Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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550 Das Problem der Weltanschauung<br />
jekt verhält sich <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser verschiedenen Weise zu den Gegenständen,<br />
h<strong>in</strong>ter <strong>die</strong>se Tatsache kann nicht zu e<strong>in</strong>em Grund<br />
derselben zurückgegangen werden.«3<br />
Aus <strong>die</strong>sen Sätzen wird <strong>die</strong> Grundpüsitiün Diltheys klar. Wir<br />
heben nur e<strong>in</strong>iges heraus mit Bezug auf <strong>die</strong> Wesensklärung der<br />
Weltanschauung: Die Bestandteile werden jetzt direkt als psychische<br />
und <strong>in</strong> psychischer Relatiün gefaßt; er nennt sie zugleich<br />
»Tatsachen des Bewußtse<strong>in</strong>s«, h<strong>in</strong>ter <strong>die</strong> zu e<strong>in</strong>em Grund<br />
nicht zurück zu gehen ist. Hier wird deutlich, daß Dilthey trütz<br />
aller wesentlichen Revisiün der Psychülügie im S<strong>in</strong>ne der naturalistischen<br />
Elementarpsychülügie düch <strong>in</strong> der Wesensbestimmung<br />
des »Lebens« (Dase<strong>in</strong>s) nicht über <strong>die</strong> Psychülügie als<br />
sülche h<strong>in</strong>ausgekümmen ist. Das Prüblem des Dase<strong>in</strong>s ist e<strong>in</strong><br />
sülches der Psychülügie, d. h. es bleibt der Ansatz e<strong>in</strong>es üntischen<br />
Zusammenhangs, psychische Vürkommnisse, Tatsachen des Bewußtse<strong>in</strong>s.<br />
Es wird weder gefragt, welches <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sart <strong>die</strong>ses<br />
Psychischen sei, nüch gar, üb das Psychische <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Bestimmung<br />
ausreiche, das Wesen des Dase<strong>in</strong>s auch nur zum Prüblem<br />
zu machen und sümit erst <strong>die</strong> Basis für <strong>die</strong> Wesens bestimmung<br />
der Weltanschauung zu gew<strong>in</strong>nen. Dase<strong>in</strong>, vün der Psychülügie<br />
her gesehen und auf dem Büden der Psycholügie, wird dann<br />
Erkenntnisprüblem, Wissenschaftstheürie und Kultur. Dilthey<br />
bleibt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Püsitivismus höherer Fürm stecken und versteht<br />
nicht <strong>die</strong> Bed<strong>in</strong>gungen, denen er genügen muß, um überhaupt<br />
das, was er fragt, als wirkliches Prüblem zu stellen. Denn gerade<br />
auch se<strong>in</strong>e wichtige Erkenntnis, <strong>die</strong> Geschichtlichkeit des Lebens,<br />
bleibt im Grunde unverstanden, weil nicht üntülügischmetaphysisch<br />
begriffen. Daher ist <strong>die</strong> Geschichte des Dase<strong>in</strong>s<br />
als sülche nicht gesehen, sündern »Kultur« u.s.f. ist e<strong>in</strong> Ausdruck,<br />
Objektivatiün der Psychülügisierung des Lebens, e<strong>in</strong>e<br />
Aesthetik der Geschichtlichkeit und Kultur.<br />
Aber man br<strong>in</strong>gt sich um <strong>die</strong> Möglichkeit jedes sachlichen<br />
Verständnisses und wirklicher Prübleme, wenn man sich, sobald<br />
3 A a.O., S. 61 (Ges. Schnften V, S.405).<br />
§ ]9. Grundfragen des pr<strong>in</strong>ziptellen Problems 551<br />
vün Geschichtlichkeit <strong>die</strong> Rede ist, den Namen Dilthey e<strong>in</strong>fallen<br />
läßt und dann me<strong>in</strong>t, damit sei das Prüblem gelöst. Es ist<br />
e<strong>in</strong>e Unart der sügenannten Philüsophiegelehrten, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> Prüblem<br />
nur So' weit zu treffen vermögen, als sie dafür e<strong>in</strong>e Anzahl<br />
von Autürennamen und Buchtiteln anführen können. Das Prüblem<br />
der Geschichtlichkeit, das Dilthey behandelt hat, ist nun<br />
nicht zu sehen; ebensO' wenig das Prüblem der Zeit, das Bergsün<br />
behandelt hat, das Prüblem der Wesensschauung, das Husserl<br />
erkannt hat, und auch das Prüblem der Existenz ist durch übliche<br />
Kennzeichnung nütwendig so nicht zu sehen. Diese marktschreierische<br />
Art, <strong>die</strong> Unbildung zu befördern, ist mit schuld an<br />
der trüstlüsen Lage der Philosüphie.<br />
Diltheys These wird üffenkundig <strong>in</strong> dem zweiten Satze, wO' er<br />
sagt, h<strong>in</strong>ter <strong>die</strong> Tatsachen des Bewußtse<strong>in</strong>s könne nicht zu<br />
e<strong>in</strong>em weiteren Grund zurückgegangen werden. Geme<strong>in</strong>t ist<br />
natürlich: zu e<strong>in</strong>er Substanz, zu e<strong>in</strong>em nüch zugrundeliegenden<br />
Seienden, aus dem das Seiende der psychülügischen Mannigfaltigkeit<br />
erklärt werden süllte, d.h. Dilthey kennt nur üntische<br />
Kenntnis der Tatsachen, wübei fraglich ist, was »letzte« Tatsachen<br />
heißen Süll.<br />
Dilthey sieht erstens nicht, daß gerade für se<strong>in</strong> Prüblem der<br />
Strukturbestimmung der Psychülügie <strong>die</strong> üntülügische Erkenntnis<br />
schün vürausgesetzt und vüllzagen wird, und zweitens aber,<br />
daß <strong>die</strong> Frage nach dem Grund der Möglichkeit der E<strong>in</strong>heit der<br />
genannten »Tatsachen« nicht schün e<strong>in</strong>e üntische Erklärungsfrage<br />
zu se<strong>in</strong> braucht, sündern e<strong>in</strong>e üntülügische Wesensfrage.<br />
Er bewegt sich hier <strong>in</strong> der Richtung Kants, der <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser H<strong>in</strong>sicht<br />
ebensüwenig klar gesehen hat. Wenn Kant <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />
Paralügismen mit Recht <strong>die</strong> Unmöglichkeit e<strong>in</strong>er üntisch-rationalen<br />
Metaphysik des Seelenlebens aufweist, so ist damit nichts<br />
entschieden gegen <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er Ontologie des Seelischen<br />
bzw. des Menschen, so wenig, daß sie gerade als notwendig<br />
erwiesen ist - und Kant muß ständig davün Gebrauch<br />
machen. Zwischen bzw. vür der Ersche<strong>in</strong>ung des Seelischen als<br />
Ersche<strong>in</strong>ung und e<strong>in</strong>er dügmatischen theoretischen Metaphysik