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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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6<br />

Die Bewirtschaftung grenz<strong>über</strong>schreitender Gewässer<br />

In allen Ländern kann<br />

<strong>die</strong> Übernutzung von<br />

Grundwasser durch eine<br />

Gruppe von Verbrauchern<br />

<strong>die</strong> Ressourcenbasis für<br />

alle untergraben<br />

70 Prozent. Zwei bolivianische Großstädte im<br />

Einzugsgebiet – El Alto und Oruro mit einem<br />

Viertel der Bevölkerung des Landes – decken<br />

ihren Wasserbedarf aus dem See. 12<br />

Hinsichtlich der Kooperation sind Seen<br />

problematischer als Flüsse. Sie werden weniger<br />

schnell wiederaufgefüllt, was den Konkurrenzdruck<br />

erhöht. Als „abgeschlossene“, aber interdependente<br />

Ökosysteme reagieren sie noch<br />

empfindlicher auf Schadstoffeinträge und <strong>die</strong><br />

Wasserentnahme als Flüsse, was Auswirkungen<br />

auf <strong>die</strong> Weitergabe schlechter Wasserqualität<br />

hat. Andere Schwierigkeiten erwachsen aus<br />

Klassifizierungskonflikten. Die fünf Anliegerstaaten<br />

des Kaspischen Meeres können sich<br />

nicht dar<strong>über</strong> verständigen, ob es sich dabei um<br />

ein Meer oder einen See handelt. Dieser Rechtsstreit<br />

hat aufgrund der unterschiedlichen<br />

Regeln für <strong>die</strong> beiden Gewässerformen Konsequenzen<br />

für <strong>die</strong> Bewirtschaftung der gemeinsamen<br />

Ressource.<br />

Im Gegensatz zu Flüssen und Seen sind<br />

Grundwasserleiter unsichtbar. In ihnen sind<br />

auch mehr als 90 Prozent der Süßwasservorräte<br />

auf der Welt gespeichert – und genauso wie<br />

Flüsse und Seen erstrecken sie sich <strong>über</strong> Grenzen<br />

hinweg. 13 Allein in Europa gibt es mehr als<br />

100 grenz<strong>über</strong>schreitende Grundwasserleiter.<br />

Der Guaraní-Grundwasserleiter in Südamerika<br />

erstreckt sich <strong>über</strong> Teile von Argentinien, Brasilien,<br />

Paraguay und Uruguay. Der Tschad,<br />

Ägypten, Libyen und der Sudan – alles Länder<br />

mit großer Wasserknappheit – teilen sich das<br />

Nubische Aquifersystem. Der so genannte<br />

Great Man-Made River, ein System von zwei<br />

im Sandboden der Sahara versenkten Pipelines,<br />

transportiert Wasser aus <strong>die</strong>sem fossilen<br />

Grundwasserleiter an <strong>die</strong> libysche Küste zur<br />

Bewässerung von Feldern um Benghasi und<br />

Tripolis. Der so genannte Mountain Aquifer,<br />

der durch Israel und <strong>die</strong> Palästinensischen<br />

Gebiete führt, trägt entscheidend zur sicheren<br />

Wasserversorgung beider Territorien bei. Er<br />

ist <strong>die</strong> Hauptquelle für Bewässerungswasser<br />

im Westjordanland und eine wichtige Wasserquelle<br />

für Israel.<br />

Kooperation bei der Grundwassernutzung<br />

stellt Regierungen vor einige offensichtliche<br />

Herausforderungen. Messprobleme erschweren<br />

<strong>die</strong> Überwachung der Entnahmeraten bei<br />

Grundwasserleitern. Selbst wenn Regierungen<br />

kooperieren, kann Grundwasser mit Hilfe<br />

privater Pumpen entnommen werden, wie <strong>die</strong><br />

rasche Absenkung der Grundwasserspiegel in<br />

Südasien belegt. Der ökologische Fußabdruck<br />

unregulierter Wasserentnahme durch einzelne<br />

Nutzer kann zu einer „Tragik der Allmende“<br />

führen, der Übernutzung einer gemeinsamen<br />

Ressource bis jenseits der Nachhaltigkeitsgrenze.<br />

In allen Ländern kann <strong>die</strong> Übernutzung<br />

von Grundwasser durch eine Gruppe von Verbrauchern<br />

<strong>die</strong> Ressourcenbasis für alle untergraben.<br />

Beispielsweise hat sich <strong>die</strong> zu hohe Entnahme<br />

von Grundwasser im indischen Bundesstaat<br />

Gujarat zu einer doppelten Bedrohung für<br />

<strong>die</strong> landwirtschaftlichen Erzeuger entwickelt,<br />

weil sie <strong>die</strong> Wasserverfügbarkeit verringert und<br />

den Salzgehalt des Bodens erhöht hat (siehe Kapitel<br />

4). Ähnliche Probleme können auch<br />

grenz<strong>über</strong>schreitend auftreten. Wenn Grundwasserspiegel<br />

wegen zu hoher Entnahme auf<br />

einer Seite der Grenze absinken und nichts gegen<br />

das allmähliche Einsickern von Salzwasser<br />

sowie Arsen, Nitraten und Sulfaten unternommen<br />

wird, kann es geschehen, dass das Grundwasser<br />

in den Nachbarländern nicht mehr<br />

genutzt werden kann. Dies war der Fall bei<br />

großen Teilen des Grundwasserleiters im Gaza-<br />

Streifen, wo <strong>die</strong> Schadstoffbelastung <strong>die</strong> bereits<br />

extremen Probleme der Wasserknappheit verschärft.<br />

264<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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