Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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4 D~e Aufgabe emer Emleitung m d~e Ph~losophte<br />
am ausdrücklichen <strong>Philosophie</strong>ren nicht beteiligen, außerhalb<br />
der <strong>Philosophie</strong>.<br />
Wenn nun aber das menschliche Dase<strong>in</strong> wesenhaft schon <strong>in</strong><br />
der <strong>Philosophie</strong> steht, dann wird e<strong>in</strong>e <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> dem gekennzeichneten<br />
S<strong>in</strong>ne als H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> das Gebiet der<br />
<strong>Philosophie</strong> von e<strong>in</strong>ew Standort außerhalb ihrer s<strong>in</strong>nlos. Wozu<br />
dann überhaupt noch e<strong>in</strong>e »<strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong>«?<br />
Warum dann mit <strong>die</strong>sem Brauch nicht brechen?<br />
§ 2. Emleiten besagt· In Gang br<strong>in</strong>gen des Phdosophierens<br />
Wenn wir uns trotzdem e<strong>in</strong>e <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> zur<br />
Aufgabe machen, dann muß sie e<strong>in</strong>en anderen Charakter haben.<br />
Zwar sieht es so aus, als stünden wir zunächst außerhalb der<br />
<strong>Philosophie</strong>. Die Frage ist: Wor<strong>in</strong> hat <strong>die</strong>ser Ansche<strong>in</strong> und<br />
Sche<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Grund? Wenn <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> schon <strong>in</strong> unserem<br />
Dase<strong>in</strong> als solchem liegt, dann kann jener Sche<strong>in</strong> nur daraus<br />
entspr<strong>in</strong>gen, daß <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>in</strong> uns gleichsam schläft. SIe<br />
liegt <strong>in</strong> uns, wenngleich gefesselt und verstrickt; sie ist noch<br />
nicht frei, noch nicht <strong>in</strong> der ihr möglichen Bewegung. Die Philosphie<br />
geschieht nicht <strong>in</strong> uns so, wie sie am Ende geschehen<br />
könnte und sollte.<br />
-IJeshalb bedarf es der <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong>. Aber <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> heißt jetzt<br />
nicht mehr: H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>führen von e<strong>in</strong>em Standort außerhalb <strong>in</strong> das<br />
Gebiet der <strong>Philosophie</strong>, sondern E<strong>in</strong>leiten besagt jetzt: <strong>in</strong> Gang<br />
br<strong>in</strong>gen des <strong>Philosophie</strong>rens, <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>in</strong> uns zum Geschehen<br />
werden lassen. <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> heIßt:<br />
E<strong>in</strong>leiten (<strong>in</strong> Gang br<strong>in</strong>gen) des <strong>Philosophie</strong>rens. Doch wie sol<br />
len wir <strong>die</strong>s bewerkstelligen? Wir können doch nicht durch<br />
irgende<strong>in</strong>en Trick, e<strong>in</strong>e Technik oder Zauberei <strong>in</strong> den Zustand<br />
des <strong>Philosophie</strong>rens versetzt werden.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> soll <strong>in</strong> uns frei werden, d. h. sie soll zur <strong>in</strong>neren<br />
Notwendigkeit unseres eigensten Wesens werden, dergestalt,<br />
daß sie <strong>die</strong>sem Wesen se<strong>in</strong>e eigenste Würde gibt. Was aber<br />
§ 2. In Gang bnngen des Phdosoph~erens 5<br />
so <strong>in</strong> uns frei werden soll, müssen wir <strong>in</strong> unsere Freiheit aufnehmen,<br />
wir müssen selbst das <strong>Philosophie</strong>ren <strong>in</strong> uns frei<br />
ergreifen und erwecken.<br />
Aber hierzu müssen wir es doch schon wieder kennen; wir<br />
bedürfen e<strong>in</strong>es Vorverständnisses der <strong>Philosophie</strong>. So könnte es<br />
se<strong>in</strong>, daß wir uns an <strong>die</strong> Geschichte der <strong>Philosophie</strong> halten<br />
müssen. Vielleicht ist <strong>die</strong> Geschichte, aber nicht nur <strong>die</strong> der<br />
philosophischen Literatur, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sehr viel ursprünglicheren<br />
S<strong>in</strong>ne wesentlich für das <strong>Philosophie</strong>ren. Es wäre, aus Gründen,<br />
<strong>die</strong> wir noch e<strong>in</strong>sehen werden, e<strong>in</strong> grober Irrtum zu me<strong>in</strong>en, wir<br />
könnten je unter völliger Abwerfung der geschichtlichen Überlieferung<br />
<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> ausbilden.<br />
Aber aus all dem folgt nicht, daß der übliche Weg e<strong>in</strong>er historischen<br />
Übersicht über <strong>die</strong> Geschichte der <strong>Philosophie</strong> irgend<br />
etwas Wesentliches leisten könnte für unsere Absicht, das <strong>Philosophie</strong>ren<br />
e<strong>in</strong>zuleiten. Kenntnisse, und gar umfassende gelehrte<br />
Kenntnisse darüber erwerben, was und wie Philosophen<br />
gedacht haben, mag von Nutzen se<strong>in</strong>, aber nur nicht für das<br />
<strong>Philosophie</strong>ren. Im Gegenteil: Der Besitz von Kenntnissen über<br />
<strong>Philosophie</strong> ist <strong>die</strong> Hauptursache der Täuschung, man sei damit<br />
zum <strong>Philosophie</strong>ren gelangt.<br />
Wie anders aber läßt sich e<strong>in</strong> Vorverständnis der <strong>Philosophie</strong><br />
gew<strong>in</strong>nen, dessen wir bedürfen, wenn das <strong>Philosophie</strong>ren nicht<br />
e<strong>in</strong> bl<strong>in</strong>der Vorgang, sondern e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Freiheit ergriffenes Handeln<br />
se<strong>in</strong> soll? Dieses Vorverständnis der <strong>Philosophie</strong> müssen<br />
wir offenbar <strong>in</strong> der Weise suchen, <strong>die</strong> uns durch das Wesen des<br />
<strong>Philosophie</strong>rens schon vorgezeichnet ist. Wir wissen darüber<br />
jetzt nur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Behauptung: Das <strong>Philosophie</strong>ren gehört<br />
zum menschlichen Dase<strong>in</strong> als solchem. In <strong>die</strong>sem als<br />
solchem geschieht es und hat es se<strong>in</strong>e Geschichte (vgl. unten<br />
S.226).<br />
Im Dase<strong>in</strong> soll <strong>Philosophie</strong>ren <strong>in</strong> Gang kommen. Aber<br />
menschliches Dasem existiert ja nicht und nie so im allgeme<strong>in</strong>en,<br />
sondern jedes Dase<strong>in</strong> existiert, wenn es existiert, als es<br />
selbst. In unserem Dase<strong>in</strong> selbst soll das <strong>Philosophie</strong>ren zum