Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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322 Weltanschauung und In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
Es bleibt seitdem etwas unbefragt und ungeklärt, was Ausgang<br />
und Raum für alle Fragen nach dem Se<strong>in</strong> darstellt: <strong>die</strong><br />
Charakteristik des Se<strong>in</strong>sverständnisses gerade <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gestalt<br />
und Funktion vor aller logisch-ontologischen Beurteilung, <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong>ser vorontologischen Gestalt <strong>in</strong> der ganzen wesenhaften Weite<br />
und Vielschichtigkeit. Dieses ist aber nur zu gew<strong>in</strong>nen, wenn<br />
das Se<strong>in</strong>sverständnis als Ganzes voll und ausdrücklich <strong>in</strong> denjenigen<br />
Zusammenhang gestellt werden kann, dem es wesensmäßig<br />
zugehört: Transzendenz - In-der-Welt-se<strong>in</strong>.<br />
Es besteht aber deshalb, weil wir <strong>die</strong>ses Problem <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
ganzen Schärfe sehen, ke<strong>in</strong>e Veranlassung, überlegen zu tun;<br />
denn das ist dem Wesen der Sache nach nur möglich auf dem<br />
Wege e<strong>in</strong>er grundsätzlichen Revision und radikalen Wiederholung<br />
des ersten Anbruches. Wir bleiben daher notwendig den<br />
Vorläufern verpflichtet.<br />
Um nun <strong>die</strong>ses unmittelbare Ganze des Se<strong>in</strong>sverständnisses zu<br />
sehen, ist es zunächst notwendig, das Dase<strong>in</strong> nach den schon<br />
mehrfach genannten Grundstrukturen im Blick zu haben - das<br />
Vorhandene, Mitdase<strong>in</strong> der Anderen, Selbstse<strong>in</strong> - und <strong>die</strong>ses <strong>in</strong><br />
der konkreten E<strong>in</strong>heit des geschichtlichen Dase<strong>in</strong>s mit dem ganzen<br />
Reichtum der wesentlichen Möglichkeiten. Vor allem aber<br />
gilt es im faktischen Dase<strong>in</strong>, im Se<strong>in</strong>sverständnis desselben, <strong>die</strong><br />
Vielfältigkeit des Se<strong>in</strong>s <strong>die</strong>ses Seienden zu verstehen, wobei das<br />
Se<strong>in</strong>sverständnis aber nicht von e<strong>in</strong>er Region <strong>in</strong> <strong>die</strong> andere h<strong>in</strong>aus-<br />
und übertritt, sondern gleichsam unmittelbar h<strong>in</strong> und her<br />
schw<strong>in</strong>gt im Verstehen von Natur und Geschichte zum Beispiel.<br />
Schon das »und« ist hier irreführend: das Schicksal e<strong>in</strong>es Menschen<br />
und e<strong>in</strong>es Volkes wird unmittelbar verstanden, ebenso wie<br />
e<strong>in</strong> Wetterumschlag, irgende<strong>in</strong> Naturumschwung oder das Weben<br />
und Regen unseres eigenen leiblichen Dase<strong>in</strong>s, das Schicksal<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Naturkatastrophe; statt dessen kennen wir mögliche Gebiete<br />
je ausgesondert: Naturwissenschaft, Geschichtswissenschaft,<br />
Ontologie; und doch will sich gerade das Eigentümliche so<br />
nicht e<strong>in</strong>stellen. Dieses H<strong>in</strong>- und Herschw<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> der Vielstimmigkeit<br />
des Se<strong>in</strong>sganzen ist es, was dem Se<strong>in</strong>sverständnis zentral<br />
§ 37. Konkreteres Verständms der Transzendenz 323<br />
wesentlich ist und was von Anfang an und von Grund aus <strong>in</strong> das<br />
Problem der Se<strong>in</strong>sfrage zu stellen ist.<br />
Um das so von Grund aus zu fassen, muß das Phänomen der<br />
Transzendenz ans Licht gebracht und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er vollen Struktur<br />
gefaßt werden. Das ist zu ermöglichen durch <strong>die</strong> Interpretation<br />
der ,Transzendenz als Spiel. Das heißt aber: Wir übertragen<br />
nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en Begriff von Spiel auf das Transzen<strong>die</strong>ren<br />
und auf das Se<strong>in</strong>sverständnis im besonderen, sondern am Leitfaden<br />
<strong>die</strong>ses Phänomens und se<strong>in</strong>er freien Vorzeichnung versuchen<br />
wir, im Blick auf <strong>die</strong> Transzendenz und von <strong>die</strong>ser her, sie<br />
zu fassen, und zwar sowohl voller als auch ursprünglicher.<br />
Dar<strong>in</strong> liegt dann: Die Transzendenz als Spiel ist ke<strong>in</strong>e Eigenschaft<br />
und auch nicht nur e<strong>in</strong>e Grundeigenschaft des Menschenwesens,<br />
sondern der Mensch ist auf das Spiel des Dase<strong>in</strong>s<br />
gesetzt - vornehmlich jetzt zwar Behauptung -, auf das Spiel<br />
des ,Se<strong>in</strong>sverständnisses. Das heißt: Se<strong>in</strong>sverständnis ist ke<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>differente, obzwar vielleicht universale Eigenschaft des Dasems,<br />
Transzendenz ke<strong>in</strong>e harmlose Struktur, <strong>die</strong> man beachten<br />
kann oder nicht. Das gilt es jetzt zu zeigen. Damit wird der<br />
Spielcharakter der Welt verdeutlicht, dadurch erhält das Inder-Welt-se<strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>e eigene Schärfe als Grundbestimmung der<br />
Existenz, und damit gew<strong>in</strong>nen wir <strong>die</strong> Dimension, <strong>in</strong> <strong>die</strong> das<br />
Wesen dessen, was wir Weltanschauung nennen, e<strong>in</strong>gebaut werden<br />
muß.<br />
§ J 7. Gew<strong>in</strong>nung e<strong>in</strong>es konkreteren Verständnisses<br />
der Transzendenz<br />
a) Selbstheit (Umwillen-se<strong>in</strong>er) als Se<strong>in</strong>sbestimmung<br />
des Dase<strong>in</strong>s. Die Preisgegebenheit als <strong>in</strong>nere Bestimmung<br />
des In-der-Welt-se<strong>in</strong>s<br />
Weltanschauung ist e<strong>in</strong> notwendiges Ingre<strong>die</strong>nz des In-der<br />
Welt-se<strong>in</strong>s, der Transzendenz. Ursprünglich e<strong>in</strong>ig mit dem