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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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Kasten 4.1<br />

China: Umgang mit einer Wasserkrise in einer Volkswirtschaft mit hohem Wachstum (Fortsetzung)<br />

Pendants in den Industrieländern. Darin spiegeln sich zum einen <strong>die</strong><br />

höhere Technologie, aber auch schwache Preisanreize zur Verringerung<br />

des Wasserbrauchs wider.<br />

China hat auf <strong>die</strong> Wasserkrise mit angebots- und nachfrageseitigen<br />

Maßnahmen reagiert. Auf der Angebotsseite gibt es das Süd-<br />

Nord-Wassertransferprojekt zur Umleitung von mehr als 40 Milliarden<br />

Kubikmetern Wasser – mehr als <strong>die</strong> Gesamtabflussmenge des Colorado<br />

– <strong>über</strong> eine Entfernung von mehr als 1.000 Kilometer in Industrieund<br />

städtische Regionen im Hai-Einzugsgebiet.<br />

Auf der Nachfrageseite liegt der Schwerpunkt auf der Wiederanpassung<br />

des Wasserverbrauchs an <strong>die</strong> ökologische Kapazität. Seit<br />

dem Jahr 2000 kann <strong>die</strong> Umweltschutzkommission für den Gelben<br />

Fluss Transfers an Umweltsysteme vornehmen, ein Schritt, zu dem<br />

wiederkehrende Dürren den Anlass bildeten. Zur Steigerung der<br />

Produktivität des Wassereinsatzes in der Landwirtschaft wurden<br />

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung einschließlich fortschrittlicher<br />

Bewässerungstechniken und Anreize für den Anbau hochwertigerer<br />

Kulturen ergriffen. Im Industriesektor steigen <strong>die</strong> Wasserpreise, und<br />

neue Vorschriften wurden erlassen.<br />

Bemühungen um <strong>die</strong> Wiederherstellung des Gleichgewichts<br />

zwischen Angebot und Nachfrage durch administrative Reallokation<br />

bei herrschender Wasserknappheit zählen zu den großen Herausforderungen<br />

für <strong>die</strong> Regierung:<br />

• Soziale Gerechtigkeit. Die staatliche Unterstützung für den Ausbau<br />

fortschrittlicher Bewässerungssysteme zieht höhere Wasserkosten<br />

nach sich. Arme Bauern werden sich möglicherweise<br />

aufgrund ihres niedrigen Einkommens und des hohen Kostenaufwands<br />

den Zugang dazu nicht leisten können. Dies könnte<br />

sie dazu zwingen, weniger Wasser zu verbrauchen, den Anbau<br />

hochwertigerer Kulturen einzustellen oder <strong>die</strong> Landwirtschaft aufzugeben.<br />

Die Bildung von Vereinigungen von Wasserverbrau-<br />

Quelle: World Bank 2001, Shen und Liang 2003, CAS 2005, Cai <strong>2006</strong>, Shalizi <strong>2006</strong>.<br />

Yamuna abgeleitet. In Malaysia und Thailand<br />

sind <strong>die</strong> Gewässer so verschmutzt, dass Flüsse<br />

oft 30- bis 100-mal stärker mit Krankheitserregern<br />

belastet sind, als nach den Gesundheitsvorschriften<br />

zulässig wäre. Der durch <strong>die</strong><br />

brasilianische Großstadt São Paulo fließende<br />

Tiete-Fluss ist durch unbehandelte Abwässer<br />

und hohe Belastungen an Blei, Kadmium und<br />

anderen Schwermetallen chronisch verschmutzt. 31<br />

Warum hat all <strong>die</strong>s einen Einfluss auf <strong>die</strong> Wasserknappheit?<br />

