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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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§ 8. Frage nach der WlSsenschaft aus lhrer Krisis 27<br />

ZWEITES KAPITEL<br />

Die Frage nach dem Wesen der Wissenschaft<br />

§ 8. Vorläufige Frage nach dem Wesen der Wissenschaft<br />

aus ihrer KriSiS<br />

Um nun aber zu klären, wie Wissenschaft als solche <strong>in</strong> der<br />

<strong>Philosophie</strong> liegt, so zwar, daß <strong>Philosophie</strong> nie Wissenschaft<br />

genannt werden darf, ist das Wesen von Wissenschaft vorläufig<br />

zu bestimmen.<br />

Die Frage, was Wissenschaft sei, wurde von den Griechen oft<br />

gestellt, sie ist alt, d. h. immer neu. Es ist e<strong>in</strong>e jener Fragen, <strong>die</strong><br />

nicht dadurch zur Ruhe kommen, daß man e<strong>in</strong>e handliche Def<strong>in</strong>ition<br />

bereit hat. Die Frage nach dem Wesen der Wissenschaft<br />

drängt vielmehr zu e<strong>in</strong>er grundsätzlichen Bes<strong>in</strong>nung. Wenn,<br />

wie wir behaupteten, Wissenschaft e<strong>in</strong>e der Mächte unseres<br />

Dase<strong>in</strong>s ist, dann bestimmt sie <strong>die</strong>ses nicht nur, sondern br<strong>in</strong>gt,<br />

wie alles Wesentliche, e<strong>in</strong>e spezifische Un-ruhe <strong>in</strong> das Dase<strong>in</strong>.<br />

Es ist ke<strong>in</strong> Zufall, wenngleich durch mancherlei äußere Verhältnisse<br />

veranlaßt, daß man <strong>in</strong> unsrer Zeit vielfach von der<br />

Krisis der Wissenschaft spricht, nicht nur von der Krisis <strong>die</strong>ser<br />

oder jener Wissenschaft, etwa der KriSiS der Physik oder der<br />

Krisis der Geisteswissenschaften <strong>in</strong> der momentanen Erschütterung<br />

durch Os wald Spengler. Man spürt e<strong>in</strong>e Krisis der<br />

Wissenschaft schlechth<strong>in</strong>. Freilich heute - gegenüber der Lage<br />

vor wenigen Jahren - ist schon wieder deutlicher zu erkennen,<br />

daß man versucht, <strong>die</strong>ser erwachenden Krisis auszuweichen und<br />

alle Beunruhigung fernzuhalten. Die allgeme<strong>in</strong>e Biederkeit hat<br />

wieder <strong>die</strong> Oberhand. Das ist für uns freilich ke<strong>in</strong> Grund, nun<br />

auch <strong>die</strong> Augen zu schließen vor der Krisis, schon e<strong>in</strong>zig deshalb<br />

nicht, weil <strong>die</strong>se Krisis ke<strong>in</strong>e zufällige Nachkriegsersche<strong>in</strong>ung<br />

ist, wie <strong>die</strong> meisten me<strong>in</strong>en, sondern latent III der Wissenschaft<br />

liegt. Wenn <strong>die</strong> Krisis zum Wesen der Wissenschaft gehört, kann<br />

e<strong>in</strong>e Bes<strong>in</strong>nung auf sie uns dem Wesen der Wissenschaft näherbr<strong>in</strong>gen.<br />

Durch e<strong>in</strong>e Kennzeichnung der heutigen Krisis der<br />

Wissenschaft wollen wir nicht nur über <strong>die</strong> heutige geistige<br />

Lage etwas erfahren, sondern dabei etwas vom Wesen der Wissenschaft<br />

zu fassen versuchen.<br />

Wir können von e<strong>in</strong>er dreifachen Krisis der Wissenschaft<br />

sprechen, <strong>die</strong> faktisch heute <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Wissenschaften<br />

verschieden gelagert, <strong>in</strong> verschiedenen Graden ausdrücklich<br />

und verschärft ist.<br />

1. Die Krisis im <strong>in</strong>neren Wesensbau der Wissenschaft selbst.<br />

2. Die Krisis der Wissenschaft h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Stellung im<br />

Ganzen unseres geschichtlich-gesellschaftlichen Dase<strong>in</strong>s.<br />

3. Die Krisis im Verhältnis des E<strong>in</strong>zelnen zur Wissenschaft<br />

selbst.<br />

Es würde freilich weit tiber <strong>die</strong> Grenzen <strong>die</strong>ser Vorlesung<br />

h<strong>in</strong>ausgehen und e<strong>in</strong> Durchdenken der hemmenden und treibenden<br />

<strong>in</strong>nersten Kräfte unserer Zeit erfordern, wollten wir<br />

versuchen, <strong>die</strong> Krisis <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen drei H<strong>in</strong>sichten e<strong>in</strong>gehender zu<br />

schildern. E<strong>in</strong>zelne H<strong>in</strong>weise für <strong>die</strong> geforderte Kennzeichnung<br />

des Wesens der Wissenschaft müssen genügen. Zugleich ergibt<br />

sich aber e<strong>in</strong>e Bes<strong>in</strong>nung, <strong>die</strong> auch für spätere Überlegungen<br />

bezüglich der <strong>Philosophie</strong> als solcher für uns wichtig ist.<br />

a) Die Krisis im Verhältnis des E<strong>in</strong>zelnen zur Wissenschaft<br />

Wir beg<strong>in</strong>nen mit der letztgenannten Krisis: der Stellung des<br />

E<strong>in</strong>zelnen zur Wissenschaft. Nach dem Krieg g<strong>in</strong>g der Ruf von<br />

der Revolution der Wissenschaft um. E<strong>in</strong>e romantische Jugend<br />

wollte über Nacht <strong>die</strong> alte akademische Wissenschaft ausrotten<br />

und durch e<strong>in</strong>e neue ersetzen. Was sich hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er etwas<br />

lärmenden Form ausprägte, war freilich nicht nur e<strong>in</strong>e Nachkriegsersche<strong>in</strong>ung,<br />

sondern <strong>in</strong> den Jahren unmittelbar vor 1914,<br />

als unsere Generation stu<strong>die</strong>rte und uns überhaupt mchts zu

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