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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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10 Die Aufgabe emer Emleltung m <strong>die</strong> Phdosophie<br />

ßen, dem wesentliche Bedeutung zukommt: Die <strong>Philosophie</strong><br />

und das <strong>Philosophie</strong>ren, gerade <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Selbstbes<strong>in</strong>nung, werden<br />

immer wieder zurückgeworfen auf das, was wir Geschichte<br />

nennen, zumal <strong>Philosophie</strong> sich uns zunächst <strong>in</strong> und durch di!t<br />

historische Überlieferung darbietet. Mit Geschichte me~'n~e . ch<br />

hier nicht <strong>die</strong> Geschichtswissenschaft, sondern das Ges ehen<br />

des Dase<strong>in</strong>s selbst. Es wird sich zeigen, daß mcht nur . e <strong>Philosophie</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eigentümlichen <strong>in</strong>neren Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit der Geschichte steht.<br />

Wir hörten schon, daß <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> sich uns immer schon<br />

als <strong>in</strong> gewisser Weise bekannt anbietet, <strong>in</strong> und durch ihre Geschichte,<br />

besser: <strong>in</strong> der historischen Überlieferung. Dasselbe gilt<br />

aber von der Wissenschaft und der Weltanschauung, und sie<br />

beide s<strong>in</strong>d, jede <strong>in</strong> ihrer Weise, von Grund aus geschichtlich.<br />

Das besagt aber:<br />

Unserer Betrachtung über <strong>Philosophie</strong> und Wissenschaft,<br />

<strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung liegt zugleich <strong>die</strong> Frage zu<br />

grunde: Wie verhält sich <strong>Philosophie</strong> überhaupt zur Geschichte,<br />

d. h. zu der Wesensbestimmung des menschlichen Dase<strong>in</strong>s<br />

selbst, das <strong>in</strong> sich geschichtlich ist?<br />

Somit stehen wir vor drei Gruppen von Fragen:<br />

1. Wie verhält sich <strong>Philosophie</strong> zu Wissenschaft?<br />

H. Wie verhält sich <strong>Philosophie</strong> zu Weltanschauung?<br />

III. Wie verhält sich <strong>Philosophie</strong> zu Geschichte?<br />

Die Erörterung <strong>die</strong>ser drei Fragegruppen kennzeichnet das<br />

erste Stadium, das wir durchlaufen, um dabei das PhilosophIeren<br />

<strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Wir wollen hier nicht <strong>Philosophie</strong> lernen, wir wollen mcht<br />

unser Fachstudium noch durch e<strong>in</strong> weiteres Fach vermehren,<br />

schon deshalb nicht, weil <strong>Philosophie</strong> gar ke<strong>in</strong> »Fach« ist. <strong>Philosophie</strong>ren<br />

ist ke<strong>in</strong>e Sache der Geschicklichkeit und Technik,<br />

freilich ebensowenig e<strong>in</strong> Spiel von undiszipl<strong>in</strong>ierten E<strong>in</strong>fällen.<br />

<strong>Philosophie</strong> ist <strong>Philosophie</strong>ren und nichts weiter. Dieses E<strong>in</strong>fache<br />

gilt es zu begreifen.<br />

Wir sagten: Das Dase<strong>in</strong> steht nicht und nie außerhalb der<br />

§ 4. <strong>Philosophie</strong> - Wissenschaft, Weltanschauung, Geschichte 11<br />

<strong>Philosophie</strong>, sondern <strong>die</strong>se gehört zum Wesen der Existenz des<br />

Dase<strong>in</strong>s. Also müssen wir sie im Dase<strong>in</strong> selbst <strong>in</strong> Gang br<strong>in</strong>gen;<br />

also bedarf es e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>gehens auf das Dase<strong>in</strong>, das wir jeweils<br />

selbst s<strong>in</strong>d. So sche<strong>in</strong>t es, als gerieten wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e psychologische<br />

Selbstbetrachtung, als käme das <strong>Philosophie</strong>ren darauf h<strong>in</strong>aus,<br />

e<strong>in</strong>e egoistische Beschäftigung mit sich selbst, e<strong>in</strong>e Zergliederung<br />

des eigenen Seelenlebens zu werden.<br />

• Zunächst nur so viel negativ: Das Freimachen des <strong>Philosophie</strong>rens<br />

im Dase<strong>in</strong> hat mit e<strong>in</strong>er psychologischen und gar<br />

egoistischen Selbstbegaffung nichts zu tun. Aber ebensowenig<br />

ist das Freiwerdenlassen des <strong>Philosophie</strong>rens <strong>in</strong> uns e<strong>in</strong>e moralisch-erbauliche<br />

Betulichkeit um das eigene Ich.<br />

Mit all dem haben <strong>die</strong>se Überlegungen aber nichts zu tun.<br />

Weder um Psychologie noch um Moral handelt es sich. Wohl<br />

kommt das Dase<strong>in</strong> bei <strong>die</strong>sen Überlegungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> eigenes Zentrum,<br />

aber <strong>die</strong>ser sogenannte anthropozentrische Standpunkt<br />

hat etwas Merkwürdiges. In <strong>die</strong>ser anthropozentrischen Betrachtung<br />

werden wir zur E<strong>in</strong>sicht kommen, daß <strong>die</strong>ses Wesen<br />

Mensch, das da angeblich <strong>in</strong> sich selbst verliebt im Zentrum<br />

steht, se<strong>in</strong>em Innersten nach ex-zentrisch ist, das heißt gerade<br />

dem Wesen se<strong>in</strong>er Existenz nach nie objektiv im Zentrum des<br />

Seienden stehen kann. Denn das wird gerade das <strong>Philosophie</strong>ren<br />

offenbar machen, daß dar<strong>in</strong> der Mensch aus sich selbst und<br />

über sich selbst h<strong>in</strong>ausgeworfen wird und ganz und gar nicht<br />

das Eigentum se<strong>in</strong>er selbst ist. Damit <strong>die</strong>se E<strong>in</strong>sicht, daß das<br />

Dase<strong>in</strong> sich nicht als Zentrum hat, wirklich gewonnen wird,<br />

muß es gerade <strong>in</strong> gewisser Weise <strong>in</strong>s Zentrum kommen.<br />

Der Subjektivismus wird nicht dadurch überwunden, daß<br />

man sich über ihn moralisch empört, sondern dadurch, daß man<br />

das Problem des Subjekts, d.h. <strong>die</strong> Frage nach der Subjektivität<br />

des Subjekts wirklich und radikal stellt. So liegt denn e<strong>in</strong>e große<br />

Wahrheit <strong>in</strong> der Forderung, <strong>die</strong> schon <strong>die</strong> antike <strong>Philosophie</strong><br />

aussprach: rvGrlh OEUU"!:OV, erkenne dich selbst, d. h. erkenne, was<br />

du bist, und sei, als was du dich erkannt hast. Diese Selbst<br />

erkenntnis als Erkenntnis der Menschheit im Menschen, d. h.

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