Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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126 Wahrheit - Dase<strong>in</strong> - Mit-se<strong>in</strong><br />
lichen negativen Charakter. Bevor <strong>die</strong>se Phänomene wie Abwehr,<br />
Abkehr, Gegenwehr nicht <strong>in</strong> ihrer ontologischen Struktur<br />
klargemacht s<strong>in</strong>d, können wir nicht anfangen, e<strong>in</strong>en solchen<br />
Zustand wie den des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wesen zu <strong>in</strong>terpretieren.<br />
Der Dämmerzustand, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> solches frühes Dase<strong>in</strong> ist, besagt<br />
nicht, daß noch ke<strong>in</strong> Verhältnis zum Seienden da wäre,<br />
sondern nur, daß <strong>die</strong>ses Sichverhalten zu ... noch ke<strong>in</strong> bestimmtes<br />
Ziel hat. Das Se<strong>in</strong> bei Seiendem ist gewissermaßen<br />
noch umwölkt, noch nicht aufgehellt, so daß <strong>die</strong>ses Dase<strong>in</strong> noch<br />
ke<strong>in</strong>en bestimmten Gebrauch machen kann von dem Seienden,<br />
bei dem es immer schon se<strong>in</strong>em Wesen nach ist.<br />
Dem Dämmerzustand entrissen zu werden, heißt nicht, aus<br />
dem Subjektkreis h<strong>in</strong>ausgehen, sondern das Draußense<strong>in</strong><br />
bei ... entwölkt sich, wird hell und <strong>in</strong> der Helle geschieht das<br />
erste Sehen. Das Wobei geht dem Dase<strong>in</strong> auf. Dies ist e<strong>in</strong> Aufgehen<br />
des zuvor schon Habens.<br />
Die primäre Interpretation muß zunächst dabei beg<strong>in</strong>nen zu<br />
zeigen, wie sich <strong>die</strong> bloße Abkehr des K<strong>in</strong>des unterscheidet von<br />
e<strong>in</strong>er Abwehr. Die Abkehr ist e<strong>in</strong> bloßes Ausweichen vor ... ,<br />
aber im Ausweichen ist schon e<strong>in</strong>e bestimmte Abwehr, e<strong>in</strong> Abweisen<br />
von. . . Im Fliehen vor etwas ist schon e<strong>in</strong> Dagegen,<br />
aber noch nicht e<strong>in</strong> aktives; von der Abkehr und Abwe?r müssen<br />
wir <strong>die</strong> Gegenwehr unterscheiden, bei der <strong>die</strong> eigentliche<br />
Gegenbewegung, das Entgegenstellen e<strong>in</strong>setzt. Alle <strong>die</strong>se Phänomene<br />
der Intentionalität s<strong>in</strong>d zugleich derart, daß sie <strong>in</strong><br />
ihrem Vollzug <strong>die</strong> erste Situation, <strong>in</strong> der sich e<strong>in</strong> solches Dase<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> der anfänglich hilflosen Auslieferung an <strong>die</strong> Welt bef<strong>in</strong>det,<br />
ausarbeiten.<br />
§ 16. Entdecktheit Von Vorhandenem und Offenbarkeit<br />
des Dase<strong>in</strong>s<br />
Es zeigte sich: Die Entdecktheit, Unverborgenheit (Wahrheit)<br />
von Vorhandenem steht und fäRt mit dem Entdeckendse<strong>in</strong> des<br />
§ 16. Entdecktheit und Offenbarkeit 127<br />
Dase<strong>in</strong>s, d.h. mit dessen Existenz. Die Wahrheit gehört demnach<br />
zum Dase<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>em wesenhaft entdeckenden. Sofern<br />
Dase<strong>in</strong> sich bei Vorhandenem aufhält, hält es sich <strong>in</strong> der Entdecktheit<br />
des Vorhandenen. Nun ergab sich früher, <strong>die</strong> Art und<br />
Weise, wie Wahrheit (Unverborgenheit des Vorhandenen) zum<br />
Dase<strong>in</strong> gehöre, sei notwendig e<strong>in</strong> Sichteilen <strong>in</strong> Wahrheit. Ist<br />
nun <strong>in</strong> der Tat das sich Halten <strong>in</strong> der Entdecktheit von Vorhandenem<br />
im Se<strong>in</strong> bei <strong>die</strong>sem e<strong>in</strong> Sichteilen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wahrheit? Jedes<br />
Se<strong>in</strong> bei Vorhandenem, auch das alle<strong>in</strong>ige, soll e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>anderse<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> sich schließen. Alle Entdecktheit von Vorhandenem<br />
soll ihrem Wesen nach solche se<strong>in</strong>, wore<strong>in</strong> sich Dase<strong>in</strong> mit anderen<br />
teilt, <strong>die</strong> Entdecktheit demnach solches, was das Dase<strong>in</strong><br />
nie gleichsam für sich, als e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> sich e<strong>in</strong>geschlossenen Besitz<br />
bei sich verschlossen hält. Alle Entdecktheit von Vorhandenem<br />
soll wesenhaft schon se<strong>in</strong> als geteilt mit ...<br />
S<strong>in</strong>d das nicht recht merkwürdige und willkürliche Thesen,<br />
denen <strong>die</strong> nackten Tatsachen e<strong>in</strong>fach widersprechen? Damit,<br />
daß jemand etwas festgestellt hat, etwas zuvor Unbekanntes<br />
entdeckt hat, wissen es doch noch nicht <strong>die</strong> anderen. Er kann<br />
doch ruhig <strong>die</strong> Wahrheit für sich behalten. Wie können wir also<br />
angesichts <strong>die</strong>ser unleugbaren Möglichkeit behaupten: Wahrheit<br />
über Vorhandenes ist notwendig etwas, wore<strong>in</strong> das Dase<strong>in</strong><br />
mit anderen sich teilt?<br />
Angenommen, jemand macht e<strong>in</strong>e besondere Entdeckung,<br />
e<strong>in</strong>e seltene Pflanze und deren Standort; es könnte se<strong>in</strong>, daß der<br />
glückliche F<strong>in</strong>der se<strong>in</strong>en Fund zeitlebens für sich behält und nie<br />
e<strong>in</strong> anderer davon erfährt. Dann ist doch <strong>die</strong> seltene Pflanze und<br />
Ihr sonst unbekannter Standort offenbar geworden für <strong>die</strong>ses<br />
e<strong>in</strong>zelne Dase<strong>in</strong>, und <strong>die</strong>se Unverborgenheit gehört e<strong>in</strong>zig <strong>die</strong>sem<br />
Dase<strong>in</strong>; dann kann eben doch Unverborgenheit von Vorhandenem<br />
zu e<strong>in</strong>em Dase<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>zelnem gehören.<br />
Behält der glückliche F<strong>in</strong>der <strong>die</strong> Wahrheit zeitlebens für sich,<br />
so heißt das doch, er behütet sie sorgsam vor anderen und hütet<br />
sich, sie anderen mitzuteilen. Dar<strong>in</strong> verrät sich schon, daß er<br />
<strong>die</strong>se Wahrheit mit anderen teilt, nur im Modus des Vorenthal-