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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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384 Das Problem der Weltanschauung<br />

schon antreffen. Dieses »Immer-schon« kann für sie nur 'heißen:<br />

mächtig und geschehend von Utzeiten her, von e<strong>in</strong>em unergründlichen<br />

Alter. Wenn sie 'dem Seienden an ihm selbst<br />

nachfragen, muß ihre Frage gehen nach dem Uranfabg des<br />

Seienden, se<strong>in</strong>er Urgeschichte, nach der CtQXtl. In der Frage nach<br />

dem Uranfang des Geschehens des Seienden ist <strong>die</strong> re<strong>in</strong>e Mythologie<br />

schon verlassen, sofern e<strong>in</strong>e ause<strong>in</strong>andersetzende Frage<br />

lebendig geworden ist. Die Mythologie ist noch da, sofern <strong>die</strong><br />

Bahn <strong>die</strong>ses Fragens noch vom mythischen Dase<strong>in</strong> vOr'gezeichnet<br />

wird. Die Antwort wird gegeben <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Theogonie<br />

oder Kosmogonie.<br />

Alle<strong>in</strong>, wir sehen schon, <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem<br />

Seienden beschränkt sich weder auf e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Ecke, noch ist<br />

sie nur solche, wie wir sie eben kennzeichneten. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

beherrscht das Dase<strong>in</strong> durch und durch, d. h. gerade<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en nächsten Verrichtungen und Möglichkeiten, <strong>in</strong> der<br />

Beherrschung der Natur, bei der Schiffahrt, Feldbestellung oder<br />

beim Städtebau. In solcher ause<strong>in</strong>andersetzenden Verhaltung<br />

zum Seienden offenbart sich <strong>die</strong>ses <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er-neuen Weise. Gegenüber<br />

dem, was vordem sich durch Magie und Zauber e<strong>in</strong>stellte,<br />

ohne daß der Mensch wußte und wissen wollte wie,<br />

begegnet jetzt Seiendes, das <strong>in</strong> freier Herstellung, Beschaffung<br />

und Bearbeitung gerade zu dem Seienden wird, als welches es<br />

benötigt war. Im freien Herstellen im weitesten S<strong>in</strong>ne offenbart<br />

sich mehr oder m<strong>in</strong>der klar, begrifflich fast noch unbestimmt,<br />

daß Seiendes solches ist, was her-gestellt ist und her-gestellt zur<br />

Verfügung steht, vor-handen ist. Beziehungsweise umgekehrt:<br />

Das Ganze des Seienden, das da <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Übermacht sich bekundet,<br />

ist Vorhandenes und als solches irgendwie Hergestelltes.<br />

Wenn demnach <strong>in</strong>nerhalb <strong>die</strong>ser ause<strong>in</strong>andersetzenden<br />

herstellenden Haltung zum Seienden ausdrücklich nach <strong>die</strong>sem<br />

im Ganzen an ihm selbst gefragt wird, so ist es im ·vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

verstanden als Vorhandenes im Ganzen, Hergestelltes, irgendwie<br />

Hergekommenes. Wenn also <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Frage wach<br />

wird, was das Seiende sei und wie es sei, dann kommt <strong>die</strong>se<br />

§ 44. Weltanschauung als Haltung und das Se<strong>in</strong>sproblem 385<br />

Frage <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bahnen: Woraus ist es hergestellt, woraus besteht es,<br />

welches s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Urbestandteile und wodurch ist es entstanden?<br />

Die Frage nach dem, was das Seiende sei, hat notwendig wieder<br />

<strong>die</strong> Richtung auf e<strong>in</strong> Woher, CtQXtl, aber CtQXtl jetzt nicht im S<strong>in</strong>ne<br />

von mythischem Uranfang, sondern vom Woraus des Bestehens,<br />

Urstoff, und dem Wodurch, Urkraft - <strong>die</strong>ses freilich nicht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em theoretischen Materialismus und Chemismus des 19.<br />

Jahrhunderts genommen.<br />

Die zweite Form des Fragens nach dem Seienden im Ganzen,<br />

nach der CtQXtl <strong>in</strong> der zweiten Bedeutung, bleibt unmittelbar<br />

verschlungen mit der ersten. Nur weil <strong>die</strong>ser Zusammenhang<br />

besteht, d.h. weil'auch <strong>die</strong> sche<strong>in</strong>bar re<strong>in</strong> aus dem ause<strong>in</strong>andersetzenden<br />

Verhalten entspr<strong>in</strong>gende Fragerichtung noch mit der<br />

ersten verwachsen bleibt, <strong>die</strong>se aber als mythische ihr altes<br />

Recht und Gewalt hat, deshalb kann <strong>die</strong> zweite erst sich an-.und<br />

durchsetzen.<br />

So vollzieht sich mit der Ausbildung der Weltanschauung als<br />

Haltung, weil sie Ause<strong>in</strong>andersetzung ist, e<strong>in</strong> Anrennen gegen<br />

das Seiende im Ganzen, e<strong>in</strong> Anrennen <strong>in</strong> der nun nicht mehr<br />

weichenden Frage, was das Seiende und wie es sei. Weil <strong>die</strong>ses<br />

Fragen zum Dase<strong>in</strong> als solchem gehört, das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Haltung<br />

aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausdrücklichen S<strong>in</strong>ne sich zu sich selbst<br />

verhält, wird <strong>die</strong>ses Fragen selbst mit <strong>in</strong> <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Frage<br />

nach dem Seienden e<strong>in</strong>gestellt. Anders gesagt: Weil es eigens<br />

geht um <strong>die</strong> Offenbarkeit dessen, was das Seiende ist, <strong>die</strong> Offenbarkeit<br />

des Seienden im Ganzen an ihm selbst, wird <strong>die</strong>se<br />

Offenbarkeit selbst <strong>in</strong> den Umkreis des Fragens gedrängt, und<br />

zwar gar nicht zuerst im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er formalen Reflexion auf <strong>die</strong><br />

Methode der Frage nach dem Seienden, sondern <strong>in</strong> der fast noch<br />

mythischen Form, daß <strong>die</strong> Wahrheit als Gött<strong>in</strong> <strong>die</strong> Wege des<br />

Fragens zur Entscheidung vorgibt und den rechten führt - so bei<br />

Parmenides. Die fragende Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Seienden<br />

im Ganzen ist fest auf ihren eigenen Weg gestellt und<br />

verlaufend <strong>in</strong>mitten <strong>die</strong>ses Seienden. Alle<strong>in</strong>, mit dem Offenbarwerden<br />

des Weges und des Standortes des Fragens erhellt sich

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