Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Sonderbeitrag:<br />
Zugang zu sauberem Wasser ist ein grundlegendes <strong>menschliche</strong>s Bedürfnis und Menschenrecht<br />
2<br />
Wasser für den <strong>menschliche</strong>n Verbrauch<br />
Viele Menschen betrachten Wasser als etwas Selbstverständliches:<br />
Sie drehen den Wasserhahn auf, und das Wasser fließt. Oder sie<br />
gehen in den Supermarkt und können zwischen Dutzenden verschiedener<br />
Mineralwassersorten wählen. Aber für mehr als zwei Milliarden<br />
Menschen auf unserem Planeten steht sauberes Wasser nicht zur<br />
Verfügung. Und etwa 2,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang<br />
zu anständiger Sanitärversorgung. Die Konsequenzen sind verheerend.<br />
Fast zwei Millionen Kinder sterben jedes Jahr an Krankheiten,<br />
<strong>die</strong> mit verschmutztem Wasser und schlechter Sanitärversorgung<br />
zusammenhängen – weitaus mehr als <strong>die</strong> Anzahl derer, <strong>die</strong><br />
durch gewaltsame Konflikte ums Leben kommen. Gleichzeitig wird<br />
<strong>über</strong>all auf der Welt <strong>die</strong> Wasserqualität und <strong>die</strong> zur Verfügung stehende<br />
Wassermenge durch Verschmutzung, <strong>über</strong>höhten Verbrauch und<br />
schlechte Wasserbewirtschaftung verringert.<br />
Vor <strong>die</strong>sem Hintergrund habe ich am Weltwassertag 2004 ein<br />
Beratungsgremium für Wasser- und Sanitärversorgung gebildet. Das<br />
20-köpfige Gremium besteht aus technischen Experten, wichtigen<br />
Persönlichkeiten und anderen, <strong>die</strong> nachweislich <strong>über</strong> viel Erfahrung<br />
verfügen, wie man <strong>die</strong> Maschinerie von Regierungen bewegen kann.<br />
Bis zu seinem vorzeitigen Tod im Juli <strong>2006</strong> wurde es sehr versiert vom<br />
früheren Ministerpräsidenten Japans, Ryutaro Hashimoto, geleitet.<br />
Trotz <strong>die</strong>ses tragischen Verlustes setzt das Gremium seine Bemühungen<br />
fort und arbeitet eng zusammen mit dem UN-System, mit internationalen<br />
und regionalen Institutionen, nationalen Regierungen, den<br />
Me<strong>die</strong>n, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft allgemein, um<br />
das Problembewusstsein zu schärfen, Ressourcen zu mobilisieren<br />
und <strong>die</strong> Ausbildung von mehr Kapazitäten zu fördern. Die Wasserkrise<br />
– wie viele andere Herausforderungen, vor denen unsere Welt<br />
steht – kann nur durch Partnerschaften, <strong>die</strong> nationale Politik mit internationalem<br />
Handeln kombinieren, in vollem Umfang angegangen<br />
werden.<br />
Die unglaublichen Zahlen, <strong>die</strong> wir bei der Diskussion der heutigen<br />
Herausforderungen im Wasser- und Sanitärbereich verwenden,<br />
dürfen aber nicht von den individuellen Schicksalen der Menschen<br />
ablenken. Der <strong>die</strong>sjährige <strong>Bericht</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
kommt zur richtigen Zeit und ist eine aussagekräftige Erinnerung<br />
daran, dass <strong>die</strong> globale Wasserkrise ein <strong>menschliche</strong>s Gesicht hat:<br />
Ein Kind, bedroht von Durchfallanfällen, <strong>die</strong> schließlich zum Tod führen,<br />
ein Mädchen, das nicht zur Schule gehen kann, weil es Wasser<br />
holen muss oder eine Mutter, <strong>die</strong> ihr Potenzial nicht entwickeln kann,<br />
weil sie sich um Verwandte kümmern muss, <strong>die</strong> durch verschmutztes<br />
Wasser erkrankt sind. Die Vereinten Nationen beteiligen sich<br />
intensiv an <strong>die</strong>sem Kampf. Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein<br />
grundlegendes <strong>menschliche</strong>s Bedürfnis und Menschenrecht. Und<br />
Wasser und Sanitärversorgung stehen im Zentrum unseres Strebens,<br />
allen Menschen der Welt, nicht nur einigen wenigen Glücklichen, zu<br />
ermöglichen, in Würde, Wohlstand und Frieden zu leben.<br />
Kofi A. Annan<br />
Generalsekretär der<br />
Vereinten Nationen<br />
Preis an Bevölkerungsgruppen mit hohem Einkommen<br />
geliefert, und <strong>die</strong> Armen müssen sich<br />
mit einem qualitativ schlechten Dienstleistungsangebot<br />
oder gar keinem abfinden. Aus<br />
der Perspektive armer Haushalte ist <strong>die</strong> Debatte<br />
<strong>über</strong> <strong>die</strong> relativen Vorteile von Dienstleistungen<br />
des öffentlichen oder privaten Sektors eine<br />
Ablenkung von einem viel grundlegenderen<br />
Problem: von den unzureichenden Leistungen<br />
sowohl öffentlicher als auch privater Wasseranbieter<br />
bei der Bewältigung des Problems der<br />
weltweiten Defizite bei der Wasserversorgung.<br />
Letztlich liegt es in der Verantwortung der<br />
nationalen Regierungen, nach und nach für <strong>die</strong><br />
Verwirklichung des Menschenrechts auf Wasser<br />
zu sorgen, indem sie einen gesetzgeberischen<br />
und regulierenden Rahmen schaffen, an den<br />
sich alle Dienstleistungsanbieter halten müssen,<br />
öffentliche wie private. Ein solches Regelwerk<br />
muss zwei Hindernisse <strong>über</strong>winden, <strong>die</strong> in<br />
Kapitel 1 zur Sprache kamen, und <strong>die</strong> durch <strong>die</strong><br />
Debatte „öffentlich oder privat“ verschleiert<br />
worden sind.<br />
Das erste Hindernis ist <strong>die</strong> Ungleichheit. Es<br />
ist wesentlich unwahrscheinlicher, dass arme<br />
Haushalte einen Anschluss an eine saubere<br />
Wasserquelle haben, entweder weil sie sich <strong>die</strong>s<br />
nicht leisten können, oder weil sie außerhalb<br />
der Reichweite des Versorgungsnetzes leben. Es<br />
gibt auch eine Umkehrrelation zwischen dem<br />
Preis und der Fähigkeit zu bezahlen: Millionen<br />
der ärmsten Menschen der Welt bezahlen teilweise<br />
<strong>die</strong> weltweit höchsten Preise für Wasser<br />
und zerstören damit ihr produktives Potenzial<br />
und ihre Gesundheit. Wenn Wasser ein Menschenrecht<br />
ist, muss es ein Bürgerrecht sein,<br />
dessen Schutz für alle Menschen gilt, unabhängig<br />
von Reichtum oder Zahlungsfähigkeit, von<br />
Geschlecht oder Wohngebiet.<br />
Das zweite Hindernis ist fehlende Macht<br />
zur Durchsetzung von Rechten. Menschenrechte<br />
können ein schlagkräftiges Instrument<br />
100<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>