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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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1<br />

Die Krise der Wasser- und Sanitärversorgung beenden<br />

Für junge Mädchen<br />

bedeutet eine fehlende<br />

Grundversorgung mit Wasser<br />

und sanitären Anlagen,<br />

dass ihnen Chancen im<br />

Bildungsbereich entgehen<br />

Die Opfer empfinden <strong>die</strong> Infektion, als ob sie<br />

Dornen in den Augen hätten.<br />

Für Millionen von Menschen ist <strong>die</strong> Körnerkrankheit<br />

ein Weg in <strong>die</strong> Armut. Mit fortschreitendem<br />

Krankheitsverlauf bis hin zur Erblindung<br />

können <strong>die</strong> Menschen nicht mehr arbeiten<br />

und müssen von Familienmitgliedern<br />

betreut werden (siehe Sonderbeitrag des früheren<br />

US-Präsidenten Jimmy Carter in Kapitel 3).<br />

Kinder sind am häufigsten infiziert, und Frauen<br />

sind mit etwa dreimal so hohen Infektionsraten<br />

anfälliger als Männer, hauptsächlich, weil sie<br />

sich um <strong>die</strong> Kinder kümmern. Einst war <strong>die</strong><br />

Körnerkrankheit in den Vereinigten Staaten<br />

verbreitet, heute kommen Trachome fast nur<br />

noch in <strong>Entwicklung</strong>sländern vor, wo es jährlich<br />

150 Millionen gemeldete Krankheitsfälle und<br />

zwei Millionen Neuerblindungen gibt.<br />

Die Körnerkrankheit ist eine Illustration<br />

der umfassenderen Wechselwirkungen zwischen<br />

wasserbedingten Krankheiten und Armut. Diese<br />

Krankheiten verringern gleichzeitig das Einkommen,<br />

erhöhen <strong>die</strong> Haushaltsausgaben und<br />

führen dazu, dass zukünftiger Ver<strong>die</strong>nst entgeht.<br />

Wenn Menschen aus armen Haushalten<br />

krank werden, sinkt ihre Produktivität, und<br />

damit ihre Fähigkeit, Einkommen zu erwirtschaften<br />

oder Nahrungsmittel anzubauen. Weil<br />

<strong>die</strong> Armen selten krankenversichert sind, müssen<br />

sie <strong>die</strong> Kosten aus ihrem gegenwärtigen Einkommen<br />

bestreiten, Vermögensgegenstände<br />

verkaufen oder Geld leihen. Dass sich demzufolge<br />

ihre Ressourcen erschöpfen, verstärkt<br />

<strong>die</strong> Armutsfalle und macht <strong>die</strong> Menschen in<br />

Zukunft noch anfälliger.<br />

Beeinträchtigung der<br />

Schulbildung von Mädchen<br />

Für junge Mädchen bedeutet eine fehlende<br />

Grundversorgung mit Wasser- und sanitären<br />

Anlagen, dass ihnen Chancen im Bildungsbereich<br />

und damit verbunderen Chancen zur<br />

Stärkung ihrer Rolle entgehen. Defizite bei der<br />

Wasser- und Sanitärversorgung stellen für alle<br />

Kinder eine Gefahr dar. Doch junge Mädchen<br />

und Frauen <strong>über</strong>nehmen einen <strong>über</strong>proportional<br />

hohen Teil der Kosten, <strong>die</strong> ein Haushalt<br />

zu tragen hat.<br />

Die zeitliche Belastung durch Wasserholen<br />

und -schleppen ist eine Erklärung, warum es<br />

beim Schulbesuch in vielen Ländern zwischen<br />

Jungen und Mädchen sehr große Unterschiede<br />

gibt. In Tansania gehen von den Mädchen, <strong>die</strong><br />

nicht mehr als 15 Minuten von einer Wasserquelle<br />

entfernt wohnen, 12 Prozent mehr zu<br />

Schule, als aus Haushalten, <strong>die</strong> von der nächsten<br />

Wasserquelle mindestens eine Stunde entfernt<br />

liegen. Die Schulbesuchsquoten von Jungen<br />

schwanken sehr viel weniger je nach Entfernung<br />

zu Wasserquellen. 40 Für Millionen armer<br />

Haushalte besteht ein direktes Substitutionsverhältnis<br />

zwischer der in der Schule oder der<br />

mit Wasserholen verbrachten Zeit. Dies sind<br />

<strong>die</strong> Worte eines zehnjährigen Mädchens, das<br />

in El Alto, Bolivien an einer Zapfstelle nach<br />

Wasser ansteht:<br />

Natürlich wäre ich gerne in der Schule. Ich<br />

möchte lesen und schreiben lernen – und ich<br />

möchte mit meinen Freundinnen und Freunden<br />

zusammen sein. Aber wie soll das gehen? Meine<br />

Mutter braucht mich zum Wasserholen und <strong>die</strong><br />

Zapfstelle hier ist nur von 10 bis 12 Uhr offen.<br />

Man muss sich frühzeitig anstellen, weil so viele<br />

Leute hierherkommen.<br />

Wenn <strong>die</strong> Schule keine geeigneten Hygieneeinrichtungen<br />

hat, ist es auch weniger wahrscheinlich,<br />

dass junge Mädchen, insbesondere<br />

nach der Pubertät, zum Unterricht gehen. Die<br />

Eltern nehmen Mädchen oft aus der Schule,<br />

wenn <strong>die</strong>se nicht <strong>über</strong> angemessene, getrennte<br />

Toiletten für Mädchen verfügt, weil sie sich<br />

um deren Sicherheit und Privatsphäre sorgen.<br />

Von den Mädchen in Afrika südlich der Sahara,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Grundschule abbrechen, tun <strong>die</strong>s nach<br />

einer Schätzung rund <strong>die</strong> Hälfte aufgrund der<br />

dürftigen Wasser- und Sanitärversorgung. 41<br />

Das erklärt auch, warum eine Verbesserung<br />

der Sanitärversorgung in Schulen <strong>die</strong> Bildungsnachfrage<br />

von Mädchen erhöhen kann.<br />

Zwischen 1990 und 2000 trug ein UNICEF-<br />

Programm zur sanitären Versorgung von Schulen<br />

in Bangladesch wesentlich dazu bei, dass <strong>die</strong><br />

Anzahl der Mädchen, <strong>die</strong> sich anmeldeten, um<br />

elf Prozent stieg. 42 Umgekehrt kann eine unzureichende<br />

Infrastruktur <strong>die</strong> Fortschritte der<br />

Länder beeinträchtigen, <strong>die</strong> sich darum bemühen,<br />

Bildung für alle zu realisieren. In Uganda<br />

60<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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