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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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156 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wissenschaft<br />

§ 22. Bestimmung des Wesens der Wissenschaft<br />

157<br />

Mö~l~chkeit bestimmt .wird. ~o ergibt sich <strong>die</strong> Rückführung des<br />

tradmonellen Wahrheltsbegnffs, der Satzwahrheit, auf <strong>die</strong> Ursprüngliche<br />

Unverborgenheit des Dase<strong>in</strong>s, <strong>die</strong> wir kurz <strong>die</strong><br />

Erschlossenheit nannten.<br />

Daß dem so ist, muß sich daran bewähren, ob und wie es nUn<br />

gel<strong>in</strong>gt, aus der gewonnenen Wesens bestimmung der Wahrheit<br />

heraus den Begriff der Wissenschaft zu umgrenzen. Diese Interpretation<br />

des Wesens der Wissenschaft muß derart se<strong>in</strong>, daß<br />

sie uns zu e<strong>in</strong>em wirklichen Verständnis dessen verhilft, was <strong>in</strong><br />

der anfangs gekennzeichneten Krisis der Wissenschaft an ungeklärten<br />

Fragen sich verbirgt: Es war gerade das mögliche<br />

Verhältnis der Wissenschaft zur Existenz des Menschen, des E<strong>in</strong>zelnen<br />

und der geschichtlichen Kulturgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

§ 22. Die Bestimmung des Wesens der Wissenschaft aus dem<br />

ursprünglichen Wahrheitsbegriff<br />

Wir g<strong>in</strong>gen aus von der herrschenden Def<strong>in</strong>ition der Wissenschaft:<br />

Sie ist e<strong>in</strong> Begründungszusammenhang wahrer Sätze,<br />

<strong>die</strong> gelten, e<strong>in</strong> Zusammenhang von Wahrheiten, s~fern eben<br />

Wahrheit gleichbedeutend ist mit e<strong>in</strong>em wahren Satz. Wissenschaft<br />

ist e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit. Wir haben <strong>die</strong>se Kennzeichnung<br />

festgehalten, aber so, daß wir nun fragen, was Wahrheit<br />

selbst besage und ob Wahrheit primär Satzwahrheit sei. Nun<br />

ergab sich: Das Wesen der Wahrheit ist Unverborgenheit von<br />

Seiendem, und <strong>die</strong>se Unverborgenheit gehört zur Existenz des<br />

Dase<strong>in</strong>s. Nur weil Wahrheit im ursprünglichen S<strong>in</strong>ne Unverborgenheit<br />

des Dase<strong>in</strong>s ist, kann sie im abgeleiteten S<strong>in</strong>ne auch<br />

e<strong>in</strong>e Bestimmung der Aussage über das Seiende werden, welche<br />

Aussagen das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Se<strong>in</strong> bei, zu und mit Seiendem<br />

vollzieht.<br />

So ergibt sich zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> vorgreifenden Überlegung:<br />

Wenn Wissenschaft überhaupt <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise e<strong>in</strong>e<br />

Art von Wahrheit ist, Wahrheit"'als Unverborgenheit jedoch zur<br />

verfassung des existierenden Dase<strong>in</strong>s gehört, dann ist<br />

,\esens .. .<br />

_. schaft im ursprünghchen Smne notwendIg solches, was<br />

\\ ISsen . ..<br />

Existenz des Dasems gehört. Das besagt: WIssenschaft 1st<br />

~~~ht nur beiläUfig und nachträglich auch noch auf menschliches<br />

Dase<strong>in</strong> bezogen, auch nicht nur durch das menschliche<br />

Dase<strong>in</strong> hervorgebracht, sondern sie ist als e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit<br />

e<strong>in</strong>e VVesensbestimmung des Dase<strong>in</strong>s; sie bedeutet nichts anderes<br />

als e<strong>in</strong>e besondere Art und Weise des In-der-Wahrheit-se<strong>in</strong>s.<br />

Damit ist nicht gesagt, daß jedes Dase<strong>in</strong> als solches notwendig<br />

Wissenschaft treiben müßte. Wissenschaft gehört zur Existenz<br />

des Menschen, besagt: Die <strong>in</strong>nere Möglichkeit, nicht erst <strong>die</strong><br />

faktische Hervorbr<strong>in</strong>gung von Wissenschaft gründet im Wesen<br />

der Wahrheit als e<strong>in</strong>em Wesensbestandstück der Se<strong>in</strong>sverfassung<br />

des Dase<strong>in</strong>s. Zum Wesen <strong>die</strong>ser <strong>in</strong>neren Möglichkeit<br />

gehört, daß <strong>die</strong> Wissenschaft selbst wieder e<strong>in</strong>e freie Möglichkeit<br />

des Dase<strong>in</strong>s"ist, d. h. nicht schlechth<strong>in</strong> notwendig; denn es<br />

ergab sich: In der Wahrheit se<strong>in</strong> ist wesenhaft und durch <strong>die</strong>ses<br />

ist schon Seiendes offenbar. Wahrheit besagt Unverborgenheit<br />

des Da-se<strong>in</strong>s, Wissenschaft e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit. Also ist Wissenschaft<br />

e<strong>in</strong>e Art der Unverborgenheit des Dase<strong>in</strong>s, d.h. e<strong>in</strong><br />

Wie der menschlichen Existenz. Hierdurch ist grundsätzlich der<br />

Horizont gewonnen für e<strong>in</strong>e Interpretation der Wissenschaft<br />

aus der Existenzverfassung des Dase<strong>in</strong>s oder kur.z, für e<strong>in</strong>en<br />

existenzialen Begriff der Wissenschaft. Die unverstandene Tendenz<br />

nach e<strong>in</strong>er solchen Klärung der Idee der Wissenschaft ist es<br />

aber, was <strong>die</strong> Krisis der Wissenschaft im Grunde hervorruft und<br />

durchherrscht.<br />

Es gilt jetzt, '<strong>die</strong>sen existenzialen Begriff der Wissenschaft<br />

auszuarbeiten, um durch <strong>die</strong> Ausarbeitung des Begriffes der<br />

V. issenschaft <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser selbst an e<strong>in</strong>e Grenze zu stoßen, um konkret<br />

zu sehen, daß <strong>die</strong> Wissenschaft gerade, um das zu se<strong>in</strong>, was<br />

'1f' ihrem Wesen nach se<strong>in</strong> kann, schon und noch etwas mehr,<br />

f'twas anderes und Ursprünglicheres se<strong>in</strong> muß. Dieses andere<br />

weist sich als <strong>Philosophie</strong> aus. Wir vergleichen also nicht, wie<br />

,('hon betontt, Wissenschaft und <strong>Philosophie</strong> als feste Größen,

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