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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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176 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wissenschaft<br />

deIn angewiesen auf solches, worauf es sich bezieht. Wir hörten<br />

ferner, das ayatl'ov aXQoLa1:Ov solle bleibend se<strong>in</strong>; aber das Seiende<br />

wechselt doch, entsteht und vergeht und bietet nicht ohne weiteres<br />

bleibenden Besitz. Wie müßte Aristoteles hierauf antworten?<br />

Gewiß, das tl'EffiQELV bezieht sich auf 'tu OVLa; aber im<br />

eigentlichen S<strong>in</strong>ne seiend ist nur, was nie nicht, d.h. was immer<br />

seiend ist, ad Ov. Nur sofern sich <strong>die</strong> re<strong>in</strong>e Betrachtung auf das<br />

Immerseiende richtet, gibt sie sich als <strong>die</strong>sem Verweilen beim<br />

Bleibenden selbst den Charakter der Beständigkeit.<br />

Aber freilich ist nur <strong>in</strong> verstärktem Maße gezeigt, daß <strong>die</strong><br />

tl'EffiQi.a als 3tQasL~ auf E'tEQOV, auf anderes angewiesen ist. Inwiefern<br />

kann sie dann au'to'teA:ll~ se<strong>in</strong> und auf Grund <strong>die</strong>ses Charakters erst<br />

e<strong>in</strong> OtXELOV ayatl'Ov avtl'Qo)3tou? Inwiefern ist <strong>die</strong> {l'effiQta e<strong>in</strong>e 3tQasL~<br />

aU1:O'tEAtl~, auf das Seiende gerichtet und doch 'tEAO~ im Dase<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />

sich <strong>die</strong> Vollendung, wo sie doch gerade auf das Seiende gerichtet<br />

ist, von sich, der Handlung weg? Gerade das Wesen der Handlung,<br />

damit sie selbst als 'tEAO~ se<strong>in</strong> kann, braucht zwar dabei nicht<br />

erfaßt zu se<strong>in</strong>. Die Gegenstände s<strong>in</strong>d aber doch E'tEQOV.<br />

Welchen Charakter hat dann das tl'EffiQELV? Aristoteles zeigt <strong>in</strong><br />

der Nikomachischen Ethik Z ganz klar, es besteht im,clATjtl'EuELv,<br />

im Offenbarmachen des Seienden; <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser 3tQas~ wird nicht<br />

Seiendes bearbeitet, sondern <strong>die</strong> Unverborgenheit des Seienden<br />

erhandelt, d.h. das Handeln ist e<strong>in</strong> zum Geschehen-br<strong>in</strong>gen der<br />

Unverborgenheit, der Wahrheit. Diese aber ist e<strong>in</strong>e Wesensbestimmung<br />

des Dase<strong>in</strong>s - nach unserer Interpretation, nicht der<br />

traditionellen - als existierendem handelndem Dase<strong>in</strong> und Inder-Wahrheit-se<strong>in</strong>.<br />

tl'EffiQELV ist <strong>in</strong> der Tat e<strong>in</strong> solches Handeln, das<br />

als offenbar machendes nur Offenbarkeit geschehen läßt, <strong>die</strong>,<br />

selbst zum Dase<strong>in</strong> gehörig, <strong>die</strong>ses zu dem br<strong>in</strong>gt, was es se<strong>in</strong> kann,<br />

sofern es qua existierendes <strong>in</strong> der Wahrheit ist, e<strong>in</strong>e Wesensmöglichkeit<br />

des Dase<strong>in</strong>s. Wenn <strong>die</strong>ses Geschehen selbst sich als<br />

»Ende« und Vollendung faßt, dann geschieht gerade Offenbarkeit<br />

des Seienden.<br />

Gewiß ist das tl'EffiQELV auf das Seiende gerichtet; gewiß ist so<br />

<strong>die</strong>ses Handeln auf etwas geridnet, was es nicht selbst ist, aber<br />

§ 24. Zusammengehöngkelt von Theorie und Praxis 177<br />

das tl'EOOQELV hat nicht zum Ziel, das Seiende gleichsam herzustellen<br />

bzw. <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em S<strong>in</strong>n zu gestalten, zu bearbeiten, sondern<br />

"ne <strong>die</strong> Bezeichnung sagt, es lediglich zu betrachten. Es kommt<br />

nur auf <strong>die</strong> Erkenntnis des Seienden als solchen an, d.h. auf <strong>die</strong><br />

Offenbarkeit des Seienden, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der nur betrachtenden Erkenntnis<br />

erwächst. Jetzt wird deutlich, wie entscheidend <strong>die</strong><br />

rechte Herausarbeitung des Wahrheitsbegriffes ist; jetzt erst wird<br />

EWguXEV, ÖQa verständlich: gerade das Seiende, so wie es ist, se<strong>in</strong> zu<br />

lassen, d.h. aber ihm <strong>die</strong> Unverborgenheit zu gewähren, als betrachtendes<br />

Dase<strong>in</strong> sich <strong>in</strong> solcher Offenbarkeit zu halten.<br />

Das 'seiende <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Unverborgenheit, 'to ov aATjtl'E~ ist es,<br />

worumwillen das tl'EffiQELV handelt. Daher sagen <strong>die</strong> Griechen sehr<br />

oft, wenn sie davon sprechen, daß <strong>die</strong> betrachtende Erkenntnis<br />

das Seiende erforsche, sie erforsche <strong>die</strong> Wahrheit, d.h. aber griechIsch)<br />

das Seiende <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Unverborgenheit. Die Wahrheit <strong>in</strong><br />

dlesem S<strong>in</strong>ne ist das 'tEAO~, das, wor<strong>in</strong> sich <strong>die</strong>ses Handeln als das<br />

In-der-Wahrheit-se<strong>in</strong> vollendet. ayatl'ov, ou EVExa, worumwillen<br />

gehandelt wird, ist Unverborgenheit, <strong>die</strong>se aber Wesensbestimmung<br />

des Dase<strong>in</strong>s selbst.<br />

Warum nun der ßtO~ {l'effiQTj'tLXO~ für <strong>die</strong> Griechen (Platon, Aristoteles)<br />

der höchste wurde und ob er das schlechth<strong>in</strong> ist und <strong>in</strong><br />

welchem S<strong>in</strong>ne, können wir im e<strong>in</strong>zelnen nicht erörtern. Für uns<br />

bleibt als wesentliches Resultat, daß {l'effiQeLV im Wesenszusammenhang<br />

mit 3tQasL~ (Existenz, Dase<strong>in</strong>) und Wahrheit, Unverborgenheit<br />

steht, und zwar Erkenntnis des ovals ad OV, des<br />

Immerseienden. E<strong>in</strong>e Zweideutigkeit besteht noch: a) nicht nur<br />

em bestimmtes Gebiet von Seiendem, das <strong>die</strong>se Se<strong>in</strong>sart hat -<br />

grundsätzliche Unklarheit über Ontologie als allgeme<strong>in</strong>e Ontik -,<br />

sondern b) das Se<strong>in</strong> jedes Seienden als »Wesen«, das Immerwährende<br />

an jedem Seienden, was immer schon angetroffen wird an<br />

lhm.<br />

Doch das haben wir schon ause<strong>in</strong>andergelegt im Anschluß an<br />

<strong>die</strong> traditionelle Def<strong>in</strong>ition der Wissenschaft, <strong>in</strong>dem wir den tradltlOnellen<br />

Wahrheitsbegriffradikaler faßten und sahen: Wissenschaft<br />

ist e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit, e<strong>in</strong>e Weise des In-der-Wahrheit-

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