Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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396 Zusammenhang von <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />
über das Phänomen Dargelegte sagt, das Phänomen, sei im<br />
Grunde auch wie <strong>die</strong> Sachen und <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge. Es ist deshalb e<strong>in</strong>e<br />
Oberflächlichkeit, weil der Paragraph, der dort den Begriff des<br />
Phänomens und der Phänomenologie entwickelt, ausdrücklich<br />
überschrieben ist: Der »Vorbegriff« der Phänomenologie, und<br />
weil später e<strong>in</strong>e große Abhandlung über Verstehen als Grundbestimmung<br />
der Transzendenz folgt. Der <strong>in</strong>nere Gehalt <strong>in</strong> der<br />
zentralen Bedeutung des Verstehens als Entwurf liegt dar<strong>in</strong>, daß<br />
das ursprüngliche Verstehen der Transzendenz als Entwerfen<br />
den Charakter der Konstruktion hat. Mit anderen Worten, <strong>Philosophie</strong>ren<br />
ist se<strong>in</strong>em <strong>in</strong>neren Wesen nach Konstruktion.<br />
<strong>Philosophie</strong>ren ist <strong>die</strong>ses begreifende, durch Se<strong>in</strong>s- und Weltproblem<br />
angezeigte Geschehenlassen der Transzendenz aus<br />
ihrem Grunde; <strong>Philosophie</strong>ren ist ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren.<br />
Nun ergab sich, daß das Se<strong>in</strong>sproblem selbst nur möglich ist<br />
auf dem Grunde der Weltanschauung als Haltung; denn nur e<strong>in</strong><br />
In-der-Welt-se<strong>in</strong>, das von Grund aus sich bestimmt als Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem Seienden im Ganzen, kann und muß <strong>die</strong><br />
Se<strong>in</strong>sfrage stellen. Zugleich sahen wir: Das Se<strong>in</strong>sproblem entrollt<br />
sich zum Weltproblem. Daran wird nun erst recht offenkundig,<br />
daß solche Problematik der Welt selbst nur da möglich<br />
ist, wo das In-der-Welt-se<strong>in</strong> als solches, das Dase<strong>in</strong> selbst, sich<br />
selbst <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit e<strong>in</strong>bezieht, d. h. <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Se<strong>in</strong> ausdrücklich wird.<br />
<strong>Philosophie</strong>ren als E<strong>in</strong>heit der Problematik von Se<strong>in</strong> und<br />
Welt, als ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren, geschieht nur auf dem<br />
Grunde der Weltanschauung als Haltung. <strong>Philosophie</strong>ren ist<br />
Weltanschauung als Haltung. Aber wir müssen nach dem jetzt<br />
Gewonnenen noch wesentlich mehr sagen: Das <strong>Philosophie</strong>ren<br />
als ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren ist e<strong>in</strong> Geschehenlassen der<br />
Transzendenz des Dase<strong>in</strong>s aus ihrem Grunde, d.h. im <strong>Philosophie</strong>ren<br />
geschieht <strong>die</strong> ursprünglichste mögliche Haltung.<br />
§ 46. <strong>Philosophie</strong> als Grund-haltung:<br />
Geschehenlassen der Transzendenz aus ihrem Grunde<br />
<strong>Philosophie</strong>ren ist nicht e<strong>in</strong>e Weltanschauung als Haltung unter<br />
anderen, sondern sie ist <strong>die</strong> Grund-haltung schlechth<strong>in</strong>. Erst im<br />
ausdrücklichen Geschehenlassen der Transzendenz, im Aufbrechen<br />
der <strong>in</strong>neren Weite und Ursprünglichkeit derselben öffnen<br />
sich <strong>die</strong> konkreten Möglichkeiten der Haltung. Diese konkreten<br />
Möglichkeiten aber bestimmen sich nicht auf dem Wege der<br />
<strong>Philosophie</strong>, sondern aus dem jeweiligen Dase<strong>in</strong> selbst. Gerade<br />
weil aber <strong>Philosophie</strong>ren als ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren<br />
Grund-haltung ist, ist es nicht ihr Wesen und ihre Aufgabe, e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Haltung auszubilden, um sie als maßgebend zu verkünden<br />
oder gar verme<strong>in</strong>tlich <strong>in</strong> <strong>die</strong> anderen h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zupflanzen.<br />
Je re<strong>in</strong>er sie sich selbst versteht, je re<strong>in</strong>er ihr nur liegt am Geschehenlassen<br />
der Transzendenz- aus ihrem Grunde, um so<br />
re<strong>in</strong>er und unmittelbarer genügt sie dem, was sie mit Rücksicht<br />
auf faKtische Weltanschauungs bildung alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong> kann, für <strong>die</strong><br />
je faktisch existierenden Menschen Veranlassung zu se<strong>in</strong> für das<br />
Aufbrechen der Möglichkeiten e<strong>in</strong>er Haltung <strong>in</strong> ihnen. Je ursprünglicher<br />
<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> philosophiert, also e<strong>in</strong> Geschehenlassen<br />
der Transzendenz ist, um so freier und unverb<strong>in</strong>dlicher ist<br />
sie Mitgeschehenlassen je e<strong>in</strong>er Haltung im Dase<strong>in</strong> des anderen.<br />
Denn das philosophische Dase<strong>in</strong> ist se<strong>in</strong>em Wesen nach<br />
Mitse<strong>in</strong> mit anderen. Je unverb<strong>in</strong>dlicher aber <strong>in</strong> sich <strong>die</strong> Grundhaltung<br />
ist, um so erweckender kann ihr Geschehen se<strong>in</strong>.<br />
e Daraus wird das Verhältnis von <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />
erst vollends deutlich: <strong>Philosophie</strong> ist Grund-haltung<br />
heißt 1. nur <strong>in</strong> der Weltanschauung als Haltung ist <strong>Philosophie</strong>ren<br />
möglich; 2. das <strong>Philosophie</strong>ren selbst bildet <strong>in</strong> der gekennzeichneten<br />
Weise »<strong>die</strong> Voraussetzungen« der Möglichkeiten der<br />
konkreten Weltanschauung als Haltung aus; 3. es ist selbst aber<br />
weder e<strong>in</strong> exemplarischer thematischer Aufbau e<strong>in</strong>er Weltanschauung,<br />
noch gar <strong>die</strong> Verkündigung e<strong>in</strong>er solchen, sondern<br />
Geschehenlassen der Transzendenz aus ihrem Grunde. Philoso-