Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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etwas gegen nicht nachhaltige Wasserschulden<br />
tun müssen. In China spielt <strong>die</strong> Bedarfssteuerung<br />
eine immer wichtigere Rolle im Wassermanagement.<br />
Seit 2000 hat <strong>die</strong> Kommission für<br />
den Gelben Fluss für <strong>die</strong> am Oberlauf gelegenen<br />
Provinzen Einschränkungen der Wasserentnahme<br />
verhängt und damit für mehr Wasser in<br />
den unteren Flussabschnitten gesorgt. Im Einzugsgebiet<br />
des Hei-Flusses wurde zudem der<br />
Umwelt mehr Wasser zugestanden; hier werden<br />
jedoch zukünftig noch strengere Maßnahmen<br />
erforderlich sein. Die Murray-Darling-<br />
Kommission in Australien liefert weitreichende<br />
institutionelle Rahmenbedingungen für <strong>die</strong><br />
Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen<br />
dem Wasserverbrauch der Menschen<br />
und dem Umweltbedarf. Diese Rahmenbedingungen<br />
legen jährliche Entnahmeraten in<br />
einem auf dem Muster des Wasserverbrauchs<br />
im Jahr 1993 basierenden Verhältnis fest.<br />
Manche Kommentatoren vertreten allerdings<br />
den Standpunkt, dass <strong>die</strong> ökologischen Grenzen<br />
damit weiterhin <strong>über</strong>schritten werden.<br />
Regierungen in Südafrika und in anderen Ländern<br />
haben Gesetze erlassen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Berücksichtigung<br />
des Umweltbedarfs vor der Ausstellung<br />
von Genehmigungen zur Entnahme durch<br />
den Menschen vorschreiben (siehe Kasten 4.7<br />
weiter unten in <strong>die</strong>sem Kapitel). All <strong>die</strong>s sind<br />
Beispiele dafür, dass Regierungen heute für <strong>die</strong><br />
Konsequenzen politischer Fehler in der Vergangenheit<br />
büßen müssen. In Zukunft werden<br />
jedoch noch weit radikalere Maßnahmen erforderlich<br />
sein.<br />
Allgemeinere Symptome von Knappheit<br />
Die physischen Symptome von zu hohem<br />
Wasserverbrauch variieren. Zu den am wenigsten<br />
sichtbaren, aber am weitesten verbreiteten<br />
Problemen zählen sinkende Grundwasserspiegel.<br />
Dazu kommt es, wenn mehr Grundwasser<br />
entnommen wird, als durch den hydrologischen<br />
Kreislauf neu gebildet wird. 28 Im Jemen,<br />
in Teilen In<strong>die</strong>ns und in Nordchina sinken <strong>die</strong><br />
Grundwasserspiegel um mehr als 1 Meter jährlich.<br />
In Mexiko <strong>über</strong>schreiten <strong>die</strong> Entnahmemengen<br />
bei etwa einem Viertel der 459 Grundwasserleiter<br />
des Landes <strong>die</strong> langfristige Neubildung<br />
um mehr als 20 Prozent, wobei <strong>die</strong><br />
zu hohe Entnahme vor allem in den ariden<br />
Landesteilen erfolgt. 29<br />
Die Austrocknung von Flüssen ist ein weiteres<br />
Symptom von Wasserknappheit. Der Weltökosystemstu<strong>die</strong><br />
zufolge zählen aquatische<br />
Ökosysteme mittlerweile zu den am meisten<br />
geschädigten natürlichen Ressourcen auf der<br />
Welt – ein Befund, der auf das Überschreiten<br />
ökologischer Grenzen zurückgeführt werden<br />
kann. 30 In China fallen <strong>die</strong> Unterläufe des Jangtse<br />
und des Gelben Flusses für große Teile des<br />
Jahres trocken. Die Liste der Flusssysteme mit<br />
wesentlich zu hoher Entnahme und verringerten<br />
Abflüssen umfasst den Colorado, den<br />
Ganges, den Jordan, den Nil sowie Euphrat und<br />
Tigris.<br />
Seen und Binnengewässer liefern einen<br />
weiteren Indikator für <strong>die</strong> Übernutzung der<br />
Vorräte. 1960 hatte der Aral-See <strong>die</strong> Größe von<br />
Belgien und stützte eine blühende lokale Wirtschaft.<br />
Heute ist er ein hypersaliner See so gut<br />
wie ohne Leben, der nur noch ein Viertel so<br />
groß wie früher ist. Schuld daran sind Planer<br />
des früheren Sowjetstaates, <strong>die</strong> entschieden,<br />
dass <strong>die</strong> großen Flüsse Zentralasiens – der Syr<br />
Darja und der Amu Darja – zur Schaffung eines<br />
riesigen bewässerten Baumwollgürtels genutzt<br />
werden sollten. Dieser rücksichtslose Ansatz<br />
zum Wassermanagement besiegelte das Schicksal<br />
eines ganzen Ökosystems – mit verheerenden<br />
Folgen für das <strong>menschliche</strong> Wohlergehen<br />
(siehe Kapitel 6). Die zu hohe Entnahme hat<br />
zur Schrumpfung vieler der großen Seen in<br />
Afrika einschließlich des Tschad , des Nakivaleund<br />
des Nakaru-Sees beigetragen. Teils infolge<br />
des Klimawandels und teils wegen zu hoher<br />
Entnahme ist der Tschad-See auf zehn Prozent<br />
seiner früheren Ausdehnung geschrumpft.<br />
Die Wassermenge ist nicht der einzige maßgebliche<br />
Indikator für Wasserknappheit. Die<br />
Qualität hat ebenfalls einen Einfluss auf das für<br />
<strong>die</strong> Nutzung zur Verfügung stehende Volumen.<br />
Und in vielen Einzugsgebieten mit der größten<br />
Knappheit wurde <strong>die</strong> Wasserqualität durch<br />
Verschmutzung beeinträchtigt. Alle 14 großen<br />
indischen Flusssysteme sind stark verschmutzt.<br />
In Delhi, um nur ein Beispiel zu nennen, werden<br />
täglich 200 Millionen Liter unbehandelter<br />
Abwässer und 20 Millionen Liter Abfälle in <strong>die</strong><br />
In vielen Einzugsgebieten<br />
mit der größten Knappheit<br />
wurde <strong>die</strong> Wasserqualität<br />
durch Verschmutzung<br />
beeinträchtigt<br />
4<br />
Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 179