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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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Kasten 2.2<br />

Wasserversorgung: geschlechtsspezifische Aspekte und Zeitarmut<br />

Einer der wichtigsten Vorteile eines verbesserten Zugangs zu<br />

Wasser ist <strong>die</strong> Zeitersparnis für Frauen und Mädchen und ihre<br />

erweiterten Wahlmöglichkeiten. Wasserholen ist Teil einer geschlechtsspezifischen<br />

Arbeitsteilung, <strong>die</strong> Ungleichheit innerhalb<br />

von Haushalten verstärkt, zu Zeitarmut beiträgt und <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong>n<br />

<strong>Entwicklung</strong>smöglichkeiten eines großen Teils der Weltbevölkerung<br />

beeinträchtigt.<br />

Soziale und kulturelle Normen beeinflussen <strong>die</strong> Arbeitsteilung im<br />

Haushalt. In <strong>Entwicklung</strong>sländern sind Kinderbetreuung, Pflege von<br />

kranken und alten Menschen, <strong>die</strong> Zubereitung von Mahlzeiten und<br />

das Sammeln von Wasser und Brennholz Aufgaben, <strong>die</strong> <strong>über</strong>wiegend<br />

<strong>die</strong> Frauen <strong>über</strong>nehmen. Solche Normen bedeuten ungleiche<br />

Arbeitszeiten von Männern und Frauen: Zeituntersuchungen in Benin,<br />

Madagaskar, Mauritius und Südafrika deuten auf wöchentliche<br />

Arbeitszeitunterschiede von fünf bis sieben Stunden hin.<br />

Unter anderem beim Wasserholen manifestiert sich <strong>die</strong> Ungleichheit<br />

der Geschlechter. Im ländlichen Benin sind Mädchen zwischen<br />

6 und 14 Jahren durchschnittlich eine Stunde am Tag damit beschäftigt,<br />

Wasser zu holen, ihre Brüder im Vergleich dazu nur 25 Minuten.<br />

In Malawi gibt es je nach Jahreszeit erhebliche Unterschiede im<br />

Hinblick auf <strong>die</strong> Zeit, <strong>die</strong> für Wasserholen benötigt wird, Frauen<br />

wenden jedoch durchgängig vier- bis fünfmal so viel Zeit für <strong>die</strong>se<br />

Arbeit auf wie Männer.<br />

Warum ist das für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong> wichtig? Zeit<br />

ist eine wichtige Ressource für <strong>die</strong> <strong>Entwicklung</strong> von Fähigkeiten.<br />

Ausufernde Zeitbeanspruchung für grundlegende Tätigkeiten führt zu<br />

Erschöpfung, verringert <strong>die</strong> für Erholung und Kinderbetreuung zur<br />

Verfügung stehende Zeit und reduziert <strong>die</strong> Wahlmöglichkeiten – sie<br />

schränkt <strong>die</strong> substanziellen Freiheiten, <strong>die</strong> Frauen in Anspruch<br />

nehmen können, ein. Sie stellt außerdem ein Dilemma dar, für das es<br />

keine befriedigende Lösung gibt. Soll eine Frau sich um ein krankes<br />

Kind kümmern oder zwei Stunden mit Wasserholen verbringen?<br />

Sollen Mädchen Wasser holen statt zur Schule zu gehen und damit<br />

ihren Müttern freie Zeit für das Anpflanzen von Nahrungsmitteln oder<br />

für andere einkommensschaffende Tätigkeiten verschaffen? Oder<br />

sollten sie zur Schule gehen, um <strong>die</strong> Fähigkeiten zu erlernen, mit<br />

denen sie der Armut entfliehen können?<br />

Zeitarmut trägt auch zu Einkommensarmut bei. Sie reduziert <strong>die</strong><br />

Zeit, <strong>die</strong> für einkommensschaffende Tätigkeiten zur Verfügung steht,<br />

sie begrenzt <strong>die</strong> Möglichkeit von Frauen, Marktchancen wahrzunehmen<br />

und behindert ihre Möglichkeit, Fähigkeiten und Kenntnisse zu<br />

erwerben, mit denen sie zukünftig mehr Geld ver<strong>die</strong>nen könnten.<br />

2<br />

Wasser für den <strong>menschliche</strong>n Verbrauch<br />

Frauen müssen mehr Zeit für Wasserholen aufwenden, insbesondere in ländlichen Gebieten (Minuten pro Tag)<br />

Benin, 1998 Ghana, 1998/99 Guinea, 2002/03 Madagaskar, 2001<br />

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer<br />

In der Stadt 16 6 33 31 10 3 16 10<br />

Auf dem Land 62 16 44 34 28 6 32 8<br />

Landesweit 45 12 41 33 23 5 27 9<br />

Quelle: Wodon und Blackden <strong>2006</strong>.<br />

Die meisten armen Haushalte auf dem<br />

Land beziehen ihr Wasser aus einer Vielzahl<br />

von Quellen. Ganz oben auf der Liste rangieren<br />

nicht verbesserte Quellen – Seen, Bäche, Flüsse.<br />

Die am weitesten verbreiteten verbesserten<br />

Wasserquellen sind geschützte Dorfbrunnen.<br />

Bei Bemühungen, <strong>die</strong> Wasserversorgung auszuweiten,<br />

hat man sich vor allem auf Bohrlöcher<br />

und Pumpen konzentriert. Mehr noch als in<br />

städtischen Gebieten hängt der Erfolg auf dem<br />

Land davon ab, ob <strong>die</strong> Kommunen den Willen<br />

und <strong>die</strong> Kapazitäten haben, Arbeitskraft und<br />

Finanzen für den Betrieb und <strong>die</strong> Instandhaltung<br />

beizusteuern – gleichzeitig aber auch von<br />

der Bereitschaft der Dienstleistungsanbieter,<br />

<strong>die</strong> Nachfrage nach einer geeigneten Technologie<br />

zu befriedigen.<br />

Wie in städtischen Gebieten können Daten<br />

<strong>über</strong> verbesserte Technologien <strong>über</strong> <strong>die</strong> wirkliche<br />

Versorgungslage in einem beträchtlichen<br />

Maße hinwegtäuschen. Durch unzureichende<br />

Wartung der Infrastruktur, ungenügende Ausbildung<br />

für Reparaturarbeiten und nicht ausreichende<br />

finanzielle Mittel für den Betrieb sind<br />

<strong>die</strong> Wasserversorgungssysteme auf dem Land in<br />

vielen Ländern wieder zusammengebrochen.<br />

Um nur ein Beispiel zu nennen: Eine Untersuchung<br />

in Äthiopien ergab, dass 29 Prozent der<br />

Handpumpen und 33 Prozent der mechanisch<br />

betriebenen Bohrlöcher in ländlichen Gebieten<br />

aufgrund von Wartungsproblemen nicht funktionierten.<br />

16 In Ruanda muss schätzungsweise<br />

ein Drittel der Wasserversorgungsinfrastruktur<br />

auf dem Land dringend repariert werden.<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 113

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