Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />
40 bis 80 Millionen<br />
Menschen wurden in<br />
den letzten 50 Jahren<br />
durch schlecht geplante<br />
Staudammprojekte<br />
vertrieben<br />
1992 wurde auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro<br />
ein Rahmen<strong>über</strong>einkommen <strong>über</strong> Klimaänderungen<br />
verabschiedet. Darin wurde das Prinzität<br />
ist jedoch nur ein Aspekt der Verknüpfung<br />
zwischen Infrastruktur und Anfälligkeit. Länder<br />
wie Ghana und Sambia verzeichnen eine<br />
sehr hohe Pro-Kopf-Speicherkapazität – höher<br />
noch als <strong>die</strong> Vereinigten Staaten –, aber eine<br />
geringe Risikominderungskapazität. Der größte<br />
Teil der Speicherkapazität <strong>die</strong>nt der Stromerzeugung<br />
und ein nur sehr eingeschränkter Teil<br />
der Infrastruktur landwirtschaftlichen Kleinerzeugern.<br />
Große Wasserinfrastruktur hat auch<br />
eine Kehrseite, <strong>die</strong> in der anhaltenden Debatte<br />
<strong>über</strong> <strong>die</strong> angemessene Größe von Maßnahmen<br />
zum Ausdruck kommt.<br />
Große Staudämme spielten in <strong>die</strong>ser Debatte<br />
eine wichtige Rolle, und zwar aus gutem<br />
Grund. Schätzungsweise 40 bis 80 Millionen<br />
Menschen wurden in den letzten 50 Jahren<br />
durch schlecht geplante Staudammprojekte<br />
vertrieben, wobei viele der Betroffenen keine<br />
angemessene Entschädigung erhielten. In ihrem<br />
Eifer bei der Herstellung von Großinfrastruktur<br />
für <strong>die</strong> Bewässerung oder <strong>die</strong> Stromerzeugung<br />
haben sich viele Regierungen rücksichtslos<br />
<strong>über</strong> <strong>die</strong> Rechte und Ansprüche der örtlichen<br />
Bevölkerung hinweggesetzt, der es an<br />
Verhandlungsmacht fehlte. In vielen Fällen<br />
waren Angehörige indigener Völker am nachteiligsten<br />
betroffen. 73 Dar<strong>über</strong> hinaus haben<br />
viele Staudämme immense soziale und Umweltschäden<br />
verursacht. Zu den Auswirkungen<br />
zählen oberliegend <strong>die</strong> Ablagerung von Sedimenten,<br />
Versalzung und Entwaldung, unterliegend<br />
reichen sie von geschrumpften Fischbeständen<br />
und geschädigten Feuchtgebieten bis<br />
zu geringeren Sediment- und Nährstoffflüssen.<br />
In manchen Fällen wurden <strong>die</strong> wirtschaftlichen<br />
Vorteile <strong>über</strong>trieben dargestellt. Die Produktivitätsgewinne<br />
oberliegender Nutzer wurden<br />
durch nachteilige Effekte unterliegend und<br />
Veränderungen der Ökosysteme in Schwemmebenen<br />
aufgewogen. Die Weltkommission für<br />
Staudämme hat eine systematische Tendenz<br />
zur Unterschätzung der Investitionskosten von<br />
Staudämmen (um durchschnittlich 47 Prozent)<br />
und zur Überschätzung der wirtschaftlichen<br />
Vorteile großflächiger Bewässerung festgestellt. 74<br />
Diese Aspekte machen klar, dass bei großen<br />
Infrastrukturprogrammen <strong>die</strong> Folgen für <strong>die</strong><br />
Umwelt und <strong>die</strong> Armen sorgfältig geprüft wer-<br />
den sollten. Gleichzeitig sollte der Beitrag von<br />
Großinfrastruktur zur <strong>menschliche</strong>n <strong>Entwicklung</strong><br />
nicht vernachlässigt werden. In vielen Ländern<br />
liefert solche Infrastruktur Wasser für <strong>die</strong><br />
Bewässerung, wodurch Schwankungen der<br />
Wasserverfügbarkeit für <strong>die</strong> Erzeuger verringert<br />
und Risiken für <strong>die</strong> Sicherheit der Wasserversorgung<br />
aufgrund von Niederschlagsschwankungen<br />
gemindert werden. Der Zugang zu<br />
Bewässerung ist eine der grundlegendsten Strategien<br />
für <strong>die</strong> Minderung der Unsicherheit der<br />
Wasserversorgung. 75 In Asien ist Armut außerhalb<br />
von Bewässerungssystemen gewöhnlich 20<br />
bis 40 Prozent häufiger als innerhalb derselben<br />
(siehe Kapitel 5). Wasserinfrastruktur stellt<br />
auch eine wichtige Quelle erneuerbarer Energie<br />
dar: In Afrika südlich der Sahara entfallen<br />
darauf 22 Prozent der Stromerzeugung.<br />
Ebenso wie der Beitrag von Großinfrastruktur<br />
zu Bewässerung und Stromerzeugung sollte<br />
auch der potenzielle Beitrag von Kleininfrastruktur<br />
nicht unterbewertet werden. Water<br />
Harvesting, d.h. das Sammeln und Auffangen<br />
von Regen und Oberflächenabflüssen, in kleinem<br />
Maßstab ermöglicht es, Wasser nicht nur effizient<br />
zu speichern und auf <strong>die</strong>se Weise Risiken<br />
zu mindern, sondern es auch in der Nähe der<br />
Menschen zu speichern, <strong>die</strong> es benötigen. Dass<br />
im Kariba-Stausee in Sambia riesige Wassermengen<br />
gespeichert sind, nutzt Kleinbauern in<br />
dürreanfälligen Teilen des Landes nicht.<br />
Polarisierte Debatten <strong>über</strong> <strong>die</strong> relativen Vorteile<br />
großer oder kleiner Infrastruktur lenken<br />
zunehmend von der tatsächlichen Herausforderung<br />
ab. Der geeignete Infrastruktur-Mix wird<br />
auf nationaler und lokaler Ebene am besten<br />
durch einen Dialog zwischen Regierungen und<br />
der Bevölkerung festgelegt. Die eigentliche Entscheidung<br />
ist normalerweise nicht eine zwischen<br />
groß und klein. Die meisten <strong>Entwicklung</strong>sländer<br />
brauchen nicht mehr vom einen und weniger<br />
vom anderen: Sie brauchen mehr von beidem.<br />
Globale Erwärmung –<br />
<strong>die</strong> vorhersehbare Katastrophe<br />
200<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>