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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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6<br />

Die Bewirtschaftung grenz<strong>über</strong>schreitender Gewässer<br />

Die Aufteilung von Wasser<br />

auf <strong>die</strong> Verbraucher ist eine<br />

politisch heikle Aufgabe<br />

<strong>über</strong>schreitender Gewässer entscheiden. Unabhängig<br />

davon, wie ihre Entscheidung ausfällt,<br />

binden grenz<strong>über</strong>schreitende aquatische Systeme<br />

Länder in Arrangements zur gemeinsamen<br />

Nutzung von Umweltressourcen ein, <strong>die</strong> Einfluss<br />

auf <strong>die</strong> Lebensgrundlagen der darin lebenden<br />

Menschen haben.<br />

Die Nutzung durch <strong>die</strong> Oberlieger bestimmt<br />

<strong>die</strong> Wasserbewirtschaftungsoptionen<br />

der Unterlieger und legt damit den Grundstein<br />

für Streit oder Kooperation. Nirgendwo zeigt<br />

sich <strong>die</strong>s deutlicher als bei der Bewässerung.<br />

Unter den Ländern mit hochentwickelten<br />

Bewässerungssystemen sind Ägypten, der Irak,<br />

Syrien, Turkmenistan und Usbekistan von<br />

Flüssen abhängig, <strong>die</strong> zu zwei Dritteln oder<br />

mehr in Nachbarländern liegen. Das Euphrat-<br />

Tigris-Einzugsgebiet, um nur ein Beispiel zu<br />

nennen, versorgt den Irak, Syrien und <strong>die</strong> Türkei<br />

mit insgesamt 103 Millionen Einwohnern.<br />

Das türkische Südostanatolienprojekt, das den<br />

Bau von 21 Staudämmen zur Bewässerung von<br />

1,7 Millionen Hektar Land vorsieht, könnte <strong>die</strong><br />

in Syrien verfügbare Wassermenge um ein Drittel<br />

verringern, sodass es <strong>die</strong> Bevölkerung in dem<br />

Wassereinzugsgebiet in Gewinner und Verlierer<br />

aufteilen würde. 3<br />

In jedem Land ist <strong>die</strong> Aufteilung von<br />

Wasser auf <strong>die</strong> Verbraucher eine politisch<br />

heikle Aufgabe. Kommen zusätzlich nationale<br />

Grenzen ins Spiel, wird das Management noch<br />

komplexer. Dies gilt insbesondere, wenn <strong>die</strong><br />

Konkurrenz um das Wasser härter wird. Theoretisch<br />

besteht der optimale Ansatz in der integrierten<br />

Gewässerbewirtschaftung <strong>über</strong> das<br />

gesamte Einzugsgebiet, während gleichzeitig <strong>die</strong><br />

Länder entsprechend ihres komparativen Vorteils<br />

bei der Wassernutzung mit landwirtschaftlichen<br />

Ressourcen, Wasserkraft und anderen<br />

Dienstleistungen Handel treiben. Um ein offensichtliches<br />

Beispiel zu nehmen: Die Stromerzeugung<br />

aus Wasserkraft ist kostenwirksamer<br />

an oberen Flussabschnitten mit großem Gefälle<br />

im Gebirge, während <strong>die</strong> Bewässerung in Tälern<br />

und Ebenen bessere Resultate erbringt. In<br />

der Praxis fehlen in den meisten Flusseinzugsgebieten<br />

Institutionen zur Beilegung von Differenzen<br />

und zur Koordinierung der gemeinsamen<br />

Ressourcennutzung, und Faktoren wie<br />

Vertrauen und strategische Überlegungen spielen<br />

für <strong>die</strong> Regierungspolitik eine große Rolle.<br />

Der Umstand, das zwei Länder in einem<br />

Wassereinzugsgebiet liegen, gibt jedoch nicht<br />

das gesamte Bild von der Interpendenz wieder.<br />

Länder variieren hinsichtlich ihrer Abhängigkeit<br />

von solchen Einzugsgebieten. Manche Länder,<br />

<strong>die</strong> nur auf einem kleinen Teil der Fläche<br />

eines Einzugsgebiets liegen, sind unter hydrologischen<br />

Aspekten sehr stark darauf angewiesen.<br />

Das Gegenteil kann aber auch der Fall sein. Beispielsweise<br />

nimmt Bangladesch nur etwa sechs<br />

Prozent der Fläche des Ganges-Brahmaputra-<br />

Meghna-Einzugsgebiets ein; <strong>die</strong>s macht jedoch<br />

drei Viertel seines Territoriums aus. 4 Und obgleich<br />

ein Fünftel des Mekong-Einzugsgebiets<br />

in China liegt, entspricht <strong>die</strong>s weniger als zwei<br />

Prozent des chinesischen Staatsgebiets. Weiter<br />

flussabwärts liegen mehr als vier Fünftel der<br />

Demokratischen Volksrepublik Laos und fast<br />

90 Prozent von Kambdoscha innerhalb des<br />

Einzugsgebiets.<br />

Dem Flusslauf folgen<br />

Die meisten Menschen sind sich der Konsequenzen<br />

der gegenseitigen Abhängigkeit beim<br />

Wasser, <strong>die</strong> Länder verbindet, für <strong>die</strong> Bevölkerung<br />

nicht bewusst. Sie ist jedoch Teil einer<br />

Realität mit Auswirkungen auf das Leben und<br />

<strong>die</strong> Chancengleichheit.<br />

Der Nil ist ein Beispiel für <strong>die</strong>se Realität.<br />

Etwa 150 Millionen Menschen leben im Nil-<br />

Einzugsgebiet – einem aquatischen System,<br />

dass 96 Prozent der Ägypter im Nil-Tal und<br />

-Delta mit Menschen verbindet, <strong>die</strong> im äthiopischen<br />

Hochland, im Norden Ugandas oder in<br />

anderen Ländern leben. 5 Wasser und Sedimente,<br />

hauptsächlich aus Äthiopien, haben einen<br />

langen Streifen Wüste bewohnbar gemacht und<br />

das Nil-Delta ernährt. In ähnlicher Weise verbindet<br />

der Jordan <strong>die</strong> Menschen, Lebensgrundlagen<br />

und Ökosysteme in Israel, Jordanien<br />

und den Besetzten Palästinensischen Gebieten<br />

<strong>über</strong> eine gemeinsame Wasserquelle.<br />

Der vielleicht einfachste Weg, um zu verstehen,<br />

was gegenseitige wasserwirtschaftliche Abhängigkeit<br />

für <strong>die</strong> betroffenen Menschen bedeutet,<br />

besteht darin, dem Lauf eines Flusses zu<br />

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BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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