Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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328 Weltanschauung und In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
ist nicht das harmlose Subjekt, als welches es <strong>in</strong> der <strong>Philosophie</strong><br />
angesetzt wird, das gleichsam immer <strong>in</strong> Verlegenheit kommt,<br />
wenn ihm zugemutet wird, als existierendes auch nur gedacht<br />
zu werden.<br />
Das Gallze, aus dem her sich das Dase<strong>in</strong> versteht, <strong>die</strong> Welt, ist<br />
ke<strong>in</strong> freischwebendes System ontologischer Sätze, sondern das<br />
Sichverstehen heißt, umwillen se<strong>in</strong>er selbst existieren, und <strong>die</strong>ses<br />
ist <strong>in</strong> sich Ausgesetztse<strong>in</strong> dem Seienden. Die Welt gibt das<br />
Dase<strong>in</strong> preis, setzt es der Notwendigkeit der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem Seienden aus, das es nicht ist, und mit ihm selbst.<br />
Das Dase<strong>in</strong> ist preisgegeben an das Seiende, nicht erst dadurch,<br />
daß solches vorhanden ist, sondern Preisgegebenheit ist e<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>nere Bestimmung des In-der-Welt-se<strong>in</strong>s als solchen.<br />
Zwar ergibt sich durch <strong>die</strong>se Interpretation der Transzendenz<br />
1. daß das Dase<strong>in</strong> als solches je schon mit und bei Seiendem ist,<br />
2. daß <strong>die</strong>ses Se<strong>in</strong> bei ... und Mitse<strong>in</strong> nicht e<strong>in</strong> <strong>in</strong>differentes<br />
Gegenüberstehenhaben von Objekten ist, sondern Preisgegebense<strong>in</strong>.<br />
Aber der Charakter der Transzendenz, den wir als<br />
»Preisgabe« anzeigen, ist doch noch nicht h<strong>in</strong>reichend gefaßt.<br />
Denn auch jetzt sieht es noch so aus, als sei das Dase<strong>in</strong> gleichsam<br />
e<strong>in</strong> über dem Seienden schwebendes Subjekt, wenngleich dem<br />
preisgegeben.<br />
b) Preisgegebenheit als Geworfenheit<br />
Das Dase<strong>in</strong> ist nicht und wesenhaft nie vom Seienden isoliert<br />
und dabei nur »an« es preisgegeben, sondern als Dase<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>det<br />
es sich <strong>in</strong>mitten des Seienden. Das besagt wiederum nicht, es<br />
kommt unter anderem Seienden auch vor, sondern das »<strong>in</strong>mitten«<br />
besagt: Das Dase<strong>in</strong> ist vom Seienden, dem es preisgeben ist,<br />
durchwaltet. Das Dase<strong>in</strong> ist Körper und Leib und Leben; es hat<br />
Natur nicht nur und erst als Gegenstand der Betrachtung, sondern<br />
es ist Natur; aber eben nicht so, daß es e<strong>in</strong> Konglomerat von<br />
Materie, Leib und Seele darstellt; es ist Natur qua transzen<strong>die</strong>rendes<br />
Seiendes, Dase<strong>in</strong>, von ihr durchwaltet und durchstimmt.<br />
§ J7. Konkreteres Verständms der Transzendenz 329<br />
Je <strong>in</strong> der Weise e<strong>in</strong>es Gestimmtse<strong>in</strong>s bef<strong>in</strong>det sich das Dase<strong>in</strong><br />
mmitten des es durchwaltenden Seienden.<br />
Es geht hier um e<strong>in</strong>en grundsätzlich weiteren und ursprünglicheren<br />
Naturbegriff: natura, nasci, von sich her, dessen das<br />
Dase<strong>in</strong> als freies Selbst nicht mächtig ist. Das Dase<strong>in</strong> ist nicht<br />
erst auf Grund dessen, daß es sich e<strong>in</strong>fallen läßt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Beziehung<br />
zur Natur zu treten, sondern vor allem freien Verhalten<br />
zur Natur <strong>in</strong>mitten derselben. Es bef<strong>in</strong>det sich je schon <strong>in</strong> ihr.<br />
Dieser Bef<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong>mitten <strong>die</strong>ser Durchwaltung von Seiendem<br />
ist das Dase<strong>in</strong> als solches nicht mächtig. Wir sagen daher:<br />
Das Dase<strong>in</strong> ist <strong>in</strong> das Seiende geworfen. Zum In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
gehört <strong>die</strong> Geworfenheit. Der Index <strong>die</strong>ses Grundcharakters der<br />
Transzendenz ist das, was wir als Stimmung kennen; wir s<strong>in</strong>d je<br />
so oder so gestimmt, auch dann und gerade dann, wenn wir uns<br />
nicht <strong>in</strong> extremen Ausschlägen e<strong>in</strong>er gehobenen oder gedrückten<br />
Stimmung halten, sondern <strong>in</strong> jener merkwürdig, meist<br />
gerade nicht beachteten, aber im Grunde unheimlichen Stimmung<br />
des sche<strong>in</strong>bar überhaupt Nichtgestimmtse<strong>in</strong>s.<br />
Erst <strong>in</strong> der Geworfenheit bestimmt sich das eigentliche Wesen<br />
der Preisgabe. Denn <strong>die</strong>se betrifft nicht nur, wie es zunächst<br />
sche<strong>in</strong>en könnte, das Verhalten des Dase<strong>in</strong>s zum Seienden -<br />
ganz abgesehen davon, daß im Begriff des Verhaltens zum Seienden<br />
nicht zum Ausdruck kommt, daß das sich Verhaltende<br />
wesenhaft je schon <strong>in</strong>mitten des Seienden, von <strong>die</strong>sem durchwaltet<br />
ist. Alles Verhalten zum Seienden erwächst vielmehr<br />
Immer e<strong>in</strong>em Schon-preisgegeben-se<strong>in</strong> an <strong>die</strong>ses im S<strong>in</strong>ne der<br />
Geworfenheit; nicht <strong>in</strong>nerhalb und gelegentlich e<strong>in</strong>es Verhaltens<br />
zum Seienden ist es an <strong>die</strong>ses preisgegeben, sondern alles<br />
Verhalten als Weise des Dase<strong>in</strong>s geschieht <strong>in</strong> der Geworfenheit.<br />
Alles Verhalten ist wesenhaft bef<strong>in</strong>dliches bzw. zum Se<strong>in</strong>sverständnis,<br />
das jedes Verhalten zum Seienden erhellt und führt,<br />
gehört e<strong>in</strong> Gestimmtse<strong>in</strong>. Grundsätzlich gesprochen: Der Über<br />
,tieg über das Seiende geschieht <strong>in</strong> und aus e<strong>in</strong>em Sichbef<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong>mitten des Seienden. Zur Transzendenz, dem In-der-Weltse<strong>in</strong>,<br />
gehört Geworfenheit.