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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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376 Das Problem der Weltanschauung<br />

denz. In der Weltanschauung als Haltung wird das Jn-der­<br />

Welt-se<strong>in</strong> als solches wesentlicher. Das Dase<strong>in</strong> ergreift selbst<br />

se<strong>in</strong>e Möglichkeiten des Verhaltens zum Seienden im Ganzen.<br />

Das Transzen<strong>die</strong>ren wird ausdrücklich. In der Weltanschauung<br />

als Haltung ist e<strong>in</strong> ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren, d.h. aber<br />

nach früherem: <strong>Philosophie</strong>ren. Mit dem Geschehen und der<br />

Ausbildung der Weltanschauung als Haltung geschieht das <strong>Philosophie</strong>ren.<br />

Also ist <strong>Philosophie</strong>ren das Ausbilden der Weltanschauung<br />

als Haltung, Haltung <strong>die</strong> philosophische Weltanschauung.<br />

§ 43. Zum <strong>in</strong>neren Verhältnis von Weltanschauung<br />

als Haltung und <strong>Philosophie</strong><br />

a) Zur Problematik <strong>die</strong>ses Verhältnisses<br />

Unser Problem ist das Verhältnis von Weltanschauung und <strong>Philosophie</strong>,<br />

genauer <strong>die</strong> Bestimmung <strong>die</strong>ser durch jene. Im Anschluß<br />

an e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Klärung des Wesens, das sich als zum<br />

In-der-Welt-se<strong>in</strong> gehörig herausstellte, g<strong>in</strong>gen wir dazu über,<br />

zwei Grundformen der Weltanschauung herauszuarbeiten: Bergung<br />

und Haltung. Als Eigentümlichkeit der letzteren 'bekundete<br />

sich e<strong>in</strong> Vorrang des Dase<strong>in</strong>s. Dieser Vorrang ist zunächst<br />

gegeben auf Grund der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Seienden,<br />

<strong>die</strong> zum Wesen der Haltung gehört. Bei der Kennzeichnung<br />

<strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung habe ich darauf h<strong>in</strong>gewiesen, daß<br />

alles Erkennnen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Grundtendenz auf e<strong>in</strong> Beherrschen,<br />

e<strong>in</strong> Herrwerden über abzielt, und daß damit <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />

der Durchforschung des Seienden auf se<strong>in</strong>e Gesetzlichkeit gegeben<br />

ist. Aber das hat mit Pragmatismus nichts zu tun, der<br />

Wahrse<strong>in</strong> gleichsetzt dem Nutzeffekt. Nicht <strong>die</strong>ser, sondern das<br />

Seiende selbst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Was und Wie entscheidet über <strong>die</strong><br />

Wahrheit der Erkenntnis. Aber das Seiende kann das nur, wenn<br />

es daraufh<strong>in</strong> befragt wird, und <strong>die</strong>ses Fragen, zur Rede stellen<br />

§ 4J. Haltung und <strong>Philosophie</strong> 377<br />

des Seienden ist e;i,n Sichause<strong>in</strong>andersetzen mit ihm. E<strong>in</strong> bloßes<br />

Begaffen vermag nie zu entdecken.<br />

Die Eigentümlichkeit der Weltanschauung als Haltung und<br />

das Merkwürdige, daß <strong>in</strong> ihr das Dase<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Vorrang erhält,<br />

sollte sich für uns gerade dar<strong>in</strong> zeigen, daß sie drei Formen der<br />

Entartung ausbildet. Die Grundform der Entartung liegt <strong>in</strong> der<br />

Haltung selbst, sofern das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihr ausdrücklich wird. Wenn<br />

wir das Positive dessen, was <strong>in</strong> den Formen der Entartung herauskommt,<br />

zu fassen suchen, so ist es dasjenige Moment, das<br />

wesensmäßig zur Haltung gehört, und das wir bezeichnen als <strong>die</strong><br />

Sammlung des Dase<strong>in</strong>s. Wir wissen, daß zum Dase<strong>in</strong> notwendig<br />

gehört <strong>die</strong> dreifache Streuung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bezüge zum Seienden, den<br />

Objekten, zum Mitdase<strong>in</strong> anderer und zu sich selbst, und daß das<br />

Dase<strong>in</strong> <strong>die</strong> Tendenz hat, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>die</strong>ser Bezüge sich zu verlieren,<br />

<strong>in</strong> ihm aufzugehen, ihn zu verabsolutieren. Das Wesentliche der<br />

Weltanschauung als Haltung besteht nicht nur dar<strong>in</strong>, das Ganze<br />

des Dase<strong>in</strong>s nach <strong>die</strong>sen drei Richtungen zu gew<strong>in</strong>nen, sondern<br />

sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sammlung zu halten. Haltung ist daher <strong>in</strong> sich<br />

Sammlung der Streuung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ursprünglichkeit des Da-se<strong>in</strong>s im<br />

Menschen. Sammlung ist der ursprüngliche Charakter, der <strong>in</strong><br />

den genannten Formen der Entartung aus der Art schlägt.<br />

Es geht um Sammlung statt Subjektivismus und Individualismus;<br />

alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Form der Entartung ist nicht beiläufig,<br />

sondern zum Wesen des Dase<strong>in</strong>s selbst gehörig, hier <strong>in</strong> Haltung<br />

wie dort im mythischen Dase<strong>in</strong>. Auf <strong>die</strong> verschiedenen anderen<br />

Modifikationen der Entartung gehe ich nicht e<strong>in</strong>, besonders<br />

nicht auf den Individualismus <strong>in</strong> allen se<strong>in</strong>en Schattierungen<br />

und nicht auf das, was man als Aufklärung, besser Aufklärerei<br />

bezeichnet, so daß man den eigenen Verstand zum Richtmaß<br />

und Herrn über alles macht. Kant: »Habe Muth, Dich De<strong>in</strong>es<br />

eigenen Verstandes zu be<strong>die</strong>nen«.'<br />

• 1 Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklarung? Immanuel<br />

Kants gesammelte Schriften. Hrsg. von der Koniglich Preußischen Akademie<br />

der Wissenschaften. Band VIII, Berl<strong>in</strong> 1920. S.35.

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