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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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340 Weltanschauung und In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />

ebenso oberflächlich, es als Gegen<strong>in</strong>stan~ anzuerkennen, sondern<br />

wir müssen uns fragen: Woher kommt <strong>die</strong>ses Befremden?<br />

Daß <strong>die</strong>ses Befremden besteht, ist gerade e<strong>in</strong> Zeuge für den<br />

Satz, der etwas über das Wesen der Faktizität des Dase<strong>in</strong>s aussagt.<br />

Das Befremden besteht, und das heißt, wir denken gar<br />

nicht daran, es fällt uns nicht bei, dem Rechnung zu tragen; es<br />

ist auch fraglich, ob wir und wie wir das sollen, d. h. wir haben<br />

uns schon darauf e<strong>in</strong>gestellt, von <strong>die</strong>ser Ohnmacht unserer Herkunft<br />

uns abzuwenden und uns ganz gleichsam <strong>in</strong> Richtung<br />

unseres Dase<strong>in</strong>s nach vorn und <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gegenwart zu verlegen.<br />

Das Dase<strong>in</strong> hat gleichsam <strong>in</strong> der Richtung rückwärts auf<br />

se<strong>in</strong>e Herkunft nichts zu suchen. Wohl verstanden: Nicht darum<br />

handelt es sich, was wir nachträglich über unsere Herkunft<br />

objektiv geschichtlich <strong>in</strong> Erfahrung br<strong>in</strong>gen können - das kann<br />

höchstens noch bestärken, daß wir unseres eigenen Dase<strong>in</strong>s<br />

ohnmächtig s<strong>in</strong>d, - sondern ob das Dase<strong>in</strong>, dem es um se<strong>in</strong><br />

Se<strong>in</strong>können geht, das Faktum se<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong>s von sich aus auf<br />

eigenen Beschluß begründen kann. Dies, daß es das nicht kann,<br />

ist nicht nichts und belanglos, sondern w.esentlich für das Faktum<br />

des Dase<strong>in</strong>s.<br />

Dies, daß es <strong>in</strong> Richtung se<strong>in</strong>er Herkunft mit eigenem Beschluß<br />

nichts zu suchen hat, gibt dem Dase<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en wesentlichen<br />

Abstoß von der Dunkelheit se<strong>in</strong>er Herkunft <strong>in</strong> <strong>die</strong> relative<br />

Helle se<strong>in</strong>es Se<strong>in</strong>könnens. Dase<strong>in</strong> existiert immer <strong>in</strong> der wesenhaften<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der Dunkelheit und Ohnmacht<br />

se<strong>in</strong>er Herkunft, wenn auch nur <strong>in</strong> der vorherrschenden Form<br />

der Gewohnheit e<strong>in</strong>er tiefen Vergeßlichkeit angesichts <strong>die</strong>ser<br />

Wesens bestimmung se<strong>in</strong>er Faktizität. Diese Vergessenheit<br />

kommt ans Licht <strong>in</strong> der Befremdung solchen Sätzen gegenüber<br />

und <strong>in</strong> der Me<strong>in</strong>ung, sie setzten zuviel voraus. Aber ob man das<br />

vergessende Verhalten zum Maßstab der Ursprünglichkeit der<br />

Erfassung se<strong>in</strong>er selbst machen darf? Dies ist an e<strong>in</strong>em Beispiel<br />

zu demonstrieren: E<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong> ist auch nicht vorhanden aufgrund<br />

eigenen Beschlusses. Aber hier ist das Nicht <strong>in</strong> anderem ·S<strong>in</strong>n zu<br />

verstehen. Der Ste<strong>in</strong> ist nicht etwa ohnmächtig bezüglich se<strong>in</strong>er<br />

§ 38. Der Strukturcharakter der Transzendenz 341<br />

Herkunft, weil er überhaupt nicht ohnmächtig se<strong>in</strong> kann. Er<br />

kann es nicht se<strong>in</strong>, weil er überhaupt ke<strong>in</strong>e Mächtigkeit oder<br />

Freiheit - Endlichkeit <strong>in</strong> sich trägt. Damit etwas ohnmäohtig<br />

soll se<strong>in</strong> können bezüglich se<strong>in</strong>er selbst, muß es frei se<strong>in</strong>. Daraus<br />

ergibt sich, daß <strong>die</strong>se Ohnmächtigkeit und Nichtigkeit des Dase<strong>in</strong>s<br />

e<strong>in</strong> Vorzug ist, den das Dase<strong>in</strong> vor dem Ste<strong>in</strong> hat. Der Ste<strong>in</strong><br />

ist ,auch nicht <strong>in</strong>different gegen se<strong>in</strong> Se<strong>in</strong>, weil er <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

der Differenz so wenig hat wie <strong>die</strong> der Indifferenz. Der<br />

Ste<strong>in</strong> kann daher, abgesehen davon, daß er durch <strong>die</strong>se Ohnmacht<br />

se<strong>in</strong>er Tatsächlichkeit überhaupt nicht bestimmt ist,<br />

doch <strong>die</strong>se auch nicht vergessen, weil Vergessenkönnen nur<br />

möglich ist, wo e<strong>in</strong> Behalten besteht - Zeitlichkeit. Dadurch<br />

erhält alles im Dase<strong>in</strong>, was zu ihm gehört, aber faktisch zumeist<br />

nicht da ist, h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>es Nichtdase<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>e wesenhafte<br />

Schärfe, weil <strong>die</strong>ses Nichtdase<strong>in</strong> sich immer bestimmt aus der<br />

Se<strong>in</strong>sart des Dase<strong>in</strong>s, d. h. zu <strong>die</strong>ser gehört.<br />

Es bedarf sehr e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glicher und immer wieder auf das Ganze<br />

gerichteter Bes<strong>in</strong>nung, um <strong>die</strong>se elementaren Zusammenhänge<br />

zu sehen und <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung zu beseitigen, als seien<br />

Aussagen über s<strong>in</strong>nliche Daten ursprünglicher als solche Sätze,<br />

wo es doch gerade umgekehrt liegt. Es ist e<strong>in</strong> aus der Wissenschaft<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Philosophie</strong> e<strong>in</strong>geschlepptes Vorurteil, das, was<br />

eirtfach im S<strong>in</strong>ne der wissenschaftlichen Zerlegung sei, sei auch<br />

das Wesentliche und Ursprüngliche <strong>in</strong> philosophischer H<strong>in</strong>sicht.<br />

b) Weltanschauung als Sichhalten im In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />

Dieses Sichhalten gehört notwendig zur Transzendenz, weil sie<br />

wesenhaft durch Halt-Iosigkeit bestimmt ist. Transzendenz -<br />

Freiheit! Wir haben versucht, <strong>die</strong> Halt-Iosigkeit von der Nichtigkeit<br />

her zu fassen, und haben dabei betont, <strong>die</strong>se nicht<br />

negativ zu sehen. Halt-Iosigkeit nahmen wir nicht <strong>in</strong> der vulgären<br />

Bedeutung von »haltloser Mensch«, sondern als Wesensstruktur<br />

des Dase<strong>in</strong>s, und zwar der Transzendenz. Auch der, der

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