Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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158 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wlssenschaft<br />
sondern <strong>in</strong> der und durch <strong>die</strong> Wesens<strong>in</strong>terpretation der W' ISsen<br />
schaft stoßen wir auf <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong>.<br />
. Die folgende Wesens<strong>in</strong>terpretation ist zwar e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipielle<br />
~a, der Ab~icht nach <strong>die</strong> pr<strong>in</strong>zipiellste, <strong>die</strong> überhaupt möglich'<br />
Ist; das heißt aber nicht, daß sie <strong>in</strong> aller H<strong>in</strong>sicht vOllständl<br />
wäre. Weder soll e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Systematik möglicher WI;<br />
senschaften entworfen werden - Systematik der Wissenschaf<br />
ten ist nicht e<strong>in</strong>e Ordnung der vorhandenen, sondern e<strong>in</strong>e freie<br />
Konstruktion der möglichen, d.h. dem Wesen nach notwendi_<br />
gen -, noch auch kann es sich darum handeln, alle konkreten<br />
Fragen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Krisis der Wissenschaften sich aufdrängen, zu<br />
erörtern. Wohl aber muß mit Rücksicht auf <strong>die</strong>se das Entscheidende<br />
ans Licht kommen, und zwar deshalb, weil mit dem<br />
Nachweis des wesenhaften Existenzcharakters der Wissenschaft<br />
überhaupt e<strong>in</strong>e Reihe von Fragen, <strong>die</strong> man sonst bezüglich des<br />
Verhältnisses des E<strong>in</strong>zelnen zur Wissenschaft zu stellen pflegt,<br />
sich von selbst erledigen.<br />
a) Wissenschaft e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit?<br />
Wissenschaft ist e<strong>in</strong>e Art von Wahrheit. Wahrheit ab~r gehört<br />
wesenhaft zum Dase<strong>in</strong>. Dieses existiert <strong>in</strong> der Wahrheit; Wahrheit<br />
ist existent. Wissenschaft als Möglichkeit der Existenz des<br />
Dase<strong>in</strong>s ist e<strong>in</strong>e Möglichkeit des In-der-Wahrheit-se<strong>in</strong>s. Wahrheit<br />
des Dase<strong>in</strong>s ist Unverborgenheit, und zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>s Erschlossenheit<br />
und Entdecktheit; mit der Existenz von Dase<strong>in</strong> ist<br />
Seiendes offenbar, aber nicht Beliebiges, sondern Vorhandenes<br />
im weiteren S<strong>in</strong>n, »Natur«, auch Zuhandenes, Dase<strong>in</strong> und MIt<br />
dase<strong>in</strong>, all <strong>die</strong>ses Seiende aber immer <strong>in</strong> gewisser Weise im<br />
Ganzen. Faktisch ist <strong>die</strong>ses Ganze <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ganzheit verschie<br />
den bestimmt, oft auch unbestimmt gelassen, aber auch !ll<br />
<strong>die</strong>ser Unbestimmtheit gerade <strong>in</strong> charakteristischer Weise da<br />
Das offenbare Seiende selbst nun ist nicht notwendig schon<br />
unterschieden nach den verschiedenen Arten des Se<strong>in</strong>s, auch<br />
hier ist alles offenbare Seiende'"t1nbestimmt, <strong>in</strong>different unter<br />
§ 22. Bestimmung des Wesens der Wissenschaft 159<br />
Sich. Aber so ist alles Se~ende vom G~nzen h~r,. das. selb~t unmt<br />
bleibt durchstimmt. Unbestimmtheit Ist eme eigene<br />
besum '<br />
B summthelt (Mana-Vorstellung).<br />
e Ferner kann das Seiende jeweils ganz verschieden weit und <strong>in</strong><br />
chledenen Stufen der Klarheit und Deutlichkeit offenbar<br />
Je vers<br />
und all das V'Or aller Wissenschaft. Denn sofern Dase<strong>in</strong><br />
seIn,<br />
tl ' Drt 1st schon Seiendes im Ganzen offenbar. Weil WisseneXIS<br />
' ,<br />
schaft nur eme bestimmte freie Möglichkeit des Dase<strong>in</strong>s ist, und<br />
zwar eme solche, deren Vollzug unter bestimmten Bed<strong>in</strong>gungen<br />
steht, erwächst Wissenschaft immer nur und schon auf dem<br />
(~runde e<strong>in</strong>er mit dem Dase<strong>in</strong> schon existenten Offenbarkeit<br />
des Seienden. Wenn wir daher von vor-wissenschaftlicher<br />
VVahrhelt sprechen, so me<strong>in</strong>en wir damit nicht irgendwelche<br />
zerstreute, rohe und nicht streng begründete Kenntnisse. Das<br />
Vor m vorwIssenschaftlieh bezeichnet auch nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en<br />
germgeren Grad von Wahrheit, als sei <strong>die</strong> wissenschaftliche<br />
WahrheIt ohne weiteres <strong>die</strong> höhere, sondern der Titel »vorwissenschaftlIch«<br />
besagt im Lichte des herausgestellten WahrheitsbegrIffes,<br />
daß das Dase<strong>in</strong> schon vor der Wissenschaft <strong>in</strong> der<br />
VVahrheIt ist. Vorwissenschaftliches Dase<strong>in</strong> ist dem wissenschafthchen<br />
notwendig vorgeordnet, aber nicht untergeordnet,<br />
1m Gegenteil, es gibt dem wissenschaftlichen erst den Grund.<br />
Vorwissenschaftliche Wahrheit drückt gerade aus, daß Wissenschaft<br />
keme existenzielle Notwendigkeit ist, daß durch <strong>die</strong><br />
'IV Issenschaft <strong>die</strong> Existenz des Menschen weder primär noch<br />
PlllZlg bestImmt se<strong>in</strong> könnte.<br />
Vor wissenschaftliches Dase<strong>in</strong> ist solches, das noch nicht<br />
durch Wissenschaft h<strong>in</strong>durchgegangen ist; wissenschaftliches<br />
I )asPlll solches, was durch Wissenschaft bestimmt ist, was nicht<br />
hplf3t, daß es Je selbst als e<strong>in</strong>zelnes <strong>die</strong> Wissenschaft als solche<br />
kpnnt oder sie gar ausdrücklich betreibt. Unser heutiges europalsch-abendländisches<br />
Dase<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> wissenschaftliches, sofern<br />
clIP Pnverborgenheit des Seienden mit durch wissenschaftliche<br />
Erkenntlllsse bestimmt und geprägt ist. Auch das Dase<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es<br />
hputlgen lllcht wissenschaftlich gebildeten Menschen ist <strong>in</strong> <strong>die</strong>-