Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Das Kriterium für <strong>die</strong><br />
Bewertung politischer<br />
Maßnahmen sollte nicht sein,<br />
ob der Versorgungsträger<br />
sich in öffentlicher oder<br />
privater Hand befindet,<br />
sondern ob er etwas für <strong>die</strong><br />
Armen leistet oder nicht<br />
Manche Privatisierungsprogramme haben<br />
positive Ergebnisse geliefert. Aber <strong>die</strong> Gesamtbilanz<br />
ist nicht gerade ermutigend. Von Argentinien<br />
<strong>über</strong> Bolivien und <strong>die</strong> Philippinen bis hin<br />
zu den Vereinigten Staaten hat sich <strong>die</strong> Annahme<br />
als verfehlt erwiesen, dass der private Sektor<br />
eine Art Wundermittel darstellt, mit dem sich<br />
der Ausgleich schaffen und <strong>die</strong> Effizienz herstellen<br />
lassen, <strong>die</strong> nötig sind, um raschere Fortschritte<br />
bei der Wasserversorgung für alle zu<br />
erzielen. Die bisherigen Misserfolge bei der<br />
Umstrukturierung des Versorgungsgefüges beweisen<br />
zwar nicht, dass dem privaten Sektor gar<br />
keine Rolle zukommt; sie zeigen jedoch, dass<br />
bei den öffentlich-privaten Partnerschaften<br />
mehr Vorsicht, Regulierung und Verpflichtung<br />
zur Fairness gefordert sind.<br />
Zwei spezifische Aspekte der Wasserversorgung<br />
in Ländern mit geringer Bedarfsdeckung<br />
können als Warnung davor <strong>die</strong>nen, sich zu sehr<br />
auf den privaten Sektor zu verlassen. Erstens<br />
weist der Wasserversorgungssektor viele der<br />
charakteristischen Merkmale eines natürlichen<br />
Monopols auf. Solange es keine starke Regulierungskapazität<br />
gibt, <strong>die</strong> durch Regeln <strong>über</strong><br />
Preisbildung und Investitionen das öffentliche<br />
Interesse wahrt, besteht <strong>die</strong> Gefahr des monopolistischen<br />
Missbrauchs. Zweitens ist öffentliche<br />
Finanzierung in Ländern mit hoher Armut<br />
unter den unversorgten Bevölkerungskreisen<br />
Voraussetzung für eine verbesserte Versorgungslage,<br />
unabhängig davon, ob es sich um öffentliche<br />
oder private Versorgungsträger handelt.<br />
Die Privatisierungsdiskussion hat manchmal<br />
von einem drängenden Problem abgelenkt:<br />
einer Reform der öffentlichen Versorgungsunternehmen.<br />
Öffentliche Versorgungsträger dominieren<br />
<strong>die</strong> Wasserversorgung in den <strong>Entwicklung</strong>sländern;<br />
sie kommen für <strong>über</strong> 90 Prozent<br />
der <strong>über</strong> das Leitungsnetz gelieferten Wassermenge<br />
auf. Viele Versorgungsunternehmen<br />
im Besitz der öffentlichen Hand kommen den<br />
Armen nicht zugute, weil sie eine ineffiziente<br />
Betriebsführung ohne ordentliche Rechenschaftslegung<br />
mit mangelnder Fairness bei der<br />
Finanzierung und Preisgestaltung verbinden.<br />
Manchen Versorgungsunternehmen – Porto<br />
Alegre in Brasilien ist ein herausragendes<br />
Beispiel – ist es jedoch gelungen, eine für alle<br />
bezahlbare und zugängliche Wasserversorgung<br />
aufzubauen.<br />
Heute bieten sich wirkliche Chancen, aus<br />
Misserfolgen zu lernen und auf Erfolgen aufzubauen.<br />
Das Kriterium für <strong>die</strong> Bewertung politischer<br />
Maßnahmen sollte nicht sein, ob der Versorgungsträger<br />
sich in öffentlicher oder privater<br />
Hand befindet, sondern ob er etwas für <strong>die</strong><br />
Armen leistet oder nicht.<br />
Einige Länder haben bei der Wasserversorgung<br />
rasche Fortschritte verzeichnet. Von<br />
Kolumbien <strong>über</strong> den Senegal bis hin nach Südafrika<br />
sind innovative Strategien entwickelt<br />
worden, um arme Haushalte in städtischen Gegenden<br />
in <strong>die</strong> Versorgung einzubinden. Global<br />
liegt zwar <strong>die</strong> Landbevölkerung hinter der städtischen<br />
Bevölkerung zurück, doch so unterschiedlichen<br />
Ländern wie Marokko und Uganda<br />
ist es gelungen, <strong>die</strong> Bedarfsdeckung stark zu<br />
verbessern. Wo liegen <strong>die</strong> Schlüssel zum Erfolg?<br />
Politische Führerschaft und erreichbare<br />
Zielvorgaben bewirken etwas<br />
Wie in <strong>die</strong>sem <strong>Bericht</strong> ständig betont wird, gibt<br />
es keine Patentlösungen. Eine Politik, <strong>die</strong> in<br />
einem Bereich vorteilhafte Ergebnisse für <strong>die</strong><br />
Armen bringt, kann in anderen Bereichen versagen.<br />
Aus den Erfolgsgeschichten lassen sich<br />
jedoch einige generelle Lehren ziehen. Die erste<br />
und vielleicht wichtigste davon ist, dass es auf<br />
politische Führerschaft ankommt. Die zweite<br />
Lehre lautet: Der Fortschritt hängt davon ab,<br />
dass in den nationalen Plänen erreichbare Zielvorgaben<br />
gesetzt werden, <strong>die</strong> durch Finanzierungsmaßnahmen<br />
und Strategien zur Überwindung<br />
von Ungleichheit abgesichert werden.<br />
Dies bedeutet nicht, dass pauschale Subventionen<br />
kritiklos gutgeheißen werden. In Chile,<br />
Kolumbien und Südafrika kommen gut konzipierte<br />
Subventionen bei den Armen an – und<br />
sie bewirken tatsächlich etwas. Doch in vielen<br />
Fällen gereichen Subventionen, <strong>die</strong> angeblich<br />
für mehr Gerechtigkeit in der Preisgestaltung<br />
der Versorgungsunternehmen sorgen sollen, in<br />
Wahrheit den Wohlhabenderen zum Vorteil<br />
und nutzen den armen Haushalten, <strong>die</strong> nicht<br />
an das Versorgungsnetz angeschlossen sind,<br />
kaum etwas. Ähnlich verhält es sich in weiten<br />
Teilen von Afrika südlich der Sahara: Besser-<br />
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BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>