Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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276 Weltanschauung und Weltbegrif.!<br />
Die eigentliche zentrale ontologische Problematik reicht bis<br />
<strong>in</strong>s transzendentale Ideal, d.h. entspr<strong>in</strong>gt von daher, d.h. aus<br />
dem Wesen der endlichen menschlichen Vernunft », ... <strong>die</strong>ses<br />
göttlichen Menschen <strong>in</strong> uns ... « (A 569, B 597).<br />
Es gilt, <strong>die</strong> ganze Basis für <strong>die</strong> ganze Metaphysik ans Licht zu<br />
br<strong>in</strong>gen und <strong>die</strong>se <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>neren Ganzheit und Bewegtheit zu<br />
sehen. Darauf ist <strong>die</strong> Fundamentalontologie angelegt, aber zunächst<br />
nur mit Rücksicht auf <strong>die</strong> Analytik (nicht auf Erkennt~<br />
nistheorie) exponiert. Das Ergebnis der »Kritik der re<strong>in</strong>en<br />
Vernunft« bis zur transzendentalen Dialektik ist: Es gibt ke<strong>in</strong>e<br />
allgeme<strong>in</strong>e Erkenntnis des Seienden apriori, ke<strong>in</strong>e apriorischontische,<br />
sondern nur e<strong>in</strong>e apriorische Erkenntnis als ontologische.<br />
Das Wesen von »generalis« <strong>in</strong> der Metaphysica generalis<br />
und damit der Metaphysik selbst wird ursprünglicher bestimmt.<br />
Damit bestimmt sich zum ersten Mal der Begriff der ontologischen<br />
Erkenntnis, wenngleich gesagt werden muß, daß Kant das<br />
Problem nicht <strong>in</strong> der ganzen Weite des Se<strong>in</strong>sverständnisses angesetzt<br />
hat. In jedem Fall ist jetzt <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er grundsätzlichen<br />
Auswirkung auf <strong>die</strong> ganze Idee der Metaphysik<br />
gegeben.<br />
Kant hat jetzt für se<strong>in</strong>e Zwecke e<strong>in</strong>en Leitfaden <strong>in</strong> der Hand,<br />
daran er ermessen kann, welche Art von Erkenntnis <strong>die</strong>jenige<br />
ist, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Metaphysica specialis beansprucht wird, nämlich<br />
e<strong>in</strong>e apriorisch-ontische über Seele, Welt, Gott. Alle<strong>in</strong>, es handelt<br />
sich nicht darum, <strong>die</strong>se nun e<strong>in</strong>fach als unmöglich zurückzuweisen,<br />
sondern ebenso sehr, positiv das Rechtmäßige<br />
<strong>die</strong>ser Erkenntnisabsicht aufzuzeigen im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Natur<br />
des Menschen, zu der <strong>die</strong>ses Fragen gehört. Es gilt nicht nur<br />
den Sche<strong>in</strong> <strong>die</strong>ser apriorisch-ontischen Erkenntnis zu erkennen,<br />
sondern wir müssen uns klar werden: Wo Sche<strong>in</strong> ist -<br />
Sche<strong>in</strong> als notwendige natürliche Illusion -, da ist auch Wahrheit.<br />
So wichtig nun für Kant <strong>die</strong> negative Zurückweisung der<br />
Anmaßung der besonderen Erkenntnis bleibt, so müssen sich<br />
ihm doch zugleich positive E<strong>in</strong>sichten ergeben, <strong>die</strong> offenbar mit<br />
§ J4. Kants Weltbegri./J 277<br />
dem zuvor behandelten Problem der metaphysischen Erkenntnis<br />
<strong>in</strong> Zusammenhang stehen.<br />
Ja, noch mehr: Es ergibt sich, daß das, was Kant auf dem<br />
Grunde der transzendentalen Analytik sche<strong>in</strong>bar nur als kritische<br />
Anwendung erörtert, se<strong>in</strong>erseits erst <strong>die</strong> wahren Fundamente<br />
eröffnet für das, wovon er ausgegangen war. So zeigt sich<br />
auch bei Kant, wie alle philosophische Grundlegung nicht e<strong>in</strong>fach<br />
geradl<strong>in</strong>ig auf e<strong>in</strong> irgendwo vorhandenes Fundament<br />
zusteuert und sich dort ansiedelt, sondern sich gerade ständig<br />
den Boden unter den Füßen weggräbt und immer mehr am<br />
Rande e<strong>in</strong>es Abgrunds sich bewegt.<br />
Was nun aber das zentrale <strong>in</strong>nere Verständnis der Problematik<br />
der Grundlegung der Metaphysica specialis, und vor allem ihres<br />
Zusammenhangs mit der Metaphysica generalis, erschwert, ja<br />
geradezu verbaut, ist <strong>die</strong> Architektonik, <strong>die</strong> Kant se<strong>in</strong>em Werk<br />
gegeben hat und <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>eswegs nur Sache e<strong>in</strong>er äußerlichen<br />
Disposition ist. Wir haben bereits h<strong>in</strong>gewiesen auf den Rahmenball:<br />
transzendentale Aesthetik, transzendentale Logik und<br />
darauf, daß der Schnitt zwischen Metaphysica generalis und<br />
specialis <strong>in</strong> der Logik selbst liegt, daß mith<strong>in</strong> <strong>die</strong>se e<strong>in</strong>en ganz<br />
besonderen Vorrang im Gesamtproblem der »Kritik der re<strong>in</strong>en<br />
Vernunft« hat.<br />
Für <strong>die</strong>sen Vorrang der Logik <strong>in</strong> der »Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft«<br />
- und auch sonst bei Kant - seien unter e<strong>in</strong>er Reihe von<br />
anderen Gründen vor allem zwei genannt:<br />
1. Logik ist <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>ste Erkenntnis des Denkens, der<br />
ratio, der Vernunft; sie verschafft demnach den weitesten E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Struktur der Vernunft.<br />
2. Logik gilt, als <strong>die</strong>se Erkenntnis der ratio, selbst als <strong>die</strong><br />
ratIOnalste und damit strengste Erkenntnis; sie ist demgemäß<br />
dIe sicherste allgeme<strong>in</strong>ste Erkenntnis der Vernunft.<br />
Aus <strong>die</strong>sen zwei Gründen, <strong>die</strong> fast zu e<strong>in</strong>er SelbstverständlIchkeit<br />
geworden s<strong>in</strong>d, legt sie sich ohne weiteres als der<br />
geeignete Leitfaden nahe für e<strong>in</strong>e Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft.<br />
Dazu: Erkennen ist Urteilen, denkendes Bestimmen.