Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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5<br />
Konkurrenz um Wasser in der Landwirtschaft<br />
Die Kostendeckung ist<br />
Teil eines umfassenderen<br />
Systems, das <strong>die</strong><br />
Dienstleistungserbringung<br />
steuert<br />
erreicht jedoch nur 13 Prozent. Auf der anderen<br />
Seite der Trennlinie zwischen den sozialen<br />
Schichten auf dem Land verfügen weniger als<br />
fünf Prozent der ländlichen Bewässerungsnutzer<br />
<strong>über</strong> mehr als 50 Prozent der Konzessionen<br />
für Wasserrechte. 38<br />
Erhebung von Wassergebühren<br />
Bewässerungsgebühren werden in der Regel als<br />
Pauschalsatz nach der Größe der bepflanzten<br />
Flächen erhoben, sodass <strong>die</strong> Bauern am Kanalende<br />
trotz geringerer und unregelmäßigerer Wasserzufuhr<br />
ebenso viel bezahlen wie <strong>die</strong> Anlieger<br />
am Anfang und an der Mitte der Kanäle. Außerdem<br />
sind <strong>die</strong> von armen Kleinbauern pro Hektar<br />
entrichteten Gebühren höher, weil sie in der Regel<br />
einen größeren Anteil ihres Lands bebauen.<br />
Anlieger am Kanalende bezahlen ebenfalls mehr,<br />
weil <strong>die</strong> Unzuverlässigkeit der Versorgung mit<br />
Bewässerungswasser sie dazu zwingt, in <strong>die</strong><br />
Grundwasserentnahme zu investieren (<strong>die</strong> rund<br />
neunmal teurer ist als <strong>die</strong> Kanalbewässerung). So<br />
wie auch <strong>die</strong> städtischen Wasserverbraucher mit<br />
hohem Einkommen weniger für ihr Wasser bezahlen<br />
als <strong>die</strong> Slumbewohner (siehe Kapitel 2),<br />
bezahlen manche der ärmsten Bauern Südasiens<br />
mehr für ihr Bewässerungswasser als <strong>die</strong> größten<br />
Grundbesitzer ihres Landes. In China und Vietnam<br />
sind <strong>die</strong> Wassergebühren durchweg höher<br />
als in Südasien, aber das Wasser wird innerhalb<br />
der Bewässerungssysteme gerechter und zuverlässiger<br />
verteilt, sodass arme Erzeuger ihre Gebühren<br />
durch höhere Produktivität finanzieren<br />
können. 39<br />
Für <strong>die</strong> Sicherstellung von Gerechtigkeit bei<br />
der Finanzierung von Bewässerungsinfrastruktur<br />
gibt es keine Standardformel. Die Kapitalkosten<br />
des Baus von Bewässerungssystemen<br />
sind viel zu hoch, um von den landwirtschaftlichen<br />
Erzeugern getragen zu werden. Vom alten<br />
Ägypten <strong>über</strong> das Mogulreich bis zu den US-<br />
Regierungen der 1920er und 1930er Jahre<br />
wurden daher solche Kapitalkosten aus dem<br />
allgemeinen Steueraufkommen finanziert. Die<br />
Mittel für Wartung und Betrieb der Systeme<br />
sollten jedoch hauptsächlich von den Nutzern<br />
aufgebracht werden, mit einer Preisgestaltung,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Zahlungsfähigkeit und <strong>die</strong> erbrachte<br />
Dienstleistung berücksichtigt.<br />
Dies ist in Ostasien und in gut funktionierenden<br />
Bewässerungssystemen anderer Regionen,<br />
etwa in Ägypten, Marokko und der<br />
Türkei, weitgehend der Fall, jedoch nicht<br />
in Südasien, wo staatliche Subventionen ein<br />
wesentlich größeres Gewicht haben. In Pakistan<br />
werden weniger als <strong>die</strong> Hälfte der Betriebsund<br />
Wartungskosten von Bewässerungssystemen<br />
durch <strong>die</strong> Nutzer gedeckt, und <strong>die</strong> größten<br />
Vorteile sichern sich <strong>die</strong> großen Erzeuger.<br />
In In<strong>die</strong>n haben etwa 13 Prozent der Bevölkerung<br />
Zugang zu Bewässerung. Innerhalb <strong>die</strong>ser<br />
Gruppe entfallen 73 Prozent der Subventionen<br />
auf das reichste Drittel der Bauern. 40<br />
Gleichzeitig führen niedrige Kostendeckungsraten<br />
häufig zu schlechter Versorgung, vor<br />
allem für <strong>die</strong> Endanlieger. Niedrige Kostendeckungsraten<br />
führen außerdem zu hoher<br />
Ungerechtigkeit.<br />
Einziehung der Gebühren<br />
Die Kostendeckung kann nicht isoliert betrachtet<br />
werden. Sie ist Teil eines umfassenderen Systems,<br />
das <strong>die</strong> Dienstleistungserbringung steuert.<br />
Eine der einflussreichsten institutionellen<br />
Veränderungen, <strong>die</strong> sich in den letzten Jahren<br />
auf <strong>die</strong>sem Gebiet vollzogen, war <strong>die</strong> Einführung<br />
des partizipatorischen Bewässerungsmanagements<br />
und der Aufbau von Wassernutzervereinigungen.<br />
Im besten Fall – wie etwa in<br />
Indonesien, Mexiko und der Türkei – wurde<br />
durch institutionelle Reformen das Management<br />
auf <strong>die</strong> Bewässerungsnutzer <strong>über</strong>tragen,<br />
was zu deutlichen Steigerungen der Einnahmen,<br />
der Ausgaben für Instandhaltung und der<br />
durch Bewässerung erzielten Rendite führte.<br />
Daraus folgt, dass dort, wo Erzeuger mehr<br />
Befugnisse und Verantwortung für das Wassermanagement<br />
erhalten, <strong>die</strong> Preisgestaltung, <strong>die</strong><br />
Kostendeckung und <strong>die</strong> erbrachten Dienstleistungen<br />
durch <strong>die</strong>se Transparenz verbessert werden.<br />
41<br />
Um Erzeuger mit mehr Befugnissen auszustatten,<br />
eine solide Finanzgrundlage herzustellen<br />
und den Bauern greifbare Vorteile zu bringen,<br />
sind verschiedene finanzielle und institutionelle<br />
Maßnahmen erforderlich, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Position<br />
der Nutzer stärken. Dabei muss das von oben<br />
nach unten strukturierte Verwaltungsmodell,<br />
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BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>