Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Kasten 4.7<br />
Integrierte Wasserressourcen-Bewirtschaftung (Fortsetzung)<br />
gebiete, aber keine Flüsse, <strong>die</strong> von Natur aus ganzjährig Wasser<br />
führen. Weil der wachsende Bedarf von Industrie und Haushalten in<br />
Fortaleza, der Hauptstadt des Bundesstaats, mit dem Bedarf für <strong>die</strong><br />
Bewässerung in der Landwirtschaft konkurriert, für <strong>die</strong> mehr als<br />
80 Prozent des Wasser verbraucht werden, hatten sich <strong>die</strong> Konflikte<br />
innerhalb <strong>die</strong>ser Einzugsgebiete verschärft.<br />
Die Wasserreform in Ceará war Teil eines umfassenderen Demokratisierungs-<br />
und Dezentralisierungsprozesses. Der politische Prozess<br />
kann am Beispiel des Einzugsgebietes des unteren Jaguaribe-Flusses<br />
veranschaulicht werden. Die Management-Gesellschaft für Wasserressourcen<br />
(COGERH) von Ceará, der Behörde des Bundesstaates für das<br />
Wassereinzugsgebiet, berief eine Versammlung von 180 Nutzergruppen<br />
ein, <strong>die</strong> unter anderem <strong>die</strong> Industrie, kommerzielle Farmer,<br />
Gewerkschaften aus dem ländlichen Raum und Genossenschaften<br />
vertraten. Mit technischer Unterstützung von COGERH-Gewässerkundlern<br />
arbeitete <strong>die</strong> Versammlung einen operativen Plan für das<br />
Wassernutzungsmanagement in dem Einzugsgebiet aus. Dessen<br />
Umsetzung wurde von einem von der Versammlung gewählten Vertreterausschuss<br />
<strong>über</strong>wacht. Nach geringen Niederschlägen im Jahr 2000<br />
arbeitete <strong>die</strong> Nutzerkommission Vorschläge zur Verringerung der<br />
Abflüsse aus, <strong>über</strong> <strong>die</strong> in der Versammlung abgestimmt wurde.<br />
Der Erfolg beruhte auf einem hohen Grad der Nutzerbeteiligung<br />
und einer umfassenden öffentlichen Debatte innerhalb der Nutzerkommission,<br />
was zur Institutionalisierung der Regeln für den<br />
Ausgleich konkurrierender Ansprüche beitrug. Ein leistungsfähiges<br />
technisches Beratungsgremium, das sowohl als kompetent<br />
als auch als unabhängig von den einzelnen Nutzerinteressengruppen<br />
wahrgenommen wurde, hat ebenfalls eine wichtige<br />
Rolle gespielt. Und <strong>die</strong> parteien<strong>über</strong>greifende Unterstützung<br />
der COGERH und ähnlicher partizipatorischer politischer Entscheidungsprozesse<br />
im Gesundheits- und Bildungswesen des<br />
Bundesstaats hat einige Aspekte der Wasserbewirtschaftung entpolitisiert.<br />
Quelle: GWP 2000, 2004, <strong>2006</strong>a; Biswas 2004; Shah 2005; Haismann 2005; Kemper, Dinar und Bloomquist 2005; Muller <strong>2006</strong>; Lemos und de Oliveira 2005;<br />
Tortjada <strong>2006</strong>a; Rogers 2002.<br />
In Ländern, in denen <strong>die</strong> <strong>über</strong>wiegende<br />
Mehrheit der Bevölkerung ihren Lebensunterhalt<br />
aus der Landwirtschaft bezieht und<br />
bei armen Haushalten ein großer Teil des<br />
Einkommens und der Beschäftigung auf <strong>die</strong><br />
Erzeugung von Grundnahrungsmitteln entfällt,<br />
können Wasserverluste in eine schwerwiegende<br />
Bedrohung der <strong>menschliche</strong>n <strong>Entwicklung</strong><br />
münden. Es besteht <strong>die</strong> offensichtliche<br />
Gefahr, dass eine andere Verwendung<br />
