Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Kasten 1.5<br />
Die Defizite der Wasserver- und Abwasserentsorgung gehen auf Kosten der Gesundheit<br />
1<br />
Wir befragten eine Frau während des Programms, inwiefern Trichiasis<br />
(eine Augenkrankheit, <strong>die</strong> sich aus Trachoma generiert) ihre<br />
Arbeitsfähigkeit beeinflusst. Sie antwortete: „Meine Augenlider<br />
beißen wie ein Hund und kratzen wie ein Dorn. Könnten Sie auf einem<br />
Dorn stehen? Stellen Sie sich vor, sie hätten einen Dorn in ihrem Fuß,<br />
den Sie nicht entfernen können – nun versuchen Sie doch, vom<br />
Arbeiten zu sprechen.“<br />
Dr. Paul Emerson, Technischer Direktor des<br />
Carter Center’s Trachoma Control Program<br />
„Es würde mir alles bedeuten, vollständig zu genesen; Ich würde<br />
arbeiten und meine Familien unterstützen können.“<br />
Mare Aleghan, Trachoma-Patient in Äthiopien, 42 Jahre<br />
Die Erkrankungen, <strong>die</strong> auf eine unangemessene Wasserver- und<br />
Abwasserentsorgung zurückzuführen sind, reichen weit <strong>über</strong> <strong>die</strong><br />
vermeidbare Kindersterblichkeit hinaus. Etwa fünf Prozent der weltweiten<br />
Infektionen sind auf Erkrankungen durch Wasser zurückzuführen.<br />
Der Schmerz und das Leid, <strong>die</strong> mit <strong>die</strong>ser Last einhergehen,<br />
liegen jenseits unserer Vorstellungen.<br />
Im Übereinkommen wurde festgelegt, dass <strong>die</strong> durch Wasser<br />
verursachten Krankheiten in drei Kategorien unterteilt werden können:<br />
<strong>die</strong> durch Wasser <strong>über</strong>tragenen Krankheiten (wie etwa Durchfallerkrankungen,<br />
<strong>die</strong> <strong>über</strong>tragen werden durch mit Fäkalien kontaminiertes<br />
Wasser), <strong>die</strong> hygieneabhängigen Krankheiten (betroffen<br />
sind Augen und Haut, <strong>die</strong> mit kontaminierten Wasser in Berührung<br />
kommen, wie zum Beispiel bei der Trachoma-Erkrankung) und <strong>die</strong> auf<br />
Wasser basierenden Krankheiten (verursacht durch <strong>die</strong> im kontaminierten<br />
Wasser lebenden Parasiten, zum Beispiel Schistosomiasis<br />
oder andere Helminithen). Eine vierte Kategorie, <strong>die</strong> in den folgenden<br />
Abschnitten nicht berücksichtigt wird, sind <strong>die</strong> durch Insekten <strong>über</strong>tragenen<br />
Krankheiten, so zum Beispiel das Denguefieber oder <strong>die</strong><br />
Malaria. Einige der auf verseuchtem Wasser beruhenden Krankheiten<br />
erreichen in den <strong>Entwicklung</strong>sländern epidemische Ausmaße:<br />
• Interne Helminithen. Bis zu zehn Prozent der Bevölkerung in den<br />
<strong>Entwicklung</strong>sländern sind mit Eingeweidewürmern, insbesondere<br />
mit Spulwürmern (Ascariris lumbricoides), Peitschenwürmern<br />
(Trichuris trichuria) oder Hakenwürmern, infiziert. Die Infektion ist<br />
auf <strong>die</strong> unsachgemäße Beseitigung der Fäkalien sowie niedrige<br />
Hygienestandards zurückzuführen. Sie trägt zur Unterernährung,<br />
geistigen <strong>Entwicklung</strong>sstörungen und Anämie (Blutarmut) bei.<br />
Kinder, <strong>die</strong> von einem Wurmbefall betroffen, leiden vier mal<br />
häufiger als gesunde Kinder an Untergewicht.<br />
• Cholera. Cholera-Epidemien sind insbesondere in Gebiete mit<br />
einer hohen Bevölkerungskonzentration und schlechter Sanitärversorgung<br />
eine Hauptgefahr. Durch starke Regengüsse werden<br />
Latrinen <strong>über</strong>flutet und das Wasser verseucht. Die Bevölkerung<br />
ist schließlich den Cholera-Bakterien ausgeliefert. Im Jahr 2005<br />
litt Westafrika an <strong>über</strong> 63.000 Cholera-Fällen, wobei 1.000 Menschen<br />
daran starben. Insbesondere Senegal war nach den Überschwemmungen<br />
