Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
6<br />
Die Bewirtschaftung grenz<strong>über</strong>schreitender Gewässer<br />
Wenngleich Konflikte<br />
selten sind und häufig<br />
kooperiert wird, so ist<br />
<strong>die</strong> Kooperation doch<br />
vielfach nicht sehr<br />
weitgehend<br />
Wasser erhielt. Das Abkommen selbst blieb<br />
jedoch intakt – ein Ergebnis, das <strong>die</strong> Kooperationsbereitschaft<br />
beider Seiten belegte.<br />
Wenngleich Konflikte selten sind und häufig<br />
kooperiert wird, so ist <strong>die</strong> Kooperation doch<br />
vielfach nicht sehr weitgehend. Regierungen<br />
ten<strong>die</strong>ren zur Aushandlung von Vereinbarungen<br />
zu sehr konkreten Projekten mit gemeinsamem<br />
Nutzen wie Stromerzeugung aus Wasserkraft<br />
oder Informationsaustausch. In vielen<br />
Fällen wurden Regierungen durch externe Faktoren<br />
zu minimalistischen Kooperationsstrategien<br />
gezwungen. Als <strong>die</strong> EU 1999 Fisch aus<br />
dem Victoria-See mit einem Verbot belegte,<br />
hatte <strong>die</strong>s gravierende Konsequenzen für <strong>die</strong><br />
Deviseneinnahmen der Anrainerstaaten und<br />
bewog sie, mit der Regulierung der kommerziellen<br />
Fischerei auf dem See zu beginnen und zu<br />
<strong>die</strong>sem Zweck <strong>die</strong> Victoria-See-Fischereiorganisation<br />
zu gründen. Dieser Schritt <strong>die</strong>nte jedoch<br />
primär dazu, den Ausfall von Einnahmen<br />
rückgängig zu machen, und zielte nicht auf <strong>die</strong><br />
allgemeineren Folgen von Schadstoffbelastung<br />
und Überfischung für <strong>die</strong> Lebensgrundlagen<br />
der Bevölkerung.<br />
Bis heute hat es wenig tiefgreifende Kooperationen<br />
gegeben, <strong>die</strong> dazu <strong>die</strong>nen sollten, <strong>die</strong><br />
allgemeineren Ziele in Bezug auf <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> zu erreichen, <strong>die</strong> in den Helsinki-Regeln<br />
oder dem UN-Übereinkommen<br />
<strong>über</strong> das Recht der nichtschifffahrtlichen Nutzung<br />
internationaler Wasserläufe von 1997 niedergelegt<br />
wurden. Und der geografische Geltungsbereich<br />
der Kooperation ist ebenfalls<br />
begrenzt: Bei 157 der 263 internationalen Wassereinzugsgebiete<br />
gibt es keinen Kooperationsrahmen.<br />
31<br />
Wo solche Rahmenvereinbarungen existieren,<br />
sind sie eher von bilateraler als von multilateraler<br />
Art. Von den 106 Wassereinzugsgebieten<br />
mit Wasserinstitutionen haben etwa<br />
zwei Drittel drei oder mehr Anliegerstaaten.<br />
Dennoch sind weniger als ein Fünftel der entsprechenden<br />
Abkommen multilateral. Häufig<br />
werden selbst multilaterale Wassereinzugsgebiete<br />
mittels einer Mehrzahl bilateraler Abkommen<br />
bewirtschaftet. Im Jordan-Einzugsgebiet<br />
beispielsweise bestehen Abkommen zwischen<br />
Syrien und Jordanien, Jordanien und<br />
Israel sowie Israel und den Besetzten Palästinensischen<br />
Gebieten.<br />
Welche Hindernisse bestehen für eine tiefere<br />
Kooperation? Vier stechen hervor:<br />
• Konkurrierende Ansprüche und empfundene<br />
Zwänge im Zusammenhang mit der nationalen<br />
Souveränität. Von einem zum anderen<br />
Land bestehen nach wie vor große Unterschiede<br />
der Sichtweise grenz<strong>über</strong>schreitender<br />
Gewässer. In<strong>die</strong>n sieht im Wasser<br />
des Brahmaputra und des Ganges eine nationale<br />
Ressource. Bangladesch betrachtet<br />
das gleiche Wasser als eine Ressource, auf<br />
<strong>die</strong> es auf der Grundlage früherer Nutzung<br />
und aktuellen Bedarfs Anspruch hat. Die<br />
Unterschiede sind nicht nur eine Frage der<br />
jeweiligen Doktrin, sondern beziehen sich<br />
unmittelbar auf Ansprüche, <strong>die</strong> beide Länder<br />
als legitim und notwendig für ihre nationalen<br />
<strong>Entwicklung</strong>sstrategien einstufen. In<br />
anderen Regionen hat <strong>die</strong> Realität grenz<strong>über</strong>schreitender<br />
Wasserressourcen wenig<br />
Einfluss auf nationale Strategien. Die Länder<br />
Zentralasiens sind in hohem Maße<br />
abhängig von gemeinsamen Wasserressourcen.<br />
Seit der Unabhängigkeit hat jedes Land<br />
in der Region Wirtschaftspläne aufgestellt,<br />
<strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> gleichen Wasserressourcen<br />
beziehen. Diese nationalen Pläne wurden jedoch<br />
außerhalb einer einheitlichen regionalen<br />
Strategie zur gemeinsamen Ressourcennutzung<br />
entwickelt und berücksichtigen<br />
nicht <strong>die</strong> tatsächliche Wasserverfügbarkeit.<br />
Bei einer fiktiven Zusammenführung der<br />
Pläne würde der resultierende Gesamtbedarf<br />
einen nicht nachhaltigen Weg der Ressourcennutzung<br />
vorzeichnen. Eine offensichtliche<br />
Gefahr ist, dass konkurrierende<br />
nationale Pläne sich zu einem Ausgangspunkt<br />
für Spannungen und einem Hindernis<br />
für <strong>die</strong> Kooperation bei gemeinsamen<br />
Umweltproblemen wie der Wiederherstellung<br />
des Aral-Sees entwickeln könnten.<br />
• Politische Führungsschwäche. Politiker sind<br />
gegen<strong>über</strong> ihren Wählern rechenschaftspflichtig,<br />
nicht gegen<strong>über</strong> der Bevölkerung<br />
in einem gemeinsamen Wassereinzugsgebiet<br />
und den sie vertretenden Regierungen.<br />
In Ländern, in denen Wasser einen vorde-<br />
280<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>