Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...
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Die Bewirtschaftung grenz<strong>über</strong>schreitender Gewässer<br />
Die Bewirtschaftung<br />
gemeinsam genutzter<br />
Gewässer kann eine<br />
Triebkraft für Frieden oder<br />
Konflikt sein. Welcher Pfad<br />
beschritten wird, entscheidet<br />
letztlich <strong>die</strong> Politik<br />
basis <strong>die</strong>nen kann. Im Laufe der Geschichte<br />
haben sich Regierungen selbst unter schwierigsten<br />
politischen Bedingungen erfolgreich um<br />
innovative und kooperative Lösungen für<br />
Spannungen bei der Bewirtschaftung grenz<strong>über</strong>schreitender<br />
Gewässer bemüht. Vom<br />
Indus <strong>über</strong> den Jordan bis zum Mekong haben<br />
Staaten während politischer und sogar militärischer<br />
Konflikte Wege zur Aufrechterhaltung<br />
der Kooperation zum Thema Wasser gefunden.<br />
Wenn Staaten in den Krieg ziehen, geht es normalerweise<br />
um etwas wesentlich weniger Wichtiges<br />
als Wasser. Gleichgültigkeit ist jedoch kein<br />
wirksames Gegenmittel gegen den Pessimismus<br />
in Bezug auf Wasserkriege. Grenz<strong>über</strong>schreitende<br />
Gewässer erzeugen fast immer Spannungen<br />
zwischen den Gesellschaften, <strong>die</strong> sie verbinden.<br />
Diese Spannungen dürfen nicht isoliert<br />
betrachtet werden. Sie werden von Faktoren<br />
wie Befürchtungen um <strong>die</strong> nationale Sicherheit,<br />
Wirtschaftsaussichten, ökologische Nachhaltigkeit<br />
und Fairness beeinflusst, <strong>die</strong> zwischenstaatlichen<br />
Beziehungen <strong>über</strong>geordnet sind.<br />
Die Bewirtschaftung gemeinsamer genutzter<br />
Gewässer kann eine Triebkraft für Frieden oder<br />
Konflikt sein. Welcher Pfad beschritten wird,<br />
entscheidet letztlich <strong>die</strong> Politik.<br />
Ein Problem mit der polarisierten Debatte,<br />
<strong>die</strong> um das Schlagwort Wasserkriege entbrannt<br />
ist, besteht darin, dass sie <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />
von drängenderen und zweckmäßigeren Fragen<br />
der <strong>menschliche</strong>n Sicherheit abgelenkt hat.<br />
Kooperative Ansätze zur Bewirtschaftung<br />
grenz<strong>über</strong>schreitender Gewässer können realen<br />
Zugewinn für <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong> bewirken.<br />
Sie können <strong>die</strong> Wasserversorgung für<br />
anfällige Menschen auf beiden Seiten einer<br />
Grenze sicherer machen und <strong>die</strong> Qualität, <strong>die</strong><br />
Verfügbarkeit und <strong>die</strong> Kalkulierbarkeit von<br />
Abflüssen in den betroffenen Ländern verbessern.<br />
Genauso, wie <strong>die</strong> gegenseitige Abhängigkeit<br />
durch Handel den wirtschaftlichen Nutzen<br />
für alle steigern kann, gilt <strong>die</strong>s für den kooperativen<br />
Umgang mit der gegenseitigen Abhängigkeit<br />
beim Wasser. Dies gilt nicht nur im Bereich<br />
der Wirtschaft, wo der Handel mit Wasserkraft<br />
oder Umwelt<strong>die</strong>nstleistungen potenziell beiden<br />
Seiten zum Vorteil gereichen kann, sondern<br />
auch im allgemeineren politischen, sozialen und<br />
ökologischen Kontext.<br />
Das Gegenteil ist aber auch der Fall. Wo <strong>die</strong><br />
Kooperation nicht zustande kommt oder scheitert,<br />
wirkt sich das wahrscheinlich auf alle<br />
betroffenen Länder negativ aus – und am meisten<br />
auf <strong>die</strong> Armen in <strong>die</strong>sen Ländern. Fehlende<br />
oder schlechte Kooperation kann soziale und<br />
Umweltkatastrophen auslösen: Beispiele liefern<br />
der Tschad-See und der Aral-See. Kleinere und<br />
anfälligere Länder können unter <strong>die</strong>sen Voraussetzungen<br />
auch der Bedrohung einseitiger Maßnahmen<br />
größerer und mächtigerer Nachbarn<br />
ausgesetzt sein. Vor allem ist bei fehlender<br />
Kooperation <strong>die</strong> Bewirtschaftung gemeinsamer<br />
Wasserressourcen durch <strong>die</strong> Anliegerländer mit<br />
dem Ziel unmöglich, <strong>die</strong> Bedingungen für den<br />
<strong>menschliche</strong>n Fortschritt zu optimieren.<br />
Zwei herausragende Aufgaben bestimmen<br />
zu Beginn des 21. Jahrhunderts <strong>die</strong> Strategien<br />
für grenz<strong>über</strong>schreitendes Wassermanagement.<br />
Die erste ist der Übergang von nach innen gerichteten<br />
nationalen Strategien und einseitigen<br />
Maßnahmen zu gemeinsamen Strategien für<br />
<strong>die</strong> multilaterale Kooperation. Dies geschieht<br />
bereits in einem gewissen Umfang, aber <strong>die</strong><br />
Reaktion im Bereich des Wassermanagements<br />
war bislang zersplittert und unzureichend. Die<br />
zweite besteht darin, <strong>die</strong> <strong>menschliche</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
in den Mittelpunkt grenz<strong>über</strong>schreitender<br />
Kooperation und grenz<strong>über</strong>schreitenden Wassermanagements<br />
zu setzen.<br />
In <strong>die</strong>sem Kapitel wird zuerst untersucht,<br />
was gegenseitige Abhängigkeit beim Wasser im<br />
Alltag der Länder und der Menschen bedeutet.<br />
Anschließend wird auf <strong>die</strong> negativen ökologischen,<br />
wirtschaftlichen und allgemeineren<br />
Folgen unterlassener Kooperation bei der<br />
grenz<strong>über</strong>schreitenden Wasserbewirtschaftung<br />
für <strong>die</strong> Menschen eingegangen und mit einem<br />
Plädoyer für Kooperation <strong>die</strong> logische Konsequenz<br />
aus <strong>die</strong>sen Befunden gezogen.<br />
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BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong>