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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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316 Weltanschauung und In-der-Welt-sem<br />

§ 36. Welt als »Sp[el des Lebens«<br />

317<br />

würdiges Phänomen zu verdeutlichen versucht, das auf den<br />

ersten Blick wenig geeignet ersche<strong>in</strong>t, das Grundphänomen des<br />

Dase<strong>in</strong>s, <strong>die</strong> Transzendenz, zu kennzeichnen: das In-der-Weltse<strong>in</strong><br />

oder <strong>die</strong> Welt als Spiel. Dieser Ausdruck ist, wie schon <strong>die</strong><br />

Erwähnung des kantischen Sprachgebrauches anzeigt, nicht<br />

willkürlich.<br />

Daß wir das Leben, das In-der-Welt-se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Welt selbst als<br />

Spiel betrachten, hat se<strong>in</strong>e Gründe. Es kommt darauf an, uber<br />

den vulgären Ausdruck und se<strong>in</strong>e Bedeutung h<strong>in</strong>auszukommen,<br />

nicht <strong>in</strong> der Weise, daß wir uns e<strong>in</strong>en Begriff des Spiels zurechtlegen<br />

und dann auf das Dase<strong>in</strong> anwenden, <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, daß das<br />

Dase<strong>in</strong> e<strong>in</strong> vergrößertes Spiel wäre, im Unterschied von gewöhnlichen<br />

Spielzeugen. Vielmehr soll uns das Phänomen des<br />

Spiels <strong>die</strong> Anweisung geben auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heitlichkeit e<strong>in</strong>es Geschehens,<br />

das <strong>die</strong> Transzendenz im Grunde bestimmt.<br />

Wir nehmen nochmals <strong>in</strong> vier Punkten <strong>die</strong> Grundcharaktere<br />

dessen zusammen, was wir als Spiel herausstellen wollen, und<br />

zwar jetzt, um <strong>die</strong> E<strong>in</strong>heitlichkeit und Bewegtheit des Phänomens<br />

zu betonen.<br />

1. Spielen ist e<strong>in</strong> freies Bilden, das je se<strong>in</strong>e eigene E<strong>in</strong>stImmigkeit<br />

hat, sofern es sich SIe im Spielen bildet.<br />

2. Spielen ist damit, obzwar freies Bilden, gerade <strong>die</strong> B<strong>in</strong>dung,<br />

aber nicht e<strong>in</strong> abgelöstes Gebilde, sondern das bIldende<br />

Sichb<strong>in</strong>den an und <strong>in</strong> das spielende Bilden selbst.<br />

3. SpIelen ist daher nie e<strong>in</strong> Verhalten zu e<strong>in</strong>em Gegenstand,<br />

überhaupt ke<strong>in</strong> bloßes Verhalten zu ... , sondern das Spielen des<br />

Spiels und Spiel des Spielens zumal e<strong>in</strong> ursprünglich <strong>in</strong> sich<br />

unzertrennliches Geschehen.<br />

4. Spielen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem S<strong>in</strong>ne nennen wir das In-der-Welt-Sem,<br />

<strong>die</strong> Transzendenz, <strong>die</strong> wir zunächst immer kennzeichneten als<br />

Überstieg über das Seiende. Das In-der-Welt-se<strong>in</strong> hat immer<br />

schon zuvor das Seiende überspielt und umspielt; <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem<br />

Spielen bildet es allererst den Raum, sogar im wirklichen S<strong>in</strong>ne,<br />

<strong>in</strong>nerhalb dessen wir Seiendes antreffen.<br />

c) Die Korrelation von Se<strong>in</strong> und Denken.<br />

Ihre Verengung <strong>in</strong> der »logischen« Auslegung<br />

des Se<strong>in</strong>sverständnisses<br />

Wenn wir nun, <strong>in</strong> den Grenzen der bisherigen Erörterung bleibend,<br />

<strong>die</strong> Transzendenz qua Se<strong>in</strong>sverständnis als Spiel fassen,<br />

stoßen wir gerade hier auf <strong>die</strong> größten Schwierigkeiten. Se<strong>in</strong>sverständnis<br />

ist wesenhaft zum Spiel der Transzendenz gehörig,<br />

also selbst e<strong>in</strong> Spiel. 2<br />

Er<strong>in</strong>nern wir kurz daran, daß bei Platon erstmals ausdrücklich<br />

das Semsverständnis als Problem heraustrat und daß es se<strong>in</strong>e<br />

Losung <strong>in</strong> dem fand, was man gewöhnlIch Ideenlehre nennt.<br />

Idee ist das, was am Seienden als es selbst gesichtet wird, was am<br />

Seienden das Seiende ist, das Wasse<strong>in</strong> der D<strong>in</strong>ge oder ihr Wesen.<br />

Hier zeigt sich, daß <strong>die</strong> Idee und ihre Bestimmung <strong>in</strong> Korrelation<br />

zum "A.oyor;, gesetzt werden. Freilich wäre es zu weit gegangen,<br />

wonten wir sagen, sie sei der Ursprung schlechth<strong>in</strong>; gleichwohl<br />

1st <strong>die</strong>ser Schritt, den <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> hier vollzog, von entscheidender<br />

Bedeutung geworden. Er prägt sich, kurz gesagt, <strong>in</strong> der<br />

nachkommenden Geschichte der <strong>Philosophie</strong> dar<strong>in</strong> aus, daß das<br />

»Se<strong>in</strong>« Korrelat des "A.oyor;" der ratlO, Vernunft wird.<br />

Die grandioseste Ausgestaltung fand <strong>die</strong>se Korrelation <strong>in</strong> Hegels<br />

»Logik«, <strong>die</strong> nichts anderes darstellen soll als das absolute<br />

Selbstwissen der Vernunft um sich selbst; dem Inhalt nach ist,<br />

und zwar mit klarem Bewußtse<strong>in</strong>, <strong>die</strong>ses Werk Metaphysik, totale<br />

,Erkenntnis des Se<strong>in</strong>s; aber nicht ohne Grund nennt Hegel<br />

SIe »Logik«, um auszudrücken, daß das Ganze des Se<strong>in</strong>s (Substanzialitat)<br />

<strong>in</strong> weitestem S<strong>in</strong>ne zentriert <strong>in</strong> der Vernunft (Sub­<br />

Jektivität) ist. Das Wesen des Se<strong>in</strong>s liegt also im Subjekt. Se<strong>in</strong><br />

2 Semsverstandms als SpIel; von hier aus 1st Transzendenz, In-der-Welt­<br />

S('Ill, Welt, Weltanschauung zu begreIfen. HIerzu 1st notwendIg, deutlIcher als<br />

bisher zu erklaren »Se<strong>in</strong>sverstanduIs« - dIe Art, WIe es bIsher gefaßt wurde,<br />

um daran zu ennessen, was unser Versuch beansprucht. Jetzt mcht mehr mIthoren<br />

das Herabsetzende, SpIel, »nur«, »bloß«, umgekehrt ansehen, Macht 1m<br />

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