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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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398 Zusammenhang von <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />

phieren heißt gerade Ausbilden derjenigen Transzendenz des<br />

Dase<strong>in</strong>s, <strong>die</strong> wir Freiheit nennen, <strong>in</strong> der alles Wesentliche auf<br />

Freiheit gestellt ist. Das Wesen der <strong>Philosophie</strong> besteht dar<strong>in</strong>,<br />

daß sie den E<strong>in</strong>bruchsspielraum ausbildet für das konkrete geschichtliche,<br />

durch Haltung bestimmte Dase<strong>in</strong>; damit ist sie<br />

aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ursprünglichen und gen auen S<strong>in</strong>ne zukünftig. So<br />

wie der Mythos für <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> e<strong>in</strong>e wesentliche Er<strong>in</strong>nerung<br />

ist, so ist <strong>die</strong> Zukunft ihre eigentliche Kraft, alle Gegenwart<br />

aber nur <strong>die</strong> Spitze des Augenblicks, der se<strong>in</strong>e Macht und<br />

se<strong>in</strong>en Reichtum aus zukünftiger Er<strong>in</strong>nerung nimmt. Es ist wesentlich,<br />

daß <strong>die</strong> Gegenwart alle<strong>in</strong> für sich gegen sich bl<strong>in</strong>d ist<br />

und daher me<strong>in</strong>t, sie alle<strong>in</strong> sei das Wirkliche, wo sie es gerade<br />

nicht ist. /<br />

Das Verhältnis von <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung war<br />

zwar allseitig zu klären, aber es ist viel zu reich und verwickelt,<br />

als daß es auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, glatte Formel zu br<strong>in</strong>gen wäre. In<br />

jedem Falle kommen <strong>die</strong> vulgären Vorstellungen <strong>die</strong>ses Verhältnisses<br />

und <strong>die</strong> aus solchen Vorstellungen erwachsenden Fragen<br />

und Wünsche nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sphäre des Wesentlichen.<br />

E<strong>in</strong>s wird aber klar, daß <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> e<strong>in</strong> betontes Verhältnis<br />

zur Weltanschauung als Haltung hat. Aber daraus erwächst<br />

nun e<strong>in</strong>e neue Schwierigkeit, wenn wir bedenken, daß<br />

wir früher, zu Beg<strong>in</strong>n der Vorlesung, sagten: Das Dase<strong>in</strong> als<br />

solches philosophiert; <strong>Philosophie</strong>ren gehört zum Dase<strong>in</strong>, sofern<br />

es existiert. Nun sagen wir aber: <strong>Philosophie</strong>ren ist nur möglich<br />

auf dem Grunde der Weltanschauung als Haltung, also nur <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Grundform der Weltanschauung, mith<strong>in</strong> nicht <strong>in</strong> dem<br />

Dase<strong>in</strong>, dessen In-der-Welt-se<strong>in</strong> primär als Bergung bestimmt<br />

ist.<br />

Bevor wir auf unsere E<strong>in</strong>gangsthese zum Schluß e<strong>in</strong>gehen,<br />

muß kurz auf das Verhältnis der <strong>Philosophie</strong> als Grundhaltung<br />

zum Dase<strong>in</strong> als Bergung h<strong>in</strong>gewiesen werden. Schon <strong>die</strong> Interpretation<br />

<strong>die</strong>ser beiden Grundmöglichkeiten zeigte, daß Haltung<br />

aus Bergung entsteht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wesens geschichtlichen<br />

Zusammenhang mit ihr steht und immer bleibt. Das besagt:<br />

§ 46. <strong>Philosophie</strong> als Grund-haltung 399<br />

E<strong>in</strong>erseits ist <strong>die</strong> Bergung, das mythische Dase<strong>in</strong> als das vorphilosophische<br />

im strengen S<strong>in</strong>ne, wesensnotwendig bleibende<br />

Er<strong>in</strong>nerung der <strong>Philosophie</strong> als Grundhaltung; gerade weil <strong>die</strong>se<br />

<strong>in</strong> sich etwas anderes ist auf Grund e<strong>in</strong>er Geschichte, bleibt<br />

<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> auf den Mythos zurückbezogen. Was das heißt<br />

im e<strong>in</strong>zelnen, ist hier nicht zu erörtern.<br />

, Andererseits aber ist <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> als Grundhaltung notwendig<br />

für jede Weltanschauung als Bergung e<strong>in</strong> Ärgernis. Man<br />

darf <strong>die</strong>ses Verhältnis weder verschleiern noch abschwächen;<br />

versucht man es, dann versteht man weder sich selbst als <strong>in</strong> der<br />

Bergung existierend, noch versteht man <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong>. Nur<br />

wenn <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> als Grundhaltung für <strong>die</strong> Weltanschauung<br />

als Bergung zum wirklichen Ärgernis und Ste<strong>in</strong> des Anstoßes<br />

wird, nur dann kommt <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Lage, <strong>in</strong> der<br />

unverb<strong>in</strong>dlichen, freien Weise der Veranlassung selbst der Bergung<br />

e<strong>in</strong>en Dienst zu erweisen, und sei es nur den, daß sie sich<br />

dessen er<strong>in</strong>nert, auf e<strong>in</strong>em wesenhaft Anderen den Halt zu haben<br />

als jede Haltung. Wie steht, eS nun aber angesichts der<br />

genaueren Klärung des Wesens des <strong>Philosophie</strong>rens um <strong>die</strong> E<strong>in</strong>gangsthese,<br />

daß zum Dase<strong>in</strong> als solchem <strong>Philosophie</strong>ren gehört?<br />

Müssen wir <strong>die</strong>se These jetzt nicht zurücknehmen, wenn anders<br />

<strong>Philosophie</strong>ren nur als Haltung möglich ist? In der Tat, wir<br />

müssen <strong>die</strong> These zurücknehmen; sie wurde ausgesprochen, damit<br />

wir sie ausdrücklich jetzt zurücknehmen können. Denn <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sem ausdrücklichen Zurücknehmen sehen wir etwas Wesentliches:<br />

daß der <strong>Philosophie</strong>rende sich ausdrücklich <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

durch Haltung bestimmte Existenzweise verlegen muß, daß das<br />

<strong>Philosophie</strong>ren nicht nur so im allgeme<strong>in</strong>en irgendwo unbestimmt<br />

oder an sich passiert. Wenn wir am Anfang so dah<strong>in</strong><br />

sagten, <strong>Philosophie</strong>ren gehört zum Dase<strong>in</strong>, so haben wir dabei<br />

vergessen, daß wir im Grunde unser durch Haltung jedenfalls<br />

mitbestimmtes Dase<strong>in</strong> me<strong>in</strong>ten.<br />

Wir sagen: Zum Wesen des <strong>Philosophie</strong>rens gehört der ausdrückliche<br />

E<strong>in</strong>sprung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Weltanschauung als Haltung und<br />

nur so <strong>die</strong> Möglichkeit des Geschehenlassens der Transzendenz

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