Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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D~e Aufgabe emer Emlettung m dle Ph~losoph~e<br />
auch dem ist abzuhelfen, <strong>in</strong>dem wir - und das soll gerade <strong>die</strong><br />
<strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> - versuchen, uns über alle Philosophen und <strong>die</strong> ganze<br />
Geschichte der <strong>Philosophie</strong>, m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> den Hauptzügen,<br />
e<strong>in</strong>en Überblick zu verschaffen.<br />
Alle<strong>in</strong>, wir wollen nicht nur e<strong>in</strong>e historische Kenntnis dessen,<br />
was <strong>Philosophie</strong> gewesen ist, sondern wir wollen <strong>die</strong> »Probleme«<br />
des Gebietes der <strong>Philosophie</strong> kennenlernen, <strong>die</strong> verschiedenen<br />
Problembezirke der philosophischen Diszipl<strong>in</strong>en - Lo<br />
gik, Erkenntnistheorie, Ethik, Ästhetik - freilich nicht e<strong>in</strong>ge<br />
hend, aber doch im Umriß, so daß wir sehen, wie <strong>die</strong> Diszipl<strong>in</strong>en<br />
unter sich geordnet s<strong>in</strong>d, wie sie zusammen stehen, wie sie e<strong>in</strong><br />
System der <strong>Philosophie</strong> bilden. Die <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong><br />
muß neben der historischen Seite e<strong>in</strong>e systematische<br />
haben, und beide können sich auf das Trefflichste ergänzen.<br />
Wenn wir am Ende des Semesters e<strong>in</strong>e solche historische und<br />
systematische <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> durchlaufen haben, s<strong>in</strong>d wir glück<br />
liche Besitzer von Kenntnissen des historischen und systemati<br />
schen Gebietes der Philos~hie. Freilich will der E<strong>in</strong>druck nicht<br />
ganz schw<strong>in</strong>den, daß <strong>die</strong>ses 'Gebiet zwar sehr mannigfaltig, aber<br />
ebenso unsicher und wechselnd ist; vor allem aber verstärkt sich<br />
das mehr oder m<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>gestandene Gefühl, daß wir mit dem<br />
Gehörten eigentlich nichts anfangen können. »Fachphilosophen«<br />
mögen sich damit beschäftigen und glauben, den Wirrwarr<br />
der Me<strong>in</strong>ungen endlich zu beseitigen.<br />
Wenn solche Bes<strong>in</strong>nung sich regt, ist es freilich schon viel.<br />
Zumeist aber regt sich überhaupt nichts mehr. Man hat auch<br />
e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Vorlesung über <strong>Philosophie</strong> gehört - schließlich<br />
darf man se<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Bildung nicht ganz vernachlässigen,<br />
wenngleich es heute viel wichtiger ist, über <strong>die</strong> neu esten Typen<br />
von Rennwagen oder <strong>die</strong> jüngsten Bestrebungen auf dem Gebiet<br />
der Filmkunst Bescheid zu wissen.<br />
So ist <strong>die</strong> Situation gegenüber der <strong>Philosophie</strong>, und sie wird<br />
trotz der vielen <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong>en <strong>in</strong> gewissem Umfang immer so<br />
bleiben. Warum ist sie aber überhaupt trotz der vielen E<strong>in</strong>leItungen<br />
derart? Weil e<strong>in</strong>e <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> nach der<br />
§ 1. Menschsem heißt schon philosoph~eren 3<br />
besprochenen Art lediglich aus der <strong>Philosophie</strong> h<strong>in</strong>ausleitet, -<br />
nicht nur das, sondern über<strong>die</strong>s <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung erweckt, man sei<br />
nun <strong>in</strong> <strong>die</strong> Philosphie e<strong>in</strong>geführt. Und warum muß <strong>die</strong> gekennzeichnete<br />
übliche <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Philosphie notwendig versagen?<br />
Weil sie <strong>in</strong> ihrem Ansatz auf e<strong>in</strong>er Grundtäuschung<br />
beruht. Der Ansatz geht von der Voraussetzung aus, daß wir, <strong>die</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geleitet werden sollen, zunächst unseren<br />
Standort außerhalb der <strong>Philosophie</strong> haben und daß <strong>die</strong><br />
<strong>Philosophie</strong> selbst e<strong>in</strong> Gebiet sei, <strong>in</strong> das h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> der Weg genommen<br />
werden soll (vgl. unten S. 219).<br />
Aber wir s<strong>in</strong>d gar nicht »außerhalb« der <strong>Philosophie</strong>, und das<br />
nicht deshalb etwa, weil wir vielleicht gewisse Kenntnisse über<br />
<strong>Philosophie</strong> mitbr<strong>in</strong>gen. Auch wenn wir von <strong>Philosophie</strong> ausdrücklich<br />
nichts wissen, s<strong>in</strong>d wir schon <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong>, weil<br />
<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> <strong>in</strong> uns ist und zu uns selbst gehört, und zwar <strong>in</strong><br />
dem S<strong>in</strong>ne, daß wir immer schon philosophieren. Wir philosophieren<br />
auch dann, wenn wir nichts davon wissen, auch dann,<br />
wenn wir nicht »<strong>Philosophie</strong> treiben«. Wir philosophieren nicht<br />
dann und wann, sondern ständig und notwendig, sofern wir als<br />
Menschen existieren. Als Mensch da se<strong>in</strong>, heißt philosophieren.<br />
Das Tier kann nicht philosophieren; Gott braucht nicht zu philosophieren.<br />
E<strong>in</strong> Gott, der philosophIerte, wäre ke<strong>in</strong> Gott, weil<br />
das Wesen der <strong>Philosophie</strong> ist, e<strong>in</strong>e endliche Möglichkeit e<strong>in</strong>es<br />
endlichen Seienden zu se<strong>in</strong>.<br />
Menschse<strong>in</strong> heißt schon philosophieren. Das menschliche<br />
Dase<strong>in</strong> steht als solches schon, se<strong>in</strong>em Wesen nach, nicht gelegentlich<br />
oder gelegentlich nicht, <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong>. Weil nun<br />
aber das Menschse<strong>in</strong> verschiedene Möglichkeiten, mannigfache<br />
Stufen und Grade der Wachheit hat, kann der Mensch <strong>in</strong> verschiedener<br />
Weise <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong> stehen. Entsprechend kann<br />
<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> als solche verborgen bleiben oder sich bekunden<br />
im Mythos, <strong>in</strong> der Religion, <strong>in</strong> der Dichtung, <strong>in</strong> den Wissenschaften,<br />
ohne daß sie als <strong>Philosophie</strong> erkannt wäre. Weil nun<br />
<strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> als solche sich auch ausdrücklich und eigens<br />
ausbilden kann, sieht es so aus, als stünden <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> sich