong> das Dase<strong>in</strong> kommt.<br />

Daß wir mehr wissen als andere und manches besser, daß wir<br />

<strong>in</strong> den Besitz von Berechtigungs- und Examenssche<strong>in</strong>en kommen,<br />

ist völlig belanglos. Daß aber das ganze Dase<strong>in</strong> von e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>neren Vorzug durchwaltet wird, den an sich ke<strong>in</strong>er von uns<br />

sich ver<strong>die</strong>nt hat, daß also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ursprünglicheren Grunde<br />

<strong>die</strong> Wissenschaft <strong>in</strong> uns <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er unauffälligen und

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