Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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400 Zusammenhang von <strong>Philosophie</strong> und Weltanschauung<br />
aus dem Grunde. Dieser E<strong>in</strong>sprung des <strong>Philosophie</strong>rens <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Transzendenz aus dem Grunde ist aber notwendig der E<strong>in</strong>sprung<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> eigene Geschichtlichkeit. Je geschichtlicher und<br />
ursprünglicher das philosophierende Dase<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e konkrete<br />
Transzendenz gew<strong>in</strong>nt, umso wesentlicher wird es. Das ist es an<br />
der <strong>Philosophie</strong>, was der vulgäre Verstand - und wenn er gar<br />
noch <strong>Philosophie</strong> zur Wissenschaft degra<strong>die</strong>rt - am wenigsten<br />
begreift, daß mit der Ausbildung der höchsten und allgeme<strong>in</strong>sten<br />
Probleme wie Se<strong>in</strong> und Welt notwendig zusammengehen<br />
soll der E<strong>in</strong>sprung <strong>in</strong> <strong>die</strong> konkrete geschichtliche Lage.<br />
In e<strong>in</strong>s aber geht der E<strong>in</strong>sprung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Leidenschaft des Begriffes,<br />
der Konstruktio~ der Transzendenz, Ursprünglichkeit<br />
und Strenge der Erkenntnis, wie sie Wissenschaft nie haben<br />
kann. Für <strong>die</strong> Wissenschaft der <strong>Philosophie</strong> kämpfen, heißt<br />
nicht nur sich selbst als verme<strong>in</strong>tlichen Philosophen mißverstehen,<br />
sondern <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> selbst degra<strong>die</strong>ren, damit aber das<br />
Dase<strong>in</strong> selbst um e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er höchsten Möglichkeiten berauben<br />
und an deren Stelle e<strong>in</strong> Hirngesp<strong>in</strong>st setzen.<br />
Daß wir <strong>die</strong>sen Wesenscharakter der <strong>Philosophie</strong> so wenig<br />
begreifen, hängt nicht nur daran, daß <strong>die</strong> Problematik von Se<strong>in</strong><br />
und Welt nicht h<strong>in</strong>reichend geklärt ist, sondern daß wir nicht<br />
sehen, daß es sich hier bei <strong>die</strong>ser Frage ganz und gar nicht um<br />
e<strong>in</strong>e private und persönliche Angelegenheit der Philosophen<br />
handelt, sondern um nichts Ger<strong>in</strong>geres als um das Problem der<br />
Wahrheit der <strong>Philosophie</strong>.<br />
Es ist aber e<strong>in</strong>leuchtend, daß <strong>die</strong>ses Problem erst konkret<br />
erwachsen kann aus dem Se<strong>in</strong>s- und Weltproblem <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>heit.<br />
Dieses Problem der Wahrheit aber ist das Wahrheitsproblem<br />
im Ganzen, d.h. <strong>die</strong> Frage der Wesenszugehörigkeit von<br />
Wahrheit zur Transzendenz. (Erst auf dem Grunde <strong>die</strong>ses ursprünglichen<br />
Wahrheitsproblems stellt sich <strong>die</strong> Frage nach<br />
wissenschaftlicher Wahrheit und wird e<strong>in</strong>e philosophische Auslegung<br />
der Wissenschaft möglich).<br />
Das Wahrheitsproblem <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser ursprünglichen Weite sollte<br />
uns auf dem dritten Wege erwachsen. Was geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als Logik<br />
§ 46. <strong>Philosophie</strong> als Grund-haltung 401<br />
behandelt wird, hat hier se<strong>in</strong>e Stelle, auch <strong>die</strong> mythische Wahrheit<br />
als Gött<strong>in</strong> (vgl. oben S. 385). Es wäre zu zeigen, daß jedes<br />
<strong>die</strong>ser Probleme, das Se<strong>in</strong>sproblem, das Weltproblem und das<br />
Wahrheitsproblem, das Ganze der <strong>Philosophie</strong> ausmacht und<br />
daß es e<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerer Verderb der <strong>Philosophie</strong> ist, wenn man sie an<br />
fest ausgeformten überlieferten Diszipl<strong>in</strong>en orientiert und aus<br />
<strong>die</strong>sen <strong>die</strong> Probleme sich vorgeben läßt, statt <strong>die</strong> <strong>in</strong>nere Notwendigkeit<br />
der Architektonik der <strong>Philosophie</strong> aus dem <strong>in</strong>neren<br />
Gehalt ihrer Grundproblematik zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
Die beiden Wege, <strong>die</strong> wir gegangen s<strong>in</strong>d, sollten uns dazu<br />
verhelfen, das Wesen der <strong>Philosophie</strong> aufzuhellen, und zwar mit<br />
Rücksicht auf <strong>die</strong> zwei Mächte, <strong>die</strong> unser Dase<strong>in</strong> an der Universität<br />
bestimmen, ob wir es wollen oder nicht, Wissenschaft<br />
und Führerschaft bzw. Weltanschauung.<br />
Wissenschaft ist nur möglich als <strong>Philosophie</strong>; <strong>die</strong>se aber als<br />
ausdrückliches Transzen<strong>die</strong>ren - Grundhaltung - gibt <strong>die</strong> ursprüngliche<br />
Möglichkeit der Veranlassung, das je eigene Inder-Welt-se<strong>in</strong><br />
nach se<strong>in</strong>em Halt und se<strong>in</strong>er Haltung zu befragen.<br />
<strong>Philosophie</strong>ren als Geschehenlassen der Transzendenz ist<br />
<strong>die</strong> Befreiung des Dase<strong>in</strong>s. Befreit wird <strong>die</strong> Freiheit desselben,<br />
und Freiheit ist nur <strong>in</strong> der Befreiung.<br />
Im Geschehenlassen der Transzendenz als <strong>Philosophie</strong>ren<br />
liegt <strong>die</strong> ursprüngliche Gelassenheit des Dase<strong>in</strong>s (vgl. oben:<br />
Se<strong>in</strong>lassen), das Vertrauen des Menschen zum Da-se<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihm<br />
und zu dessen Möglichkeiten. Hieraus alle<strong>in</strong> erwächst <strong>die</strong> echte<br />
Kraft der Zuwendung zum Seienden, <strong>die</strong> alle Haltung als Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem Seienden <strong>in</strong>nerlich fordert. Mit dem<br />
<strong>Philosophie</strong>ren beg<strong>in</strong>nt <strong>die</strong> Wanderung auf den Höhen des<br />
Höhenzuges der Großen. Und wenn wir uns zuweilen wundern,<br />
daß <strong>die</strong>se nicht und nicht mehr wirken, dann vergessen wir<br />
dabei, daß Großes nur auf Großes wirkt. Wenn wir das aber<br />
verstehen, dann er<strong>in</strong>nern wir uns daran, daß es unwesentlich ist,<br />
ob wir über Zeitgenossen oder andere obsiegen oder nicht, sondern<br />
daß wir uns selbst <strong>in</strong>nere Größe verschaffen müssen<br />
dadurch, daß wir unsere eigenen Grillen besiegen.