Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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5<br />
Konkurrenz um Wasser in der Landwirtschaft<br />
Wasserrechte, Lizenzen und<br />
Genehmigungen sollen <strong>die</strong><br />
Anpassung an einen<br />
wachsenden Wettbewerb<br />
erleichtern. Dabei bleibt<br />
Kasten 5.3<br />
jedoch eine Gerechtigkeitslücke<br />
bestehen<br />
Regulierung der Wassermärkte im öffentlichen<br />
Interesse ist ein komplexes Unterfangen, wie<br />
<strong>die</strong> Erfahrungen Chiles und der Vereinigten<br />
Staaten zeigen. In den meisten Fällen wird der<br />
rasche Übergang zu Systemen mit <strong>über</strong>tragbaren<br />
Rechten wahrscheinlich zu nicht hinnehmbaren<br />
sozialen und politischen Folgen in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />
führen, <strong>die</strong> einem intensiven<br />
Wettbewerb um Wasservorkommen ausgesetzt<br />
sind. Die tragfähigere Option besteht darin, <strong>die</strong><br />
bestehenden Rechte schrittweise auszubauen<br />
und <strong>die</strong> Schutzbestimmungen für <strong>die</strong> Armen zu<br />
stärken.<br />
Die Agenda der Wasserrechte –<br />
fehlende Zugangsgerechtigkeit<br />
und schwache Position der Nutzer<br />
In den letzten Jahren rückten Reformen, <strong>die</strong><br />
sich auf das Modell des integrierten Wasserressourcen-Managements<br />
stützten, <strong>die</strong> Frage der<br />
Wasserrechte wieder an <strong>die</strong> Spitze der politischen<br />
Agenda. Zwar waren <strong>die</strong> eingeschlagenen<br />
Wasserrechte und Umverteilung in Südafrika<br />
Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern wurde in Südafrika <strong>die</strong> Umverteilung<br />
zu einem politischen Ziel des integrierten Wassermanagements erklärt.<br />
Während der Apartheid beruhte <strong>die</strong> Wassernutzung auf dem Grundsatz des<br />
englischen Common Law, wonach Kontrolle und Nutzungsrechte mit Privateigentum<br />
an Grund und Boden verknüpft sind. Da mehr als 80 Prozent des Bodens im Besitz<br />
weißer Farmer waren, <strong>die</strong> auch <strong>die</strong> Bewässerungsinstanzen kontrollierten, war <strong>die</strong><br />
Mehrheit der ländlichen Bevölkerung von Grundwasser, Quellen und Staudämmen,<br />
<strong>die</strong> sich auf privatem Land befanden, ausgeschlossen. Das Nationale Wassergesetz<br />
von 1998 erklärte Wasser zu einer öffentlichen Ressource, <strong>die</strong> allen Bürgern gehört.<br />
Heute wird eine Mindesttrinkwassermenge als vor Gericht einklagbares Recht<br />
gewährleistet (Kapitel 1). Für <strong>die</strong> Bevölkerung auf dem Land gilt das Recht, Wasser<br />
für Haushalt und Garten ohne Bezahlung oder Registrierung zu nutzen. Für Wasser,<br />
das zu kommerziellen Zwecken genutzt wird, müssen Lizenzen gekauft werden. Die<br />
durch das Lizenzsystem eingenommenen Gelder sollen zur Deckung der Kosten des<br />
Wassermanagements beitragen. Individuelle Wassernutzungsrechte werden für<br />
Zeiträume von bis zu 40 Jahren erteilt.<br />
Staatliche Regulierungsvorschriften sollen durch Kontrolle des Wasserverbrauchs<br />
<strong>die</strong> Übernutzung begrenzen. Durch <strong>die</strong> Abschaffung der Nutzungsrechte privater<br />
Wasseranrainer und <strong>die</strong> Überführung des Wassers in öffentliches Eigentum, verbunden<br />
mit der Allokation durch staatliche Lizenzen, hat der Gesetzgeber einen Rahmen<br />
für <strong>die</strong> Umverteilung eines Teils des Naturkapitals des Landes geschaffen. Welche<br />
Ergebnisse mit <strong>die</strong>ser Umverteilung erzielt werden, hängt jedoch von der Umverteilung<br />
des Bodens ab, der den anderen zentralen Bestandteil des Naturkapitals bildet.<br />
Quelle: Perret 2002; Hodgson 2004; Faysse 2004; Muller <strong>2006</strong>.<br />
Reformwege unterschiedlich, aber zwei Richtungen<br />
kristallisierten sich deutlich heraus. In<br />
einer großen Ländergruppe – darunter Ghana,<br />
Indonesien, Sri Lanka, Südafrika, Tansania und<br />
Thailand – erklärten neue Gesetze das Wasser<br />
offiziell zu Staatseigentum. Damit sollte ein<br />
einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen werden,<br />
damit Regierungen <strong>die</strong> Zuteilung der Wasserrechte<br />
in den Grenzen der ökologischen Nachhaltigkeit<br />
vornehmen und <strong>die</strong> Wasserressourcen<br />
auf integrierte Weise behandeln können.<br />
Die zweite Richtung ist <strong>die</strong> Erteilung von Genehmigungen<br />
für Wasserentnahme im Rahmen<br />
einer formell geregelten Wasserwirtschaft. Dahinter<br />
steht <strong>die</strong> Absicht, durch Genehmigungen<br />
und damit verbundene Lizenzvereinbarungen<br />
eine Alternative oder Ergänzung zu einem<br />
reinen Marktpreissystem zu bieten, wobei <strong>die</strong><br />
Allokation auf Grund staatlicher Prioritäten<br />
erfolgt.<br />
Ebenso wie Wasserrechte sollen Lizenzen<br />
und Genehmigungen <strong>die</strong> Anpassung an einen<br />
wachsenden Wettbewerb erleichtern. Dabei<br />
bleibt jedoch eine deutlich sichtbare Gerechtigkeitslücke<br />
bestehen. Eines der augenfälligen<br />
Merkmale <strong>die</strong>ser neuen Ansätze ist das Fehlen<br />
von Umverteilungsregeln. In <strong>die</strong>ser Hinsicht<br />
hatte das Ziel einer höheren Zugangsgerechtigkeit<br />
bei der Reform des Wassermanagements einen<br />
wesentlich schwächeren Stand als bei der<br />
Reform des Bodenrechts. Eine Ausnahme ist<br />
das Wassergesetz Südafrikas von 1998 (Kasten<br />
5.3). Es bietet einen gesetzlichen Rahmen für<br />
eine Umverteilung zu Gunsten der Armen, aber<br />
<strong>die</strong> Ergebnisse blieben hinter den gesteckten<br />
Zielen zurück, weil <strong>die</strong> Umverteilung von Land<br />
– <strong>die</strong> entscheidende Voraussetzung, damit arme<br />
Haushalte ihren Anteil an der landwirtschaftlichen<br />
Wassernutzung erhöhen können – nur<br />
langsam vorankam.<br />
Dass nicht für Zugangsgerechtigkeit gesorgt<br />
wurde, wirkte sich bei der praktischen Umsetzung<br />
zunehmend nachteilig aus. Stärkere staatliche<br />
Kontrollen der Wasserallokation durch<br />
Nutzungsgenehmigungen gingen mit politischen<br />
Handlungskonzepten einher, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ansprüche<br />
städtischer und industrieller Nutzer auf<br />
Kosten der Landwirtschaft unterstützten. Zumindest<br />
bei der Umsetzung, wenn nicht schon<br />
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BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>