Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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100 Wahrheit und Se<strong>in</strong><br />
fachen und zunächst trivialen Tatbestand zu begreifen, daß w'<br />
zusammen mite<strong>in</strong>ander bei demselben D<strong>in</strong>g uns aufhalten WIr<br />
. Ir<br />
haben zunächst gesehen, daß der Versuch aufzuklären<br />
,<br />
Was h'<br />
ler<br />
Selbigkeit des Seienden, zu dem wir uns verhalten, heißt, schei_<br />
tert, solange wir von den üblichen Begriffen der Selbigkeit und<br />
Identität Gebrauch machen. Wir s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander beim Selbigen,<br />
und dabei heißt Selbigkeit weder Unveränderung noch<br />
d<strong>in</strong>gliche Substanzialität bzw. Beharrlichkeit als Substanz, noch<br />
formale Identität e<strong>in</strong>es Gegenstandes mit sich selbst.<br />
Die Frage ist, was heißt positiv <strong>die</strong> Selbigkeit e<strong>in</strong>es vorhandenen<br />
Seienden für uns? Wir s<strong>in</strong>d zuletzt bei der Bestimmun<br />
angelangt, daß Selbigkeit hier zunächst soviel wie Geme<strong>in</strong>sa;_<br />
keit besagt. Die Kreide ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em noch zu bestimmenden<br />
S<strong>in</strong>ne für uns e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>sames. So stehen wir bei <strong>die</strong>ser speziellen<br />
Frage nach der Geme<strong>in</strong>samkeit e<strong>in</strong>es D<strong>in</strong>ges für uns.<br />
Inwiefern - so müssen wir deshalb erneut fragen - kann <strong>die</strong><br />
Kreide <strong>in</strong> unserem Se<strong>in</strong> bei ihr etwas Geme<strong>in</strong>sames se<strong>in</strong>? Nun,<br />
etwa so, daß wir uns <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kreide gewissermaßen teilen, und<br />
das kann heißen, daß wir sie unter uns verteilen, daß wir sie <strong>in</strong><br />
Stücke zerteilen. Aber e<strong>in</strong>mal dürfen wir das gar nicht, sie gehört<br />
nicht uns, sondern dem Staat. Sie ist also ke<strong>in</strong> uns Geme<strong>in</strong>sames<br />
und Unsriges <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, daß sie unser frei verfügbarer<br />
Besitz wäre. Wir dürfen sie nicht zerstückeln und verteilt:)n, wir<br />
tun es auch nicht; wir lassen sie ungeteilt, und gleichwohl teilen<br />
wir uns <strong>in</strong> sie. Sich <strong>in</strong> etwas teilen, ohne es dabei zu zerteilen <strong>in</strong><br />
Stücke, heißt: etwas für den Gebrauch und im Gebrauch sich<br />
gegenseitig überlassen. Diese Kreide ist uns etwas Geme<strong>in</strong>sames<br />
<strong>in</strong> dem Gebrauch, den wir von ihr machen bzw. machen<br />
können. Wir haben so bestimmt, <strong>in</strong> welcher Weise sie uns etwas<br />
Geme<strong>in</strong>sames ist; aber was <strong>die</strong>se Geme<strong>in</strong>samkeit selbst besagt,<br />
wor<strong>in</strong> ihr Wesen besteht und <strong>in</strong>wiefern dadurch das Mite<strong>in</strong>ander<br />
aufgeklärt werden soll, ist noch nicht klar.<br />
§ 13. Se<strong>in</strong>sart und Offenbarkeit 101<br />
e) Teilhaberschaft e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>sames?<br />
Es Ist <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong> Ge.rn~<strong>in</strong>samkei: der ~reide i~ ?ebrauc~<br />
. . 1st <strong>die</strong> das Mltemandersem bel. . . pnmar konstldWJenlge<br />
,<br />
tuWrt. ., . . .<br />
I )aß wir im Gebrauch uns m dIe KreIde teIlen, 1st doch nur<br />
(ann 1 \ lnd so möglich, daß <strong>die</strong>se Kreide uns allen zur Verfügung<br />
1 t<br />
stell, d . h . für den möglichen und berechtigten Gebrauch bereit,<br />
berlassen vorliegt. Gebrauch von ihr machen, schließt <strong>in</strong><br />
UllS U· .1 1<br />
daß sie hierzu für uns offenbar ist, daß wir mite<strong>in</strong>ander<br />
~J( I , '<br />
schon bei ihr-s<strong>in</strong>d, daß sie <strong>in</strong> und für unser Se<strong>in</strong> bei ... etwas<br />
(;eme<strong>in</strong>sames ist, auch wenn <strong>die</strong>ses ke<strong>in</strong> ausdrückliches Sichbeschäftigen<br />
ist. Damit wir im Gebrauch der Kreide uns sollen<br />
\ll sie teilen können,' muß sie uns zuvor schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ursprünglicheren<br />
S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> 'Geme<strong>in</strong>sames se<strong>in</strong>; wir müssen sie uns<br />
zuvor schon so teilen, daß es uns noch freisteht, ob wir Gebrauch<br />
machen von ihr oder nicht. Wir müssen schon vor dem Gebrauch<br />
und für ihn alle Teilhaber an der Kreide se<strong>in</strong>, um sie uns<br />
gegenseitig im Gebrauch zu überlassen bzw. um geme<strong>in</strong>sam<br />
von e<strong>in</strong>em Gebrauch derselben Abstand zu nehmen.<br />
Was ist das für e<strong>in</strong>e' Teilhabe, und nach welcher H<strong>in</strong>sicht ist<br />
dip Kreide <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Teilhaberschaft uns e<strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>sames? Zunächst<br />
gilt es zu klären, <strong>in</strong> was wir uns denn teilen, wenn wir<br />
alle <strong>die</strong>selbe Kreide, ,<strong>die</strong>ses bestimmte Gebrauchsd<strong>in</strong>g, vor uns<br />
liegen haben, und zwar'auch dann und gerade dann, wenn wir<br />
ke<strong>in</strong>en Gebrauch Von ihr machen, nicht mit ihr eigens beschäftigt<br />
smd, sondern sie liegen lassen so, wie sie an ihr selbst ist.<br />
(~erade <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem unserem Liegen-lassen der Kreide, <strong>in</strong> dem,<br />
was und wie sie als <strong>die</strong>ses Gebrauchsd<strong>in</strong>g ist, muß das zu f<strong>in</strong>den<br />
~elll, was wir suchen: nämlich das Teilhaben an der Kreide,<br />
<strong>die</strong>ses ursprüngliche Sichteilen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kreide, gemäß dem sie e<strong>in</strong><br />
(;erne<strong>in</strong>sames ist und unser Se<strong>in</strong> bei ihr e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>ander.<br />
enser Se<strong>in</strong> bei der Kreide ist, sagen wir, e<strong>in</strong> Liegenlassen der<br />
KrPlde so, wie sie ist, e<strong>in</strong> Liegen-lassen, eben weil sie etwas ist<br />
und so ist, daß es vor-liegt. Das Vorliegen, Vor-handense<strong>in</strong> ist <strong>die</strong>