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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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346 Das Problem der Weltanschauung<br />

Die Art und Weise, wie sich nun faktisch Weltanschauungen<br />

bilden, unterliegt bestimmten Wesensgesetzen. Problem ist:<br />

1. Welches ist jeweils der Modus, gemäß dem dem Dase<strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Haltlosigkeit des In-der-Welt-se<strong>in</strong>s offenbar ist?, a) In welcher<br />

vorherrschenden Richtung <strong>in</strong>nerhalb des Ganzen der<br />

Streuung? b) In welchem Grade der Ursprünglichkeit des Inder-Welt-se<strong>in</strong>s?<br />

c) In welcher Weise der Deutung und Auslegung<br />

<strong>die</strong> Offenbarkeit der Halt-Iosigkeit geschieht.<br />

2. Welches ist der jeweilige Charakter des Haltes, der als<br />

möglicher <strong>in</strong> der Offenbarkeit der Haltlosigkeit vorgezeichnet<br />

wird?<br />

3. Welches ist <strong>die</strong> echte Form der Gew<strong>in</strong>nung <strong>die</strong>ses Haltes,<br />

se<strong>in</strong>er Bewahrung und Überlieferung?<br />

4. Welches s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> im jeweiligen Halt selbst angelegten und<br />

ihm zugehörigen Formen der Entartung und des Ersatzes?<br />

5. Inwiefern liegt <strong>in</strong> der Entartung e<strong>in</strong>es Haltes zugleich <strong>die</strong><br />

Anweisung auf <strong>die</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>es neuen?<br />

Dieses s<strong>in</strong>d Grundfragen des pr<strong>in</strong>zipiellen Problems der<br />

Weltanschauung, denen vorausgeht <strong>die</strong> Wesensklärung von<br />

Weltanschauung überhaupt und der Nachweis des Ursprungs<br />

desselben im In-der-Welt-se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der Transzendenz.<br />

Die ganze Erörterung über Welt, In-der-Welt-se<strong>in</strong>, Weltanschauung<br />

<strong>die</strong>nte dazu, uns e<strong>in</strong>en Boden zu verschaffen für <strong>die</strong><br />

Frage des Verhältnisses von Weltanschauung und <strong>Philosophie</strong>.<br />

Genauer: Wir wollen im Durchgang durch e<strong>in</strong>e Wesensklärung<br />

der Weltanschauung, <strong>die</strong> das vorliegende Bildungsbewußtse<strong>in</strong><br />

immer leicht mit der <strong>Philosophie</strong> zusammenbr<strong>in</strong>gt, das Wesen<br />

des <strong>Philosophie</strong>rens e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glicher aufhellen.<br />

b) Der Weltanschauungsbegriff bei Dilthey<br />

Bevor wir <strong>die</strong>sen letzten Schritt versuchen, wollen wir auf den<br />

früher (s. oben S. 238f.) zum Leitfaden genommenen'Weltanschauungsbegriff<br />

Diltheys zurückkommen und dabei-<strong>die</strong> sieben<br />

Fragen kurz beantworten, <strong>die</strong> wir damals mit Rücksicht<br />

§ 39. Grundfragen des pr<strong>in</strong>zipiellen Problems 347<br />

auf Diltheys Bestimmung des Wesens der Weltanschauung<br />

stellten. Die Beantwortung <strong>die</strong>ser Fragen wird uns unmittelbar<br />

h<strong>in</strong>führen zum leitenden Problem. Zugleich werden wir <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>ser zusammenfassenden Erörterung noch e<strong>in</strong>mal das Gesamtproblem<br />

der Wesens<strong>in</strong>terpretation dessen, was Weltanschauung<br />

genannt wird, uns vor Augen führen und zugleich<br />

ermessen <strong>die</strong> Wichtigkeit der Erörterung des ersten Weges für<br />

den zweiten, d. h. im besonderen <strong>die</strong> grundsätzliche Bedeutung<br />

der Überw<strong>in</strong>dung des psychologischen und erkenntnistheoreti-<br />

-schen Subjektbegriffes im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Wesens<strong>in</strong>terpretation<br />

des Dase<strong>in</strong>s.<br />

Dilthey sagt: »In der Struktur der Weltanschauung ist immer<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nere Beziehung der Lebenserfahrung zum Weltbilde enthalten,<br />

e<strong>in</strong>e Beziehung, aus der stets e<strong>in</strong> Lebensideal abgeleitet<br />

werden kann.«l Weltbild, Lebenserfahrung, Lebensideal und<br />

Wirklichkeit, Wert, Willensbestimmung s<strong>in</strong>d nach Dilthey Bestandteile<br />

der Weltanschauung »verschiedener Provenienz«<br />

und verschiedenen Charakters. Diese Auffassung ist entscheidend<br />

für Diltheys Stellungnahme zur Möglichkeit e<strong>in</strong>er philosophischen<br />

Weltanschauung, was er mit »Metaphysik« identifiziert,<br />

und für se<strong>in</strong>en Begriff der <strong>Philosophie</strong>. Anhand der<br />

sieben Fragen ist jetzt zu erörtern:<br />

1. S<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se Grundbestandteile h<strong>in</strong>reichend ursprünglich<br />

bestimmt? »Weltbild« heißt für Dilthey der objektive Kausalzusammenhang<br />

des Vorhandenen, so wie er <strong>in</strong> der Naturwissenschaft<br />

im weiteren S<strong>in</strong>ne herausgestellt wird. »Lebenserfahrung«<br />

bezeichnet Dilthey auch als »Lebenswürdigung« oder<br />

Erleben von Bedeutung und S<strong>in</strong>n, »Lebensideal«: Pr<strong>in</strong>zipien<br />

des HandeIns. Dies s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> drei Bezirke des Seienden.<br />

Aber me<strong>in</strong>t Dilthey, e<strong>in</strong>e Weltanschauung bestehe aus der<br />

objektiv vorhandenen Natur, aus erlebenden seelischen Subjekten<br />

und aus Pr<strong>in</strong>zipien, sie sei gleichsam e<strong>in</strong> irgendwie<br />

1 Wilhelm Dilthey, Das Wesen der <strong>Philosophie</strong>. In: Die Kultur der Gegenwart<br />

I, 4, 1907. S. 38. (Gesammelte Schriften V, S. 380).

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