von Wasser mehr Wohlstand hervorbringt,<br />
aber gleichzeitig <strong>die</strong> Lebensgrundlagen<br />
eines Teils der anfälligsten Menschen<br />
zerstört.<br />
Die <strong>Entwicklung</strong>en in anderen Ländern waren uneinheitlich.<br />
Auf dem Gipfel in Johannesburg waren alle Länder zur Ausarbeitung<br />
Integrierter Wasserressourcen-Bewirtschaftungspläne<br />
binnen fünf Jahren aufgefordert worden. Dieses angesichts<br />
von Kapazitätsengpässen unrealistische Ziel wurde seitdem<br />
revi<strong>die</strong>rt. Ende 2005 hatten nur 20 der 95 von der Globalen Wasserpartnerschaft<br />
untersuchten Länder einen solchen Plan vorgelegt<br />
oder arbeiteten an einem solchen Plan. Darunter befanden sich<br />
nur fünf Länder in Afrika südlich der Sahara und eines (Brasilien)<br />
in Lateinamerika.<br />
In manchen Fällen führte auch eine umfangreiche Planung nicht<br />
zu greifbaren Ergebnissen. Beispielsweise wurde in Nicaragua <strong>über</strong><br />
einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren ein 13-bändiger Plan<br />
ausgearbeitet, für den jedoch keine wirksamen Folgemechanismen<br />
etabliert wurden. All <strong>die</strong>s soll nicht <strong>die</strong> erzielten Fortschritte klein<br />
reden. Trotz schwacher Kapazitäten haben Bangladesch, Burkina<br />
Faso, Namibia und Uganda bedeutende institutionelle Reformen<br />
ausgearbeitet, wenngleich deren Durchführung eine große Herausforderung<br />
darstellen wird.<br />
Die Integrierte Wasserressourcen-Bewirtschaftung erfordert<br />
Institutionen, deren <strong>Entwicklung</strong> selbst bei nachdrücklicher politischer<br />
Unterstützung mehrere Jahre dauert. Sie bietet auch keine<br />
fertigen Lösungen für einige der klassischen Probleme der Wasserbewirtschaftung.<br />
Ein dem Namen nach Integrierter Wasserressourcen-<br />
Bewirtschaftungsplan sagt wenig dar<strong>über</strong> aus, welchen Interessen<br />
er <strong>die</strong>nt oder wem ein Mitspracherecht eingeräumt wird. In vielen<br />
Fällen ist <strong>die</strong> Integrierte Wasserressourcen-Bewirtschaftung stark<br />
auf technische Aspekte beschränkt. Der Effizienzsteigerung beim<br />
Wasserverbrauch durch Transfers in Bereiche mit höherer Wertschöpfung<br />
oder durch neue Technologien wurde wesentlich mehr<br />
Aufmerksamkeit gewidmet als den für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
maßgeblichen Aspekten der Zugangsgerechtigkeit und der sozialen<br />
Gerechtigkeit (siehe Kapitel 5).<br />
Integrierte Wasserbewirtschaftung<br />
Auf <strong>die</strong>se Verteilungsprobleme wird in Kapitel<br />
5 näher eingegangen. Der Hintergrund ist<br />
jedoch ein sich abzeichnender neuer Konsens<br />
<strong>über</strong> Wassermanagement. Auf dem Weltgipfel<br />
für nachhaltige <strong>Entwicklung</strong> im Jahr 2002<br />
begrüßten <strong>die</strong> Regierungen <strong>die</strong> Integrierte<br />
Wasserressourcen-Bewirtschaftung als Modell<br />
für <strong>die</strong> Zukunft. Dieser Ansatz betont <strong>die</strong><br />
Verwaltung von Wasserzuteilungen innerhalb<br />
der ökologischen Verfügbarkeitsgrenzen unter<br />
besonderer Berücksichtigung der drei Aspekte<br />
der Zugangsgerechtigkeit, der Effizienz und<br />
der ökologischen Nachhaltigkeit (Kasten 4.7).<br />
4<br />
Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 195