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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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5<br />

Konkurrenz um Wasser in der Landwirtschaft<br />

Ungleichheiten zwischen<br />

den Geschlechtern sind<br />

sowohl bei den formellen<br />

als auch bei den informellen<br />

Bodenrechten weit verbreitet<br />

landwirtschaft steht im Mittelpunkt einer seit<br />

langem geführten Debatte in <strong>die</strong>sem Land.<br />

Manche betrachten <strong>die</strong>sen Sektor als eine Quelle<br />

für Beschäftigung, Innovation und Sicherung<br />

der Ernährung in einem durch Ungewissheit,<br />

finanzielle Engpässe und weit verbreitete Armut<br />

gekennzeichneten Umfeld. Andere sehen<br />

<strong>die</strong> Notwendigkeit, <strong>die</strong> Landwirtschaft durch<br />

umfangreiche Kapitalinvestitionen zu modernisieren.<br />

Das ländliche <strong>Entwicklung</strong>sprogramm<br />

der Regierung strebt den Ausbau beider Sektoren<br />

an. Im Tal des Senegal-Flusses bemühten<br />

sich jedoch dezentralisierte ländliche Körperschaften<br />

darum, große ausländische Investoren<br />

aus Frankreich und Saudi-Arabien anzuziehen,<br />

indem sie ihnen Zugang zu Land und Bewässerungsressourcen<br />

einräumten. Der daraus resultierende<br />

Wettbewerb um Wasser stieß auf den<br />

Widerstand der Bauern, <strong>die</strong> Gewohnheitsrechte<br />

auf Land und Wasser geltend machten und<br />

<strong>die</strong> nationalen Behörden zum Eingreifen zwangen.<br />

26<br />

Gewohnheitsrecht kann das<br />

Management verbessern, aber<br />

auch Ungleichheiten verschärfen<br />

Manche betrachten das Gewohnheitsrecht als<br />

Hindernis für Fortschritt und Modernisierung<br />

in der Landwirtschaft, während andere darin<br />

eine Garantie für Zugangsgerechtigkeit sehen.<br />

Beide Sichtweisen sind leicht <strong>über</strong>trieben. Das<br />

Gewohnheitsrecht ist häufig Teil eines höchst<br />

ausgefeilten Systems von Institutionen zur<br />

Bewirtschaft der knappen Ressource Wasser. Es<br />

kann aber auch Ungleichheit fördern.<br />

Belege aus dem Senegal-Tal machen <strong>die</strong><br />

Komplexität der Managementprobleme deutlich,<br />

um <strong>die</strong> es hier geht. Befürworter privater<br />

Eigentumsrechte betrachten das Gewohnheitsrecht<br />

als den Weg, der zur „Tragik der Allmende“<br />

führt. Es wird argumentiert, dass <strong>die</strong> einzelnen<br />

Nutzer, deren Wasserverbrauch an keinerlei<br />

Rechtsvorschriften gebunden ist, auch keinen<br />

Anreiz haben, ihre Nachfrage zu beschränken,<br />

was zur Erschöpfung der gemeinsamen Wasserressourcen<br />

durch Übernutzung führt. Tatsächlich<br />

ist jedoch das Gewohnheitsrecht häufig mit<br />

strikten Kontrollen des Wasserverbrauchs verbunden,<br />

wobei <strong>die</strong> Wasserrechte so strukturiert<br />

sind, dass sie einen Ausgleich der auf Vererbung,<br />

sozialer Notwendigkeit und Nachhaltigkeit<br />

gründenden Ansprüche bewirken. Institutionelle<br />

Zusammenarbeit ist üblich. Eine Stu<strong>die</strong><br />

<strong>über</strong> den Dieler-Kanal im Senegal stellte fest,<br />

dass <strong>die</strong> Dörfer zusammenarbeiten, um <strong>die</strong> Instandhaltung<br />

der Kanäle und Entwässerungssysteme<br />

zu finanzieren und <strong>die</strong> Wassermengen<br />

zu regulieren, <strong>die</strong> aus dem Speicherbecken entnommen<br />

werden. Diese Dörfer führen jetzt einen<br />

Dialog mit großen agroindustriellen Unternehmen,<br />

um sie zur Anwendung von Bewässerungsmethoden<br />

mit geringerem Wasserverbrauch<br />

zu ermutigen, wie etwa <strong>die</strong> Tröpfchenbewässerung.<br />

27<br />

Betrachtet man <strong>die</strong> andere Seite der Gleichung,<br />

so ist das Gewohnheitsrecht nicht von<br />

vorneherein gerechter als formelle Bodenrechte.<br />

In vielen Bewässerungssystemen treten gewohnheitsrechtliche<br />

Regeln, <strong>die</strong> mit der sozialen<br />

Schichtung zusammenhängen, häufig nach<br />

einer Neuaushandlung von Bodenrechten wieder<br />

zutage. Traditionelle Landbesitzer können<br />

häufig ihre Position als Vorsteher oder Mitglied<br />

ländlicher Räte dazu nutzen, formelle Regeln so<br />

abzuwandeln, dass sie ihren privilegierten<br />

Zugang zu Land verfestigen. Dies geschah im<br />

Senegal-Tal, wo <strong>die</strong> Dezentralisierung und <strong>die</strong><br />

Einführung formeller Bodengesetze <strong>die</strong> Hüter<br />

des Gewohnheitsrechts dazu veranlassten, Ungleichheit<br />

und soziale Ausgrenzung zu fördern<br />

(Kasten 5.6).<br />

Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern<br />

sind sowohl bei den formellen als auch bei<br />

den informellen Bodenrechten weit verbreitet.<br />

In den meisten traditionellen Systemen genießen<br />

<strong>die</strong> Frauen klar definierte Nutzungsrechte,<br />

haben jedoch nur sehr beschränkte Entscheidungsbefugnisse.<br />

In der Provinz Comoe in Burkina<br />

Faso kontrollieren der Tradition entsprechend<br />

<strong>die</strong> Männer das Hochland, wo Erdnüsse<br />

und Baumwolle angebaut werden, während <strong>die</strong><br />

Frauen im Tiefland Reis anbauen und dort <strong>über</strong><br />

Nutzungsrechte verfügen. Als zu Beginn der<br />

1990er Jahre ein umfangreiches Infrastrukturprogramm<br />

eingeführt wurde, um <strong>die</strong> Bewässerung<br />

auf das Tiefland auszudehnen, bestimmten<br />

<strong>die</strong> traditionellen männlichen Dorfoberhäupter<br />

und einseitig auf Männer ausgerichtete<br />

234<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>

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