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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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Sonderbeitrag:<br />

Wasser- und Sanitärversorgung: eine horrende Herausforderung, <strong>die</strong> wir dennoch bewältigen können<br />

Es schlimm, mit ansehen zu müssen, wie <strong>die</strong> Zukunft eines Kindes<br />

durch Krankheiten bedroht oder beeinträchtigt wird, <strong>die</strong> sich verhindern<br />

ließen. Das Recht auf Gesundheitsversorgung und das Recht<br />

auf unbedenkliches, sauberes und bezahlbares Wasser sind Grundvoraussetzungen<br />

für ein würdevolles Leben und völkerrechtlich anerkannt.<br />

Doch jedes Jahr sterben Millionen Menschen an wasserbedingten<br />

Krankheiten, und Millionen müssen sinnlos leiden. Niemand<br />

von uns sollte sich gegen<strong>über</strong> den schockierenden Folgen von unzulänglichem<br />

Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung verschließen,<br />

wie sie in <strong>die</strong>sem <strong>Bericht</strong> beschrieben sind.<br />

Des Ausmaß des Problems bei der Wasser- und Sanitärversorgung<br />

stellt eine horrende Herausforderung dar, <strong>die</strong> wir dennoch<br />

bewältigen können. Noch vor wenigen Generationen waren <strong>die</strong><br />

Bewohner der großen Städte Europas und der Vereinigten Staaten<br />

schwerwiegenden Gesundheitsrisiken aufgrund von unsauberem<br />

Wasser und unzulänglicher Sanitärversorgung ausgesetzt. Bis Ende<br />

des 19. Jahrhunderts gelang es, <strong>die</strong>se Bedrohung durch konzertiertes<br />

politisches Handeln auf einzelstaatlicher Ebene in den Griff zu<br />

bekommen. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, müssen wir den<br />

politischen Willen, der damals den Fortschritt in den heute reichen<br />

Ländern ermöglicht hat, auch gegen<strong>über</strong> den Problemen der übrigen<br />

Welt zeigen.<br />

Zusammen mit meinen Mitarbeitern im Carter Center setze ich<br />

mich für <strong>die</strong> Ausrottung der Guineawurm-Krankheit (Drakunkulose)<br />

und <strong>die</strong> Eindämmung von Trachoma ein, zwei schrecklichen Leiden,<br />

<strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Bereitstellung von sauberem Wasser, Sanitär- und Gesundheitsversorgung<br />

verhindert werden können. Trachoma steht weltweit<br />

an erster Stelle der Ursachen vermeidbarer Blindheit. Noch vor 50<br />

Jahren waren auch Teile der Vereinigten Staaten von <strong>die</strong>ser Krankheit<br />

betroffen – darunter auch mein Heimatort Plains in Georgia. Heute<br />

wissen wir zwar, wie sich solche Krankheiten abwehren lassen, doch<br />

jedes Jahr sterben immer noch <strong>über</strong> 1,4 Millionen Kinder an Darmparasiten<br />

und Millionen von Menschen in den <strong>Entwicklung</strong>sländern leiden<br />

weiterhin an Trachoma. Doch es hat auch Fortschritte gegeben.<br />

Guineawurm, eine wasser<strong>über</strong>tragene Parasitenkrankheit, ist auf<br />

dem besten Weg, zur ersten Krankheit zu werden, <strong>die</strong> ohne Impfstoff<br />

oder ärztliche Behandlung ausgerottet wird. Am Vorkommen der<br />

Guineawurm-Krankheit in einem geographischen Gebiet lässt sich<br />

ablesen, dass dort bitterste Armut herrscht und kein sauberes Trinkwasser<br />

zur Verfügung steht. Die Krankheit ist dermaßen schmerzhaft<br />

und kräftezehrend, dass davon nicht nur das Opfer selbst, sondern<br />

das gesamte Umfeld betroffen ist. Sie lähmt <strong>die</strong> landwirtschaftliche<br />

Produktion und führt dazu, dass weniger Kinder <strong>die</strong> Schule besuchen<br />

können. Sie wirkt verheerend auf ohnehin schon verarmte Gemeinschaften<br />

und rückt für sie Gesundheit und Wohlstand in noch weitere<br />

Ferne.<br />

Guineawurm ist <strong>die</strong> zweite Krankheit in der Geschichte, deren<br />