während der Regenzeit in Dakar enorm betroffen.<br />
Mit mehr als 400 Todesfällen monatlich, musste Angola in<br />
den ersten sechs Monaten im Jahr <strong>2006</strong> eine der schlimmsten<br />
Epidemien beklagen, <strong>die</strong> in den letzten Jahren <strong>über</strong> Afrika südlich<br />
der Sahara hinwegfegten.<br />
• Trachoma. Chlamydia trachomatis ist der Organismus, der <strong>die</strong><br />
Trachoma-Erblindung verursacht. Er wird mit den Händen oder<br />
durch Fliegen <strong>über</strong>tragen, <strong>die</strong> sich auf das Gesicht setzen und<br />
sich von der Flüssigkeit tränender Augen ernähren. Kinder sind<br />
ein bevorzugtes Ziel. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />
führte eine Trachoma-Infektion bei etwa sechs Millionen Menschen<br />
zur Erblindung. Weitere 150 Millionen Menschen müssen<br />
dringend behandelt werden und bei schätzungsweise 500 Millionen<br />
Menschen hat <strong>die</strong> Krankheit bereits ein kritisches Stadium<br />
erreicht. Die Infektionskrankheit ist endemisch in 55 Ländern, mit<br />
<strong>über</strong> zwei Millionen infizierten Menschen allein in China und<br />
In<strong>die</strong>n zusammen (siehe Tabelle). Man glaubt, dass <strong>die</strong> meisten<br />
blinden Menschen in Äthiopien leben, wobei ein Drittel der Fälle<br />
mit Trachoma in Verbindung gebracht werden.<br />
Erreicht <strong>die</strong> Infektion ein fortgeschrittenes Stadium, kann sie nur<br />
noch operativ behandelt werden. Obwohl eine Operation verhältnismäßig<br />
einfach ist und etwa zehn US-Dollar kostet, wird sie vielen<br />
Betroffenen verwehrt: Allein in Äthiopien benötigen etwa eine Million<br />
Menschen eine Operation, doch werden jedes Jahr lediglich<br />
60.000 Infizierte tatsächlich operiert. Arme Haushalte sind unverhältnismäßig<br />
oft von der Infektion betroffen, da <strong>die</strong> Krankheit auf Überbevölkerung<br />
und das Fehlen von hygienisch sauberem Wasser<br />
für <strong>die</strong> Körperpflege zurückzuführen ist. Der Produktivitätsverlust<br />
aufgrund von Trachoma liegt bei schätzungsweise 2,9 Milliarden<br />
US-Dollar pro Jahr.<br />
• Schistosomiasis. Etwa 200 Millionen Menschen in 74 Ländern<br />
sind von Schistosomiasis, einer Saugwürmergattung, befallen,<br />
mindestens weitere 600 Millionen Menschen sind stark gefährdet.<br />
20 Millionen der Infizierten leiden sehr unter der Krankheit,<br />
120 Millionen zeigen Symptome. Laut Schätzungen finden<br />
80 Prozent der Übertragungsfälle in Afrika südlich der Sahara<br />
statt und der Befall fordert jährlich Tausende Opfer. Eine Infektion<br />
durch Schistosomiasis, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> unhygienische Beseitigung<br />
<strong>menschliche</strong>r Fäkalien zurückzuführen ist, kann beim Kontakt mit<br />
kontaminiertem Wasser <strong>über</strong> das Trinkwasser, beim Waschen, an<br />
den Wasserstellen beim Wasser holen sowie beim Hüten von<br />
Tieren <strong>über</strong>tragen werden.<br />
Anzahl der Menschen mit Trachoma-Erblindung<br />
nach Land oder Region, 2004<br />
Region<br />
Anzahl der Menschen mit Trachoma-Erblindung<br />
China 1.174.000<br />
In<strong>die</strong>n 865.000<br />
Andere asiatische Länder und Inseln 1.362.000<br />
Afrika südlich der Sahara 1.380.000<br />
Nahost 927.000<br />
Lateinamerika 158.000<br />
Gesamtzahl 5.866.000<br />
Quelle: Sight Savers International <strong>2006</strong>.<br />
Die Krise der Wasser- und Sanitärversorgung beenden<br />
Quelle: Sight Savers International <strong>2006</strong>; WHO <strong>2006</strong>a; The Carter Center <strong>2006</strong>.<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 59