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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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180 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wissenschaft<br />

liegt daran, daß das Seiende unverborgen ist und es sich Zum<br />

Seienden <strong>in</strong> dessen Unverborgenheit verhält. Es geht um <strong>die</strong><br />

Wahrheit, d. h. nicht primär um e<strong>in</strong>en geltenden Satz, sondern<br />

um <strong>die</strong> Unverborgenheit des Seienden selbst. Es gilt, das Seiende<br />

se<strong>in</strong> zu lassen, was und wie es ist.<br />

Doch haben wir <strong>die</strong>ses Se<strong>in</strong>lassen des Seienden nicht auch schon<br />

bei der Kennzeichnung unseres Aufenthalts bei den D<strong>in</strong>gen um<br />

uns herum angetroffen? Dabei kann <strong>die</strong>ses Verhalten zu den D<strong>in</strong>gen<br />

nicht e<strong>in</strong> wissenschaftliches genannt werden. Gewiß liegt <strong>in</strong><br />

allem Verhalten zu Seiendem e<strong>in</strong> gewisses Se<strong>in</strong>lassen desselben;<br />

jetzt aber g~ht es eigens um <strong>die</strong> Unverborgenheit des Seienden,<br />

d.h. darum, daß das Seiende an ihm selbst sich offenbart und daß<br />

<strong>die</strong>ses Offenbarwerden geschieht. Das Se<strong>in</strong>lassen des Seienden<br />

liegt jetzt nicht nur im Verhalten des Dase<strong>in</strong>s, sondern das Dase<strong>in</strong><br />

als existierendes verlegt sich gerade <strong>in</strong> <strong>die</strong>ses Se<strong>in</strong>lassen des Seienden.<br />

Das Dase<strong>in</strong> vollzieht e<strong>in</strong>e bestimmte existenzielle Grundbewegung,<br />

<strong>in</strong> der es sich eigens als Aufgabe vor-gibt, das Seiende<br />

an ihm selbst zu se<strong>in</strong>em Recht und zu Wort kommen zu lassen.<br />

Zwar ist das Seiende auch ohne und vor der Wissenschaft schon<br />

offenbar, ja dasjenige Se<strong>in</strong>lassen des Seienden, das di~ Wissenschaft<br />

auszeichnen soll, muß sogar, als e<strong>in</strong> ganz eigenartiges, schon<br />

immer von der Offenbarkeit des Seienden Gebrauch machen.<br />

Denn nur so kann es <strong>die</strong>ses, das Seiende nämlich, an ihm selbst se<strong>in</strong><br />

lassen. Vor dem spezifisch wissenschaftlichen Se<strong>in</strong>lassen und für<br />

<strong>die</strong>ses muß Seiendes schon offenbar se<strong>in</strong>. Wissenschaft muß Seiendes<br />

vorf<strong>in</strong>den können. Es gehört zu ihr, daß sie Seiendes immer<br />

schon, und zwar als irgendwie Offenbares vorliegen hat. Wir nennen<br />

<strong>die</strong>ses vorliegende und daher von der Wissenschaft immer<br />

schon vorf<strong>in</strong>dliche Seiende das Positum.<br />

Alle<strong>in</strong>, wenn doch schon das Seiende, und zwar als offenbares<br />

vorliegt, wozu dann noch Wissenschaft? Doch wenn Wissenschaft<br />

möglich ist, dann muß bei aller Offenbarkeit von Seiendem, <strong>in</strong><br />

der sich das Dase<strong>in</strong> immer schon hält, noch e<strong>in</strong>e spezifische Verborgenheit<br />

des Seienden existieren, <strong>die</strong> nur Wissenschaft als<br />

solche überw<strong>in</strong>det.<br />

, § 25. Konstruktion des Wesens der Wissenschaft 181<br />

Nehmen wir e<strong>in</strong> elementares Beispiel: In der Landbestellung<br />

wird unter vielem anderen auch offenbar, daß der Ackerboden<br />

beim Pflügen e<strong>in</strong>en Widerstand bietet und daß dementsprechend<br />

<strong>die</strong> Pflugschar e<strong>in</strong>e bestimmte Härte und Festigkeit haben muß.<br />

Dieser Zusammenhang von Ackerboden und Pflugschar aber<br />

wird als solcher gar nicht weiter beachtet oder gar betrachtet; er<br />

ist nur bekannt <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er bestimmten Nutznießung und<br />

Bearbeitung des Bodens, der Erde. Dasselbe Verhältnis von Druck<br />

und Gegendruck kann beim Hausbau begegnen, wo e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Festigkeit des Fundaments gefordert wird, ebenso<br />

beim Brücke:r;:tbau der Pfeiler und so noch <strong>in</strong> vielen anderen Zusammenhängen<br />

des gebrauchenden und herstellenden Umganges<br />

mit den D<strong>in</strong>gen.<br />

So bildet sich für den Umgang mit den D<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong> gewisses<br />

Sich auskennen <strong>in</strong> ihnen: In der Regel ist es mit den D<strong>in</strong>gen so<br />

und so bestellt. Diese Regelhaftigkeit gibt sich aber weniger als<br />

e<strong>in</strong> Charakter der D<strong>in</strong>ge selbst, denn als Leitfaden des Verhaltens<br />

ihnen gegenüber. Zwar s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> gewisser Weise offenbar,<br />

gleichwohl brauchen sie dabei nicht das völlig herzugeben,<br />

was sie an ihnen selbst s<strong>in</strong>d. Denn es besteht <strong>die</strong> Möglichkeit, <strong>die</strong><br />

genannten Beziehungen von Druck und Gegendruck ohne Rücksicht<br />

darauf <strong>in</strong>s Auge zu fassen, daß ihnen <strong>in</strong> der Verwendung<br />

Rechnung getragen wird. Diese Beziehungen können sich als<br />

solche herausstellen, <strong>die</strong> jedem materiellen D<strong>in</strong>g, jeder Masse<br />

zukommen, und zwar so, daß sie dabei unter e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en<br />

Gesetz der Schwerkraft stehen.<br />

Wascist dann geschehen, wenn sich das Seiende, <strong>die</strong> materiellen<br />

D<strong>in</strong>ge, derart herausstellen? Was muß geschehen se<strong>in</strong>, damit <strong>die</strong><br />

D<strong>in</strong>ge " sich derart offenbaren können? Genügt es zu sagen: Die<br />

praktische technische Erfahrung wurde erweitert über den engeren<br />

Gesichtskreis h<strong>in</strong>aus, den Landbestellung, Haus- und Brükkenbau<br />

bieten? Doch was heißt da erweitern, daß etwa an<br />

anderen Plätzen und Gegenständen auch entsprechende Pflugscharen<br />

und Fundamente hergestellt werden müssen, daß alle<br />

Menschen <strong>die</strong>ser Regel Rechnung zu tragen haben? Aber hier ist

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