Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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142 Wahrheit - Dase<strong>in</strong> - Mit-se<strong>in</strong><br />
Sphäre gebannt bleibt, und zweitens weil er am puren D<strong>in</strong>gund<br />
Datenerfassen orientiert ist statt an konkreten Existenzbezügen.<br />
Wenn man das Se<strong>in</strong> bei ... ganz weit faßt, als Se<strong>in</strong> bei »Anderem«,<br />
<strong>in</strong>different Seiendem, das wir nicht s<strong>in</strong>d, so ist eben<br />
<strong>die</strong>se Indifferenz nicht <strong>die</strong> Unbestimmtheit der Leere, sondern<br />
der Fülle; man nimmt dann den im Mitse<strong>in</strong> liegenden Entwurf<br />
schon h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Daß Mitse<strong>in</strong> mit ... Vorrang hat, belegt sich aus<br />
dem faktischen Verhältnis, wonach gerade der »Primitive« das<br />
»andere«, auch D<strong>in</strong>ge, personifiziert, lebendig nimmt.<br />
§ 19. Leibniz' Monadologie und <strong>die</strong> Interpretat(on<br />
des Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s<br />
Das Problem des Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s ist nicht erst e<strong>in</strong>e Frage der<br />
Beziehung von Subjekt zu Subjekt, sondern vordem e<strong>in</strong> Problem,<br />
das zur Wesensbestimmung e<strong>in</strong>es Subjekts als solchem<br />
gehört. Fakten des Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s waren immer bekannt.<br />
Schon Aristoteles spricht vom Menschen als ~ov JtOAL1:tXOV,<br />
e<strong>in</strong>em Lebewesen, das <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>schaft se<strong>in</strong> kann. Nur.weil der<br />
Mensch e<strong>in</strong> solches Wesen ist, kann er auch e<strong>in</strong> Herdentier se<strong>in</strong>,<br />
wie Nietzsche zu sagen pflegt. Dieses Problem, der Geme<strong>in</strong>schaft<br />
wurde also immer schon <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong>, im besonderen<br />
<strong>in</strong> der Ethik abgehandelt, aber als Problem der Metaphysik<br />
des Dase<strong>in</strong>s wurde es nicht gestellt.<br />
Nur <strong>in</strong>direkt und zum ersten Male wird bei Leibniz der gegenseitige<br />
Verkehr der Subjekte zur Frage <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er »Monadologie«!.<br />
Es geschieht <strong>in</strong>direkt, denn auch hier ist das erste <strong>die</strong><br />
[ Zu Leibniz »Monadologie« und <strong>die</strong> Interpretation des Mltemandersems<br />
vgl. LogIk-Vorlesung Sommersemester 1928, Manusknptselten 25-35. (Martm<br />
Heidegger, MetaphYSIsche Anfangsgrunde der LogIk 1m Ausgang von LeIbmz<br />
Marburger Vorlesung Sommersemester 1928. Gesamtausgabe Band 26, herausgegeben<br />
von Klaus Held. Frankfurt a. M. 1978; 2., durchgesehene Aufl<br />
1990. S. 86-122.)<br />
§ 19. Leibniz' Monadologte und das Mitemanderse<strong>in</strong> 143<br />
Bestimmung des Subjektbegriffes im traditionellen S<strong>in</strong>n als<br />
Rumpfsubjekt, aber freilich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er wesentlichen Vertiefung<br />
und Erweiterung. Zufolge <strong>die</strong>ser monadologischen InterpretatlOn<br />
des Subjekts kommt Leibniz zu e<strong>in</strong>er bestimmten Auffassung<br />
über das mögliche Commercium der Subjekte, ihren<br />
Verkehr unter sich. Das Mite<strong>in</strong>ander von Mensch und Mensch<br />
1st e<strong>in</strong> Fall des Verkehrs von Substanzen überhaupt.<br />
Die Leibnizsche »Monadologie« können wir nur kurz vornehmen,<br />
um gegen sie <strong>die</strong> vorstehende Interpretation des<br />
Dase<strong>in</strong>s und Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong>s abzuheben und so das Gesagte<br />
durch Vergleich zusammenfassend zu verdeutlichen. Freilich<br />
heße sich auch zeigen, wie <strong>die</strong> »Monadologie« gerade erst den<br />
Reichtum und <strong>die</strong> Tiefe der Konzeption offenbart, wenn man<br />
sie nicht nur von dem traditionellen Subjektbegriff aus zu fassen<br />
sucht, den Leibniz selbst durch <strong>die</strong> »Monadologie« so wenig<br />
uberwunden hat, daß er ihn gerade hierzu voraussetzt. Von dem<br />
abgesehen, ist aber <strong>die</strong> Leibnizsche Monade e<strong>in</strong>e der kühnsten<br />
Ideen, <strong>die</strong> überhaupt seit Platon <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong> lebendig<br />
wurden.<br />
Leibniz bezeichnet <strong>die</strong> Substanzen als Monaden - griechisch<br />
monas = E<strong>in</strong>heit -, als E<strong>in</strong>heiten. E<strong>in</strong>heit bedeutet: E<strong>in</strong>fachheit,<br />
das Ursprüngliche, das Ganze Bestimmende, E<strong>in</strong>zelheit; "tObE n,<br />
AristoteIes' ouaLa. EV - öv - ouaLa, vgl. Metaphysik r 2, 1003 b<br />
23/b 32. Jedes Seiende als Seiendes ist nach der antiken Lehre<br />
bel Platon und Aristoteles jeweils E<strong>in</strong>es; es ist durch e<strong>in</strong>e ganz<br />
spezifische E<strong>in</strong>heit konstituiert. Nach Leibniz ist <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser spezifischen<br />
E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>es jeden Seienden se<strong>in</strong> Se<strong>in</strong> eigentlich<br />
begründet. Monas ist für Leibniz das ursprünglich E<strong>in</strong>heit gebende,<br />
e<strong>in</strong>igende E<strong>in</strong>fache und als e<strong>in</strong>igendes Vere<strong>in</strong>zelndes.<br />
Deshalb bezeichnet er jedes für sich Seiende im H<strong>in</strong>blick auf<br />
dIese primäre Bestimmung der E<strong>in</strong>heit als Monade: <strong>die</strong> vorweg<br />
und e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>igende und <strong>in</strong>e<strong>in</strong>s damit vere<strong>in</strong>zelnde E<strong>in</strong>heit.<br />
Das Problem der Monade ist also nichts anderes als das wiederaufgenommene<br />
Problem der Substanzialität der Substanz<br />
oder, wie wir auch sagen können, der Subjektivität des Subjekts;