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Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 - Human ...

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20 Millionen Hektar Land direkt oder indirekt<br />

mit Abwasser bewässert. Das sind fast sieben<br />

Prozent der bewässerten Gesamtfläche. 53 Im<br />

Mezquital-Tal in Mexiko tragen mit unbehandeltem<br />

Abwasser betriebene Bewässerungssysteme<br />

zur Sicherung des Lebensunterhalts<br />

von ungefähr einer halben Million Haushalte<br />

im ländlichen Raum bei. In Ghana nutzen Bauern<br />

um Kumasi Abwasser auf 12.000 Hektar,<br />

mehr als doppelt so viel wie <strong>die</strong> Fläche, <strong>die</strong><br />

im gesamten übrigen Land unter staatlicher<br />

Leitung bewässert wird. Schätzungen zufolge<br />

erhöht <strong>die</strong> Bewässerung mit Abwasser in der<br />

Trockenzeit das Durchschnittseinkommen<br />

in der Landwirtschaft in Kumasi um 40 bis<br />

50 Prozent. Zudem können <strong>die</strong> Bauern wegen<br />

der Versorgungssicherheit und des hohen<br />

Nährstoffgehalts des Abwassers in Gemüsemärkte<br />

mit hohem Mehrwert eintreten. 54<br />

Der Ausbau der Kapazität für <strong>die</strong> Abwasseraufbereitung<br />

durch <strong>die</strong> Ausweitung des Angebots<br />

an Wasser und <strong>die</strong> Steigerung seiner<br />

Produktivität könnte armen und anfälligen<br />

landwirtschaftlichen Erzeugern zahlreiche<br />

Vorteile bringen. Abwasser kann auch zur<br />

Wiederauffüllung von Grundwasserleitern verwendet<br />

werden und auf <strong>die</strong>se Weise Probleme<br />

der Grundwasser<strong>über</strong>nutzung mindern. Angesichts<br />

der prognostizierten Verdoppelung des<br />

Wasserverbrauchs von Kommunen und Industrie<br />

bis 2050 könnte Abwasser eine volumenmäßig<br />

zunehmende und verlässliche Bezugsquelle<br />

werden: Was in <strong>die</strong> Großstädte hineinfließt,<br />

muss in irgendeiner Form auch wieder<br />

hinausfließen. Die Nutzung von Abwasserbezugsquellen<br />

ohne angemessene Sicherheitsvorkehrungen<br />

kann landwirtschaftliche Erzeuger<br />

und stadtnahe Gebiete jedoch akuten Gesundheitsrisiken<br />

aussetzen. Bei einer Untersuchung<br />

in Haroonabad in Pakistan wurden bei Bauern,<br />

<strong>die</strong> zur Bewässerung Abwasser nutzen, doppelt<br />

so viele Durchfallerkrankungen und Hakenwurminfektionen<br />

festgestellt wie bei Bauern<br />

mit Bewässerungskanälen. 55<br />

Die regulierte Nutzung wiederaufbereiteten<br />

Abwassers könnte <strong>die</strong> Anpassungszwänge, <strong>die</strong><br />

derzeit bei der Wasserbewirtschaftung in der<br />

Landwirtschaft bestehen, beträchtlich mildern.<br />

Das Beispiel Israel veranschaulicht das Potenzial.<br />

Mehr als zwei Drittel des in dem Land anfallenden<br />

Abwassers wird mittlerweile wiederaufbereitet<br />

und zur Bewässerung in der Landwirtschaft<br />

genutzt. Den größten Teil liefert das<br />

nationale Wassersorgungsunternehmen, das<br />

auch strenge Regeln für <strong>die</strong> Reinigungsstufen<br />

festlegt: Abwasser niedriger Qualität wird für<br />

tolerante Kulturen wie Baumwolle genutzt,<br />

während für Wasser zur Bewässerung von<br />

Gemüse oder zur Neubildung von Grundwasser<br />

anspruchsvollere Wiederaufbereitungsstandards<br />

gelten. 56 So unterstützt das Abwasser von<br />

Tel Aviv <strong>die</strong> landwirtschaftliche Bewässerung<br />

im ariden Süden des Landes. Andere Länder<br />

folgen dem israelischen Vorbild. Großstädte<br />

in Teilen Kaliforniens mit Wasserknappheit<br />

investieren hohe Summen in Anlagen zur<br />

Wiederaufbereitung aller Haushalts- und<br />

Industrieabwässer auf einem hohen Niveau und<br />

wiederverwenden das Wasser in der Landwirtschaft<br />

und für industrielle Kühlzwecke.<br />

Die mexikanische Großstadt San Luis Potosi<br />

bereitet 60 Prozent ihres Abwassers zur Weiterleitung<br />

an Bauern in einer modernen Kläranlage<br />

wieder auf.<br />

Viele <strong>Entwicklung</strong>sländer haben für <strong>die</strong><br />

Abwassernutzung jedoch keine gute Ausgangsposition.<br />

Die meisten Großstädte in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />

mit niedrigem Einkommen verfügen<br />

<strong>über</strong> eine nur geringe oder gar keine<br />

Wiederaufbereitungskapazität. Im Gegensatz<br />

zu Israel und Kalifornien fehlen ihnen auch<br />

<strong>die</strong> technologische Kapazität und <strong>die</strong> allgemeinere<br />

Kapazität zur Aufteilung von Abwasser<br />

in unterschiedliche Wiederaufbereitungs- und<br />

Allokationssysteme. Macht <strong>die</strong>s einen vom<br />

Abwasser ausgehenden substanziellen angebotsseitigen<br />

Impuls unmöglich?<br />

Selbst bei schwerwiegenden Ressourcenbeschränkungen<br />

könnte weit mehr getan werden.<br />

Die Unterentwicklung der Abwasseraufbereitungskapazität<br />

in manchen Ländern ist<br />

selbst das Resultat unzusammenhängender und<br />

wenig systematischer Planung. Viele Regierungen<br />

hielten Investitionen in Kläranlagen für<br />

unerschwinglichen Luxus. Die Berücksichtigung<br />

der potenziell hohen wirtschaftlichen<br />

und sozialen Erträge eines zusätzlichen Angebots<br />

an Wasser für <strong>die</strong> Bewässerung würde <strong>die</strong><br />

Die regulierte Nutzung<br />

wiederaufbereiteten<br />

Abwassers könnte <strong>die</strong><br />

Anpassungszwänge in<br />

der Wasserbewirtschaftung<br />

der Landwirtschaft<br />

beträchtlich mildern<br />

4<br />

Wasserknappheit, Risiken und Anfälligkeit<br />

BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG <strong>2006</strong> 191

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