Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3<br />
Das riesige Defizit bei der Sanitärversorgung<br />
Kasten 3.6<br />
Lesotho – Fortschritt bei der Sanitärversorgung auf dem Land<br />
Vor zwanzig Jahren startete Lesotho mit finanzieller Unterstützung durch das <strong>Entwicklung</strong>sprogramm<br />
der Vereinten Nationen und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen<br />
ein kleines Pilotprojekt für <strong>die</strong> Sanitärversorgung auf dem Land. Seitdem ist der<br />
Versorgungsgrad im ländlichen Raum von 15 auf 32 Prozent angestiegen und liegt<br />
damit höher als in vielen Ländern mit höheren Durchschnittseinkommen. Die neue<br />
Zielvorgabe ist eine flächendeckende Versorgung bis zum Jahr 2010.<br />
Das Projekt erzeugt Nachfrage und leistet Unterstützung für Schulungen im<br />
Bau von Latrinen. Sanitärteams des jeweiligen Bezirks nutzen Strukturen des örtlichen<br />
Gemeinwesens, um <strong>über</strong> <strong>die</strong> Vorteile einer geregelten Sanitärversorgung aufzuklären<br />
und Nachfrage nach verbesserten Latrinen zu schaffen. Die Nachfrage wird<br />
mithilfe kleiner örtlicher Anbieter befriedigt, <strong>die</strong> von kommunalen Behörden durch<br />
Schulungsmaßnahmen unterstützt werden.<br />
Die Verknüpfung von Gesundheits- und Hygieneerziehung mit den Bau- und technischen<br />
Maßnahmen wird auf Landesebene vom Innenministerium (das hauptsächlich<br />
mit Aspekten der technischen Ausrüstung befasst ist) und Gesundheitsministerium<br />
koordiniert. Auch <strong>die</strong> Abstimmung mit den Wasserversorgungsunternehmen ist besser<br />
geworden.<br />
Eine der Herausforderungen, <strong>die</strong> sich im Hinblick auf den Zieltermin 2010 stellt,<br />
ist <strong>die</strong> Einbeziehung der ärmsten Haushalte des Landes. Eine auf volle Kostendeckung<br />
ohne Subventionierung ausgelegte Politik hat den Anreiz für Innovation<br />
geschaffen. Doch selbst einfache Latrinen sind für <strong>die</strong> ganz Armen immer noch unerschwinglich.<br />
Erst vor kurzem wurden Maßnahmen eingeführt, um durch Mikrokreditprogramme<br />
mit langen Kredittilgungsfristen Latrinen bezahlbarer zu machen.<br />
Quelle: Jenkins und Sugden <strong>2006</strong>; World Bank 2004b.<br />
Mittelzuweisungen durch <strong>die</strong> Zentralregierung<br />
an <strong>die</strong> Kommunen machen zwei Drittel der<br />
Investitionen im Bereich der Wasser- und Sanitärversorgung<br />
aus, wobei ärmere und kleinere<br />
Kommunen höhere Mittel pro Kopf erhalten. 22<br />
Andere Programme der Zentralregierung sehen<br />
Zuschüsse für arme Haushalte vor, damit <strong>die</strong>se<br />
sich leisten können, <strong>die</strong> Anschluss- und Nutzungsgebühren<br />
zu entrichten (s. Kapitel 2), und<br />
stellen kleineren Versorgungsunternehmen Kredite<br />
und technische Unterstützung zur Verfügung.<br />
Dadurch entstanden armen städtischen<br />
Haushalten konkrete Vorteile. Auch in Marokko<br />
wurden von der staatlichen Politik Anreize<br />
dafür geschaffen, dass Versorgungsunternehmen<br />
ihre Dienstleistungen auf einkommensschwache<br />
städtische Haushalte ausweiten. Das<br />
Problem in beiden Ländern ist jedoch, dass keine<br />
wirkungsvolle nationale Strategie für <strong>die</strong><br />
Sanitärversorgung ländlicher Gebiete vorhanden<br />
ist. So hat beispielsweise der Nationale <strong>Entwicklung</strong>splan<br />
Kolumbiens <strong>die</strong> Bedarfsdeckung<br />
in städtischen Gebieten im Blick, nicht jedoch<br />
<strong>die</strong> ländlichen Gebieten. Politische Ziele und<br />
nationale Vorgaben sind ganz auf den Anschluss<br />
an das Kanalisationsnetz ausgerichtet,<br />
aber in ländlichen Gebieten können Grubenlatrinen<br />
angebrachter sein.<br />
Zusammenarbeit mit Gemeinschaften<br />
Fortschrittshemmende Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
können verändert werden, wenn<br />
es gelingt, ein Umfeld zu schaffen, in dem Sanitärversorgung<br />
sowohl als Verantwortung von<br />
Haushalten als auch als Recht der Gemeinschaften<br />
betrachtet wird. Ein derartiges Umfeld<br />
setzt eine dynamische Wechselwirkung zwischen<br />
Behörden und Gemeinschaften voraus.<br />
Dies bedeutet, dass man sich des Sozialkapitals<br />
von Gemeinschaften be<strong>die</strong>nt und ein Gefühl<br />
für gesellschaftliche Solidarität und Bürgersinn<br />
aufbaut, wobei Regierungen <strong>die</strong> Aufgabe zukommt,<br />
ein politisches Umfeld zu schaffen, das<br />
allen Menschen Fortschritte hin zu verbesserter<br />
Sanitärversorgung ermöglicht.<br />
Einige der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten<br />
bei der Sanitärversorgung sind das<br />
Ergebnis von Partnerschaften zwischen dem<br />
Staat und der Bevölkerung, bei denen ein weites<br />
Spektrum an Organisationen der Zivilgesellschaft<br />
eine Brückenfunktion einnimmt. Die<br />
Politik kann Nachfrage schaffen und Initiativen<br />
der Gemeinschaften auf eine andere Ebene<br />
heben. Die Kampagne für umfassende Sanitärversorgung<br />
in Bangladesch kann als Beispiel<br />
hierfür <strong>die</strong>nen. Ein weiteres Beispiel ist der<br />
rasche Fortschritt bei der Sanitärversorgung in<br />
ländlichen Teilen von Lesotho, wo ein <strong>über</strong>zeugender<br />
nationaler Planungsprozess und politische<br />
Führerschaft, <strong>die</strong> sehr stark auf <strong>die</strong> Einbeziehung<br />
örtlicher Gemeinschaften abhoben,<br />
zu wirklichen Fortschritten führte 23 (Kasten<br />
3.6).<br />
Viele staatliche Maßnahmen sind zu Recht<br />
kritisiert worden, da <strong>die</strong> bereitgestellte Technologie<br />
nicht angepasst war, doch <strong>die</strong> Erfolgsgeschichten<br />
werden weniger beachtet. In Brasilien<br />
unterstützten <strong>die</strong> Kommunalverwaltungen<br />
einen Wechsel von konventioneller Kanalisationstechnologie<br />
zu einer kostengünstigeren<br />
Alternative, dem Gemeinschaftsansatz<br />
(Kondominialsystem). Dieses System hat zu<br />
160<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>