Ausrottung zum Ziel erklärt wurde – bei der Ausrufung der Internationalen<br />

Trinkwasser- und Sanitärdekade (1981–90). Im Jahr 1986 nahmen<br />

das Carter Center, <strong>die</strong> Zentralen für Seuchenkontrolle und -<br />

prävention der USA, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, <strong>die</strong><br />

Weltgesundheitsorganisation und <strong>die</strong> von Guineawurm betroffenen<br />

Länder <strong>die</strong> Herausforderung der Ausrottung <strong>die</strong>ser Krankheit an.<br />

Als das Programm anlief, gab es in 20 Ländern Afrikas und<br />

Asiens etwa 3,5 Millionen Fälle von Drakunkulose. Seitdem ist es<br />

gelungen, <strong>die</strong> Krankheit zu 99,7 Prozent auszurotten: Im Jahr 2005<br />

wurden nur noch 10.674 Erkrankungsfälle in neun Ländern gemeldet<br />

– alle davon in Afrika. Heute bemühen sich unsere Bündnispartner<br />

zusammen mit Tausenden engagierter Gesundheitsfürsorger an der<br />

Basis weiterhin intensiv um <strong>die</strong> Bekämpfung der letzten Reste von<br />

Guineawurm-Krankheit. Als jemand, der aktiv an <strong>die</strong>ser Kampagne<br />

teilnimmt, ist mein vorrangiges Ziel <strong>die</strong> völlige Ausrottung <strong>die</strong>ser<br />

furchtbaren Geißel. Die bislang erzielten Fortschritte stimmen mich<br />

zuversichtlich, dass uns <strong>die</strong>s noch zu meinen Lebzeiten gelingen<br />

wird.<br />

Es bleibt noch einiges zu tun, bis der Guineawurm endgültig von<br />

der Erdoberfläche verschwunden ist – <strong>die</strong> schwierigere Aufgabe stellt<br />

sich jedoch in der Bereitstellung von unbedenklichem Trinkwasser<br />

und Sanitärversorgung für alle. Den Anteil der Menschen ohne Zugang<br />

zu Wasser- und Sanitärversorgung bis zum Jahr 2015 auf <strong>die</strong><br />

Hälfte zu senken, wie <strong>die</strong> Vorgabe der Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />

lautet, ist ein erster Schritt in <strong>die</strong> richtige Richtung. Wenn es nicht<br />

gelingt, <strong>die</strong>ses Ziel zu erreichen, wird das gesamte Projekt der Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />

zurückgeworfen. Ohne entscheidende Fortschritte<br />

bei der Wasser- und Sanitärversorgung ist es nicht möglich,<br />

in sozialen Fragen – wie besseren Lebens- und Bildungschancen für<br />

Kinder und Reduzierung der extremen Armut – schneller voranzukommen.<br />

Jetzt, da <strong>die</strong> Guineawurm-Krankheit beinahe besiegt ist, ist es<br />

nur passend, dass ein weiteres großes internationales Vorhaben<br />

angelaufen ist, um unbedenkliches Wasser für 1,1 Milliarden Menschen<br />

und eine angemessene Sanitärversorgung für 2,6 Milliarden<br />

Menschen bereitzustellen. Diese edlen Bemühungen helfen bei der<br />

Bewältigung der größten Herausforderung unserer Zeit – <strong>die</strong> sich weitende<br />

Kluft zwischen Reich und Arm in unserer Welt zu <strong>über</strong>brücken.<br />

Jimmy Carter, 39. Präsident der Vereinigten Staaten;<br />

Gründer, The Carter Center;<br />

Träger des Friedensnobelpreises 2002<br />

3<br />

Das riesige Defizit bei der Sanitärversorgung<br />

Millionen Menschen erheblich verbessert. Es ist<br />

jedoch weiteres, dringendes Handeln erforderlich,<br />

um auch Bedrohungen wie Trachoma und andere<br />

parasitäre Infektionen aus dem Weg zu räumen.<br />

Schlussendlich können globale Initiativen<br />

<strong>die</strong>ser Art nur dann optimale Wirkung entfalten,<br />

wenn sie durch den Auf- und Ausbau<br />

einer Infrastruktur begleitet sind, <strong>die</strong> Haus-<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 151

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