Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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130 Wahrheit - Dase<strong>in</strong> - Mzt-sem<br />
möglicher Offenbarkeit, das »Da«, <strong>in</strong> welches here<strong>in</strong>stehend<br />
auch erst Vorhandenes offenbar wird. Das sich Offenbaren aber<br />
geschieht wesenhaft, nicht zuweilen und nachträglich. Dase<strong>in</strong><br />
ist erschließend, entdeckend und so mit sich br<strong>in</strong>gend mitteilend<br />
teilnehmen.<br />
Unverborgenheit gebört nie e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zelnen als solchem. Als<br />
Geme<strong>in</strong>sames steht sie gleichsam jedermann öffentlich zur Verfügung;<br />
sie muß daher wesentlich von jedem Dase<strong>in</strong> freigegeben<br />
se<strong>in</strong>. Unverborgenheit von Vorhandenem ist ihrerseits<br />
notwendig selbst unverborgen. Da nun aber <strong>die</strong> Unverborgenheit<br />
des Vorhandenen selbst nichts Vorhandenes ist, Unverborgenheit<br />
von Vorhandenem aber Entdecktheit genannt WIrd,<br />
kann <strong>die</strong> Unverborgenheit von Unverborgenheit, sofern sie<br />
selbst unverborgen ist, nicht und nie e<strong>in</strong> Entdecktes se<strong>in</strong>. Wenn<br />
aber <strong>die</strong> Unverborgenheit des Vorhandenen zum Dase<strong>in</strong> gehört,<br />
so zwar, daß sie selbst unverborgen ist, dann heißt das: Das<br />
Dase<strong>in</strong> ist, sofern es als Dase<strong>in</strong> existiert, als solches unverborgen.<br />
Die Unverborgenheit von Dase<strong>in</strong> aber nennen wir im<br />
Unterschied von der Unverborgenheit des Vorhandenen, der<br />
Entdecktheit, <strong>die</strong> Erschlossenheit.<br />
Dase<strong>in</strong> als solches ist von sich aus erschlossen. Es wird nicht<br />
erst unverborgen dadurch, daß e<strong>in</strong> anderes Dase<strong>in</strong> es der Verborgenheit<br />
entreißt. Sofern Dase<strong>in</strong> existiert, hat es sich der<br />
Verborgenheit entrissen, bzw. es br<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong>e Unverborgenheit<br />
gleichsam mit sich.<br />
Bisher wurde bezüglich des Dase<strong>in</strong>s vorwiegend nur das Sem<br />
bei Vorhandenem besprochen. Wir müssen versuchen, zunächst<br />
auch nur im Blick auf unser Se<strong>in</strong> bei den D<strong>in</strong>gen zu sehen,<br />
<strong>in</strong>wiefern das Se<strong>in</strong> bei Vorhandenem als das, was es ist, notwendig<br />
unverborgen ist. Wir halten jetzt gegene<strong>in</strong>ander: Das Zusammenvorhandense<strong>in</strong><br />
von D<strong>in</strong>gen und <strong>die</strong> Art und Weise des<br />
Nebene<strong>in</strong>ander von Dase<strong>in</strong> und <strong>die</strong>sen D<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>e Bank steht<br />
neben e<strong>in</strong>em Haus, sie können sogar räumlich eng ane<strong>in</strong>ander<br />
grenzen. Die Bank kann, wie wir sagen, das Haus berühren;<br />
gleichwohl ist <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem »Neben~< das Haus nicht und <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er<br />
§ 16. Entdeckthelt und Offenbarkezt 131<br />
Weise als Haus offenbar für <strong>die</strong> Bank und umgekehrt. Wir dürfen<br />
auch nicht sagen, das Haus sei für <strong>die</strong> Bank verborgen; <strong>die</strong>se<br />
Dlllge Jliegen vielmehr im Verhältnis zue<strong>in</strong>ander schlechth<strong>in</strong><br />
außerhalb der Möglichkeit von gegenseitiger Verborgenheit<br />
und Unverborgenheit. Um ganz vorsichtig zu sprechen: Wir<br />
haben nicht das m<strong>in</strong>deste Kriterium, etwas anderes auch nur als<br />
Moglichkeit anzunehmen. Dagegen ist der Bauer, der vor se<strong>in</strong>em<br />
Haus auf der Wiese steht, auch neben se<strong>in</strong>em Haus und der<br />
Bank dazu; aber <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Daneben s<strong>in</strong>d Haus und Bank offenbar,<br />
was nicht heißt, daß der Bauer nun gerade eigens se<strong>in</strong><br />
Haus und <strong>die</strong> Bank davor erfassen müßte. Das Danebenstehen<br />
des Bauern ist e<strong>in</strong> Se<strong>in</strong> bei Entdecktem. Und umgekehrt: Wie<br />
steht das Haus neben dem Bauern? Es steht so wie neben der<br />
Bank; denn es hat ja nicht den Bauern als etwas Unverborgenes<br />
vor sich. Andererseits aber ist der Bauer auch nicht e<strong>in</strong> Vorhandenes.<br />
Wir können vorläufig sagen: Das Haus ist mit Bezug auf<br />
den Bauern im Umkreis des Vorhandenen vorhanden, was für<br />
den Bauern entdecktes ist. Dieser Umkreis des Entdeckten kann<br />
lm e<strong>in</strong>zelnen wechseln, aber immer nimmt das Dase<strong>in</strong> gleichsam<br />
e<strong>in</strong>en solchen Umkreis von Entdecktem mit sich; wo immer<br />
es SIch aufhält, bewegt es sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Umkreis, und<br />
dleses Sich bewegen ist immer e<strong>in</strong> Se<strong>in</strong> bei ... ; das Wobei kann<br />
mehr ,oder weniger nahe se<strong>in</strong>.<br />
Das ist alles recht simpel. Nehmen wir jetzt an, wir kommen<br />
aus großer Entfernung auf das Haus zu und wir sehen davor<br />
etwas stehen, es nimmt sich aus wie e<strong>in</strong> dicker Pfahl oder wie<br />
etwas, was vor dem Haus <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wiese e<strong>in</strong>gegraben ist. Plötzlich<br />
kommt <strong>die</strong>ser Pfahl <strong>in</strong> Bewegung, und zwar <strong>in</strong> der Richtung auf<br />
dle Haustür und verschw<strong>in</strong>det dar<strong>in</strong>. Und während wir <strong>die</strong>ses<br />
slch bewegende Vorhandene <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Bewegung erfahren, stellt<br />
es sich uns als Mensch heraus. Wie kommen wir dazu, e<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
Bewegung bef<strong>in</strong>dliches Vorhandenes, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Loch verschw<strong>in</strong>det,<br />
als Menschen zu nehmen, wo wir doch aus der<br />
großen Entfernung weder Gesicht noch Hände sehen, noch ihn<br />
sprechen hören? Aber er setzte sich von selbst <strong>in</strong> Bewegung.