Weil <strong>die</strong> Wasserverschmutzung<br />

<strong>die</strong> Umwelt schädigt, <strong>die</strong> öffentliche Gesundheit<br />

bedroht und <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Nutzung durch<br />

den Menschen verfügbare Wassermenge verringert.<br />

Die physischen Symptome der Wasserknappheit<br />

und <strong>die</strong> Konkurrenz zwischen den<br />

einzelnen Verbrauchsbereichen sind nicht<br />

chern, <strong>die</strong> Unterstützung leisten und anfällige Gruppen schützen<br />

können, könnte dem entgegenwirken.<br />

• Zersplitterung und Machtpolitik. Die aktuelle Wassertransferpolitik<br />

beruht auf den Prioritäten der Gebietskörperschaften, denen oft<br />

kurzsichtige wirtschaftliche Belange mit Blick auf <strong>die</strong> Erreichung<br />

nationaler Ziele zugrunde liegen. Gewässer<strong>über</strong>wachung und<br />

Vollstreckungsprogramme werden selektiv durchgeführt. Um <strong>die</strong><br />

Industrie profitabel zu halten, missachten Beamte vor Ort häufig<br />

Umweltschutzgesetze und -bestimmungen.<br />

• Schwache Rechte und Ansprüche. Bauern verlieren ihre Ansprüche<br />

auf Wasser, häufig ohne Entschädigung. Von Gebietskörperschaften<br />

unterstützte Vereinigungen von Wasserverbrauchern versuchen,<br />

Wasserrechte und -ansprüche an transferiertem Wasser<br />

zu sichern. Die Reallokationsmuster beruhen jedoch auf Entscheidungen<br />

oft zersplitterter Wasserbürokratien, <strong>die</strong> von einflussreichen<br />

Gruppen in der Industrie und in den Kommunen unter Druck<br />

gesetzt werden. Ein zusätzliches Problem ist, dass für ein Einzugsgebiet<br />

zuständige bestehende Kommissionen dem Ministerium für<br />

Wasserressourcen unterstellt sind und ihnen <strong>die</strong> Weisungsbefugnis<br />

gegen<strong>über</strong> anderen Ministerien und Provinzen fehlt.<br />

• Sicherung des Umweltbedarfs. Für <strong>die</strong> Gebietskörperschaften<br />

hat das Gebot wirtschaftlichen Wachstums weiterhin Vorrang vor<br />

ökologischen Erwägungen, sodass <strong>die</strong> schwerwiegende Umweltbelastung<br />

anhält.<br />

Mehrere Provinzen und Kommunen plä<strong>die</strong>ren für Reformen mit<br />

dem Ziel der Zusammenlegung der unterschiedlichen Wasserzuständigkeiten<br />

in einer einzigen Wasserbehörde. Diese könnte an Vereinigungen<br />

von Wasserverbrauchern sichere und einheitliche Wasserrechte<br />

vergeben, damit ein Transfersystem entsteht, dass den Grundsätzen<br />

von sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit<br />

entspricht.<br />

voneinander isoliert. Das Beispiel Nordchina<br />

zeigt nachdrücklich, wie unterschiedliche<br />

Erscheinungsformen von Knappheit einen<br />

Teufelskreis entstehen lassen können: <strong>die</strong><br />

todbringende Wechselwirkung schrumpfender<br />

Abflüsse, sinkender Grundwasserspiegel, steigenden<br />

Bedarfs von Städten und Industrie<br />

sowie zunehmender Verschmutzung hat zu<br />

einer großen Wasserkrise geführt. 32 Diese<br />

Krise droht nicht nur das zukünftige Wirtschaftswachstum<br />

zu untergraben. Sie stellt<br />

auch eine große Gefahr für <strong>die</strong> sichere Nahrungsmittelversorgung,<br />

<strong>die</strong> Armutsbekämpfung<br />

und <strong>die</strong> zukünftige ökologische Nachhaltigkeit<br />

dar. Die Umkehrung <strong>die</strong>ses Teufelskreises<br />

ist mittlerweile ein zentrales Anliegen<br />

der politischen Entscheidungsträger in China<br />

(Kasten 4.1).<br />

4<br />

Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 181

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