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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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92 Wahrheit und Se<strong>in</strong><br />

sagen: Die Zwei s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander - und <strong>die</strong>s nicht nur, weil sie<br />

<strong>in</strong> der Nähe vone<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d. Sie s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander, obwohl sie<br />

sich mit Verschiedenem, aber doch <strong>in</strong> Absicht auf dasselbe beschäftigen,<br />

auf <strong>die</strong> Zubereitung der Mahlzeit und im weiteren<br />

auf das Besorgen ihres Aufenthalts <strong>in</strong> der Hütte; <strong>in</strong> Absicht auf<br />

Selbiges gehört das zum Wesen von Dase<strong>in</strong>.<br />

Wenn wir uns entsprechend vergegenwärtigen, daß jeder <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sem Saal auf e<strong>in</strong> beliebiges und je anderes Objekt gerichtet<br />

ist, dann existieren wir <strong>in</strong> gewisser Weise ause<strong>in</strong>ander. Wenn<br />

wir aber annehmen, daß <strong>die</strong>ses Gerichtetse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es jeden auf e<strong>in</strong><br />

verschiedenes Objekt <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en Aufgabe bestünde, den Saal<br />

zu beschreiben, dann wäre durch <strong>die</strong> Selbigkeit der Aufgabe das<br />

Mite<strong>in</strong>ander eigentlicher als zuvor. E<strong>in</strong> solches Sichverhalten<br />

mehrerer zu Selbigem ist e<strong>in</strong>e Weise, <strong>in</strong> der sich das Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong><br />

bekundet; vielleicht ist es e<strong>in</strong>e solche, <strong>die</strong> notwendig<br />

zum menschlichen Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> gehört.<br />

In der Tat ist also für das Mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>e Absicht auf Selbiges<br />

wesentlich.<br />

c) Selbigkeit<br />

Es zeigte sich: Die Selbigkeit dessen, wozu wir uns im Mite<strong>in</strong>ander<br />

verhalten, spielt für <strong>die</strong>ses Mite<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Rolle. Welche? Das ist dunkel; ja, es ist überhaupt ~icht klar, was<br />

hier mit Selbigkeit geme<strong>in</strong>t ist. Sie bedarf offensichtlich der<br />

näheren Bestimmung, wenn verständlich werden soll, <strong>in</strong>wiefern<br />

mit Recht gefragt werden kann: In welchem S<strong>in</strong>ne verhalten<br />

wir uns zu Selbigem und was heißt hier das Selbige? Für<br />

Selbigkeit hat man den Term<strong>in</strong>us Identität. Diese sche<strong>in</strong>t <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>fachste Sache von der Welt zu se<strong>in</strong>. Etwas ist mit sich identisch,<br />

das können wir von jedem Gegenstand sagen. Trotzdem<br />

reicht <strong>die</strong> angebliche E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> das, was Identität besagt, ganz<br />

und gar nicht aus, um uns Aufschluß zu geben über das, was wir<br />

me<strong>in</strong>en, wenn wir sagen: mehrere verhalten sich zum Selbigen,<br />

so daß <strong>die</strong>ses ihr Verhalten e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> ist. Wir müssen<br />

§ lJ. Se<strong>in</strong>sart und qjfenbarkeit 93<br />

daher konkret und schrittweise uns davon zu überzeugen versuchen,<br />

daß <strong>die</strong>ser landläufige Begriff der Identität hier<br />

schlechth<strong>in</strong> nicht ausreicht, d.h. wir müssen <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Begriffe<br />

von Identität an dem Phänomen, das wir hier verhandeln,<br />

dem Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> als Sichverhalten zum SeI bi gen, auf ihre<br />

Begriffsfähigkeit erproben.<br />

Das, wozu wir uns verhalten, das, wobei wir s<strong>in</strong>d, ist für uns<br />

dasselbe. Das kann heißen: Als das Seiende ändert es sich nicht.<br />

Aber muß etwas, um Selbiges zu se<strong>in</strong>, alle Änderung von sich<br />

weis'en? Ganz und gar nicht. Alles Veränderliche und sich Verändernde<br />

ist je solches nur, sofern es, dasselbe, anders wird.<br />

Bliebe es nicht es selbst, dann könnten wir nie sagen: Es hat sich<br />

verändert, sondern wir müßten sagen: an se<strong>in</strong>e Stelle ist e<strong>in</strong><br />

anderes getreten. Wir hätten ke<strong>in</strong>e Veränderung <strong>die</strong>ses Seienden,<br />

sondern nur <strong>die</strong> Auswechslung <strong>die</strong>ses Seienden durch e<strong>in</strong><br />

anderes. Aber auch bei <strong>die</strong>sem Vorgang der Auswechslung ist<br />

das e<strong>in</strong>e und das andere je mit sich identisch. Selbigkeit besagt<br />

also nicht e<strong>in</strong>fach Unveränderung. Wir verhalten uns ja auch zu<br />

e<strong>in</strong>em SeI bigen, wenn wir e<strong>in</strong>en Wagen vorbeifahren sehen, e<strong>in</strong><br />

Vorhandenes also, das <strong>in</strong> jedem Moment se<strong>in</strong>en Ort ändert. Veränderung<br />

- z.B. e<strong>in</strong> vorbeifahrender Wagen - schließt Identität<br />

nicht aus, sondern e<strong>in</strong>. Veränderung setzt immer voraus, daß e<strong>in</strong><br />

Bleibendes, Identisches sich durchhält.<br />

Was heißt aber dann, wir verhalten uns zum Selbigen, so<br />

zwar, daß sich <strong>in</strong> solchem Verhalten das Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> bekunden<br />

solL Es heißt nicht: Wir verhalten uns zu etwas, was sich<br />

nicht ändert. E<strong>in</strong> Selbiges, wozu wir uns verhalten, so daß <strong>die</strong>ses<br />

e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong> bei. . . ist, kann <strong>in</strong> Bewegung se<strong>in</strong> oder<br />

ruhen, ja es kann auch schlechth<strong>in</strong> außerhalb <strong>die</strong>ser Möglichkeiten<br />

stehen wie etwa <strong>die</strong> Zahl 5, <strong>die</strong> sich nicht bewegt, und<br />

zwar nicht deshalb nicht, weil sie ruhte. Sie kann nicht ruhen;<br />

ruhen kann nur, was sich bewegt. Ruhe ist nur e<strong>in</strong> Modus von<br />

Bewegung. Unser Se<strong>in</strong> bei der Kreide ist bei solchem, was ruht,<br />

d. h. grundsätzlich gesprochen, was <strong>in</strong> Bewegung ist. Diese Ruhe<br />

der D<strong>in</strong>ge ist nicht so belanglos, wie es sche<strong>in</strong>en möchte.

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